Mai 1918

1. Mai 1918
Im „Deutschen Hause“ tagte gestern die hiesige Weber-Innung. Zunächst wurden auf Grund ihrer vorzüglichen Prüfungsarbeiten drei Lehrlinge zu Gesellen gesprochen. In dem sich hieran schließenden Quartal unter Leitung des Herrn Obermeisters W. Stegel erstattete der Schriftführer W. Rannefeld den Jahresbericht, der Rücksicht nahm auf alle das Innungsleben berührende Fragen. Es gab u.a. Aufschluß über die Verteilung der Stiftungserträgnisse und berührte dann die unsern Lesern bekannte Verwaltung des „Meisterhauses“, in dem die Innung bisher ihren Sitz hatte; das Anwesen wird demnächst zur Zwangsversteigerung kommen. Zwei Mitgliedern ist es vergönnt, das 50jährige Meisterjubiläum zu feiern; Oskar Beck und Fritz Lasch. Der Obermeister beglückwünschte sie später aufs herzlichste. Die Zahl der Mitglieder betrug am Jahresschlusse 181, 14 sind gestorben. Der Bericht gedachte dann des Daniederliegens der heimlichen Webindustrie und stellte fest, das etwas 2000 hiesige Arbeiter, die hier beschäftigungslos wurden, auswärts arbeiten. Der Kassenwart Herr Münch teilte bei der Wiedergabe des umfänglichen Rechnungswerkes auf 1917 mit, daß sich das Vermögen der Innung nicht verringert habe. Dann wurden die Herren Münch, Funke und Meinelt erneut zu Ausschußmitgliedern bestimmt und beschlossen, bezüglich der Maßnahmen in Sachen des „Meisterhause“ alles erforderliche dem Vorstand zu überlassen. Die Innung hat eine erste Hypothek in Höhe von 13.000 Mk. Dargeliehen, während eine anderweite Belastung mit 25.000 Mk. angegeben wird. Wie besonders betont wurde, hat die Innung keinerlei Verluste zu beklagen, da ihre Ansprüche sichergestellt sind.

03. Mai 1918
Kaum haben die Landwirte mit dem Legen von Kartoffeln begonnen, beginnen auch schon wieder die Diebstähle von den gelegten Samenkartoffeln. Auf dem am Seidelberg gelegenen Felde des in Heeresdienst befindlichen Landwirts Eckert sind nachts die Kartoffeln gestohlen worden.

Die goldene Hochzeit konnte am Sonntag im Kreise vieler Kinder und Enkel das in der Oststraße wohnhafte Karl Vogelsche Ehepaar begehen. Aus diesem Anlass wurde das Jubelpaar kirchlich eingesegnet und durch Ueberreichung einer Ehrenbibel und mannigfacher Geschenke von vielen Seiten erfreut. Herr und Vogel ist einer von den wenigen hier noch lebenden Kameraden, die die Feldzüge von 1866 und 1870/71 mitgemacht haben.

12. Mai 1918
Ein schweres Schicksal lastet auf der Witwe Benter, Zentralstraße. Bereits zwei Söhne hat sie dem Vaterlande zum Opfer gebracht, der dritte befindet sich in der Kampflinie, ihren Gatten im Vorjahre zur letzten Ruhe geleitet und nun traf sie die traurige Nachricht, daß ihr Schwiegersohn, der Landsturmsoldat Richard Vogel, Logenstraße, ein jederzeit schaffensfreudiger Mann, an den Folgen einer im Felde erlittenen schweren Krankheit in einem rumänischen Lazarett gestorben ist. Obwohl durch den Krieg überall genug des Jammers ist, erregt doch das traurige Schicksal der Witwe hier allgemeine Teilnahme.

14. Mai 1918
Die erste heurige Abteilung Kinder verließ in den letzten Tagen das Bethlehemstift, gekräftigt an Körper und Geist, um Platz zu machen für die 2. Abteilung, die in einer Stärke von gegen 200 am 14. Mai Aufnahme für vier Wochen findet. Weitere Aufnahmetage sind der 15. Juni, 20. August und 21. September. Für die großen Ferien ist das Stift schon belegt.

15. Mai 1918
Nicht gerade vom Wetter begünstigt war unser Jahrmarkt, der nunmehr zu Ende gegangen ist, aber man hat die paar Regenschauer gern als Staubdämpfer mit in Kauf genommen. Beschickt war der Markt gut, auch der Umsatz wird den Erwartungen entsprechend gut gewesen sein, denn gekauft wurde viel. Ebenso konnten sich die Schaustellungen und sonstigen auf Belustigung abzielenden Unternehmungen nicht gerade über mangelnde Berücksichtigung beklagen. So dürften beide Teile, die Gebenden wie die Empfangenden, mit dem Markte zufrieden sein.

19. Mai 1918
Aus dem Grundstück Dresdner Straße 79 wurde in der vergangenen Nacht ein großes schwarzes Kaninchen im Wert von 25 Mk. verdachtlos gestohlen. Von dem Täter fehlt jede Spur.

Der seit dem 23 April vermißte, auf der Karlstraße wohnhaft gewesene Privatmann G. wurde gestern von Frauen auf Langenberger Flur nordöstlich von der Rodelhütte erhängt aufgefunden. Schwermut darüber, daß ihm durch den Verkauf seines Gartengrundstückes die gewohnte Beschäftigung fehlte, mag den Bedauernswerten in den Tod getrieben haben.

22. Mai 1918
Hohenstein-Ernstthaler Schulkinder beiderlei Geschlechts unternahmen heute, am 3. Pfingstfeiertage, eine Ferienwanderung nach Hartenstein-Stein-Prinzenhöhle. So zahlreich begehrten die Kinder, an der Wanderung teilzunehmen, daß eine Anzahl als überzählig zurückgewiesen werden mußte. Das ist der Anlaß, daß am Freitag, den 24. Mai, eine zweite Jugendwanderung mit dem gleichen Ziele unternommen werden soll. Beteiligen können sich Hohenstein-Ernstthaler Kinder im Alter von 12 – 14 Jahren. Die Meldungen müssen bis Donnerstag vormittag bei Herrn Lehrer Georgi, Moltkestraße 24 I, erfolgen. Preis der Wanderung: 1 Mark.

30. Mai 1918
Einbrecher sind in unserer Stadt wieder am Werke und versuchten in der Nacht zum Dienstag, sich durch Eindrücken von Fensterscheiben Zutritt in die Wüstnersche Teigwarenfabrik zu verschaffen, wurden jedoch gestört und mußten unverrichteter Sache wieder abziehen. Mehr Erfolg hatten sie in der letzten Nacht im Vogelschen Grundstück aus dem sie durch Einsteigen von der Breite- oder Schulstraße aus mehrere Schober Heu entwendeten und in Säcken fortschafften. Etwaige Wahrnehmungen wolle man der Polizeiwache mitteilen.

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April 1918

5. April 1918
Wie schon aus dem Berichte über die letzte Stadtverordneten-Sitzung hervor ging, haben die städtischen Kollegien der Errichtung einer städtischen Milchküche beschlossen. Die Küche soll im Stadtkeller eingerichtet werden und wird eine gesundheitlich einwandfreie Milch in Flaschen liefern. Es sollen hier zunächst nur Kinder bis zu einem Jahr und stillenden Mütter Milch erhalten. Die Milch wird abgekocht abgegeben und ist mit ärztlich angeordneten Zusätzen versehen, die vorher nach Untersuchung der Kinder die vom Arzte verordnet worden sind. Mit der Milchstelle wird deshalb eine Beratungsstelle für Mütter verbunden, in der unentgeltliche ärztliche Beratung stattfindet; die Kinder werden dort regelmäßig untersucht und gewogen. Kranke Kinder dürfen nicht in die Beratungsstelle gebracht werden. Mit den erforderlichen Vorarbeiten ist bereits begonnen worden. Die kürzliche Aufforderung des Stadtrates zur Anmeldung von Teilnehmern scheint nicht allenthalben beachtet worden zu sein, vielleicht ist dies aber nur darauf zurückzuführen, daß die beabsichtigten Einrichtungen noch zu wenig bekannt gewesen sind. Um nun aber einen möglichst genauen Überblick zu gewinnen, mit welcher Teilnehmerzahl gerechnet werden muss, werden alle hiesigen Einwohner, die die zu schaffende Einrichtung in Anspruch zu nehmen gedenken, gebeten, sich nunmehr unverzüglich im Rathaus, Zimmer Nr. 17 mündlich oder schriftlich anzumelden. Die Anmeldung ist zunächst noch unverbindlich.

7. April 1918
Dank!
Zum Andenken an den am 16. Februar 1917 verstorbenen Herrn Fabrikbesitzer und Kommerzienrat Paul Edmund Reinhard haben seine Gemahlin, Frau Kommerzienrat Anna Reinhard, seine Söhne und seine Tochter zwei Gedächtnisstiftungen von je 10.000 Mk. Errichtet, von denen die eine der Altstädter Gemeinde-Diakonie und die andere ebenfalls zum Teile der Stadt zugute kommen soll, indem ½ ihrer Erträgnisse zur Aufnahme von Hohenstein-Ernstthaler Kindern im Hüttengrunder Bethlehemstift bestimmt sind. Mit lebhafter Freude haben die städtischen Kollegien von diesen reichen Zuwendungen Kenntnis genommen und gern ihre stiftungsgemäße Verwendung beschlossen, da die Zahl der Kranken, sowie der erholungsbedürftigen Kinder in unserer Stadt eine große ist. Es wird den edlen Schenkgebern für ihre in so hochherziger und vorbildlicher Gesinnung der Stadt gespendeten Wohltaten auch öffentlich der wärmste und herzlichste Dank ausgesprochen.
Hohenstein-Ernstthal, am 06. April 1918
Der Stadtrat. Dr. Patz, Bürgermeister und Die Stadtverordneten, E. Lohse, 1. Vorsteher

Unsere neue Gasanstalt hatte sich gestern vormittag wieder auswärtigen Besuches zu erfreuen. Diesmal war es die Stadt Buchholz, die mit einer Erweiterung ihrer jetzigen Anlage umgeht und die Herren Bürgermeister Dr. Horn, Stadtverordnetenvorsteher Dr. Wünsche und Gasanstaltskassierer Roscher zur Besichtigung unseres Neubaus entsandt hatte. Die Herren, die von Herrn Gasinspektor Martini selbst geführt wurden, zeigten sich sehr befriedigt von dem Gesehenen und werden nun Gelegenheit haben, die hier genommenen neuen Eindrücke und Erfahrungen in ihrer Heimatstadt zu verwerten.

9. April 1918
Am heutigen Tage begeht der Lehrer Kläß sein 25jähriges Amtsjubiläum. Am 14. April 1890 trat er als Hilfslehrer an der Neustädter Schule an, so dass er am 14. April 1915 sein 25jähriges Ortsjubiläum feiern konnte. Aus Anlass des Amtsjubiläums versammelte sich früh 8 Uhr die Lehrerschaft zu einer schlichten Feier. Herr Direktor Patzig dankte in seiner Ansprache dem Jubilar für seine aufopfernde, treue Pflichterfüllung, brachte ihm die herzlichen Glückwünsche der Lehrerschaft dar und überreichte ihm als sichtbares Zeichen der Wertschätzung und zur dauernden Erinnerung an den Ehrentag ein sinniges Geschenk. Möge es Herrn Kläß vergönnt sein, noch viele Jahre seines Amtes walten zu können, zum Wohle der Schule, wie der ganzen Gemeinde.

14. April 1918
Auf ein 25jähriges Bestehen konnte dieser Tage unser Gewerbegericht zurückblicken. Am 10. April 1893 fand die erste Verhandlung vor demselben statt. Das Ortsstatut ward am 17. Februar 1893 aufgestellt und trat am 1. April des selben Jahres in Kraft. Der 1. Vorsteher war Herr Bürgermeister Dr. Backofen, der erste stellvertretende Vorsitzende Herr Rechtsanwalt und Notar Hans Eberhard Reinhard.

16. April 1918
Das Bethlehemstift im Hüttengrund konnte, da die Behörden die Ernährung der anzunehmenden Kinder wieder sichergestellt haben, vor kurzem für die Allgemeinheit geöffnet werden, sodaß bereits die ersten erholungsbedürftigen Kinder Aufnahme fanden.

Das hiesige weithin bekannte „Webermeisterhaus“ ist nun auch dem Kriege zum Opfer gefallen und vom Besitzer Herrn Tröger freiwillig geräumt worden. Damit ist vorläufig die hiesige Weberinnung obdachlos geworden. Die übrigens 1. Hypothekengläubigerin ist. Das „Webermeisterhaus“ wurde seit undenklichen Zeiten bewirtschaftet und war mit einer Herberge für durchreisende Fremde verbunden.

Verdachtslos gestohlen wurde in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag aus dem
Vormals Dietzelschen Grundstück am Bahnhof ein über ein Zentner schweres einem hiesigen Einwohner gehörendes Schwein. Den Zutritt zu dem Grundstück hatten sich die Diebe durch Herauswuchten und Aufbrechen des Türschlosses verschafft.

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März 1918

1. März 1918
Eine Stiftung in Höhe von 10000 Mk. errichtete die Familie des vor Jahresfrist heimgegangenen Herrn Kommerzienrat Paul Reinhard auch zugunsten der Altstädter Gemeindediakonie, nachdem sie eine solche in gleicher Höhe auch dem Bethlehem-Stift zugewiesen hatte. Die Stadtverordneten nahmen am Dienstag abend mit Dank Kenntnis von der der Stadt zugedachten hochherzigen Stiftung.

Auf dem Heuboden der „Alten Hüttenmühle“ hatte ein russischer Kriegsgefangener sein Nachtlager aufgeschlagen, der gestern vormittag von den Hausbewohnern entdeckt und der Polizei zugeführt wurde. Er hatte seine Arbeitsstätte auf einem Schacht des benachbarten Kohlengebietes verlassen, wahrscheinlich angesichts des bevorstehenden Friedens der Heimat zuzustreben, die er jedoch vorläufig nochmals mit dem Gefangenlager in Chemnitz vertauschen muss.

13. März 1918
Gestern abend hat sich im Hainholz zwischen dem Bahnwärterhäuschen und dem Fernsprechhäuschen ein in den dreißiger Jahre stehender Mann von einem von hier kommenden Zug überfahren lassen. Über die Persönlichkeit des Selbstmörders, der den gesuchten sofortigen Tod fand, ließ sich noch nichts ermitteln. In seiner Mütze befindet sich als Einlage ein Stück des „Limbacher Tageblattes“, woraus vielleicht geschlossen werden kann, daß der Mann aus der dortigen Gegend stammt. Der Tote dürfte dem Arbeitserstand angehört haben.

16. März 1918
In dem jungen Mann, der sich am Montag abend im Hainholz überfahren ließ, wurde ein aus Limbach stammender, jung verheirateter, 26jähriger Textilarbeiter (Militärinvalid) ermittelt, den Schwermut in den Tod getrieben haben soll.

17. März 1918
Wie wir vom Pfarramt St. Christophori erfahren, sind in den letzten Tagen zwei größere Beträge für den Orgelbaugrundstock gestiftet worden. Den freundlichen Spendern, die ungenannt bleiben wollen, sei auch von dieser Stelle aus der herzliche Dank der Kirchgemeinde ausgesprochen.

19. März 1918
Am gestrigen Sonntag verschied nach längerem Kranksein Herr Hieronymus Schönherr der sich durch seine Tätigkeit auf vielen Gebieten des öffentlichen Lebens in allen Kreisen einen guten Namen gemacht hat. Schwere Krankheit zwang ihn der von Beruf Kaufmann war, vor einiger Zeit zur Aufgabe seines Amtes als Handelslehrer kurz vor Vollendung der 25jährigen Tätigkeit. Dem kaufmännischen Nachwuchs war er in der Schule wie in besonderen Lehrgängen ein treffsicherer Berater. Daneben fand er noch Muße der edlen Musika zu huldigen, und in Kirchenkonzerten und anderen Veranstaltungen erfreute er die Hörer durch das empfindungsvolle Spiel auf der Katergeige. Nun hat er Ruge gefunden nach einem arbeitsvollem Leben, in dem er viel Freude am Erfolg haben durfte.

23. März 1918
Der Lehrkörper der Altstädter Schulen büßt mit Ablauf dieses Schuljahres abermals eine langjährig bewährte Lehrkraft ein: Herr Kantor Theodor Merker tritt in den wohlverdienten Ruhestand. Gelegentlich der gestrigen Entlassungsfeier für die Konfirmanden widmete Herr Schuldirektor dem Scheidenden herzliche Dankesworte namens der Schule für alles das, was er zu Nutz und Frommen der Jugend getan in den 40 Jahren schwerer Schularbeit, und freute sich, dass Gott ich stark in der Gesundheit und frisch im Geiste erhalten haben. Herr Kantor Merker trat sein hiesiges Lehramt am 18. Januar 1878, an seinem 23. Geburtstage an, während er seit 25 Jahren den Kirchendienst versteht. Kirchenchor und Liedertafel, denen er als Leiter vorläufig noch erhalten bleibt, erfreuen sich hinsichtlich ihrer Leistungen des besten Ansehens in unserer Stadt. Wir wünschen Herrn Kantor Merker einen ungetrübten sonnigen Lebensabend und dürfen uns wohl der Hoffnung hingeben, dass die Liebe und Wertschätzung, die ihm die heimische Sängerwelt unwandelbar entgegen bringt, ihm Veranlassung geben werden, dem deutschen Liede noch lange ein treuer Förderer zu sein.

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Februar 1918

09. Februar 1918
Nach kurzem schweren Kranksein ist gestern nachmittag die Leiterin des Kinderhorts zu St. Trinitatis, Fräulein Helene Margarete Polster, gestorben. Seit dem 10. Mai v. J. wirkte die junge Dame, die erst im 22. Lebensjahr stand und eine Tochter des Pfarrers Polster in Obergräfenhain bei Narsdorf war, am Kinderhort und hatte sich durch ihr innerlich gefestetes Wesen die Achtung aller Erwachsenen und durch ihre Liebe und Hilfsbereitschaft das Vertrauen der Kleinen im richtigen Maße zu erwerben gewußt. Der Dank der Eltern, Kinder und der Gemeinde folgt der Verblichenen in ihr frühes Grab nach.

16. Februar 1918
Einen jugendlichen Einbrecher hat man in der Person eines 14jährigen Schulknaben ermittelt, der sich in letzter Zeit in dem von seinen Eltern bewohnten Hause Eingang in verschiedene Keller teils durch Nachschlüssel teils durch Entwenden der richtigen Schlüssel verschafft und mehrere Zentner Kartoffel gestohlen hat. Diese hat er seiner Mutter zukommen lassen unter dem Vorwande, sie von einem hiesigen Landwirte gekauft zu haben, und sich dann von ihr in sechs Fällen je 2 Mark geben lassen, die er gemeinsam mit seinen 17jährigen Bruder verjubelte.

17. Februar 1918
Dem Einbrecher, der vor einigen Tagen der Rodelhütte einen unerwünschten Besuch abstattete, sind außer verschiedenen Handwerkszeug noch zwei Blechkannen mit etwa 4 Liter Petroleum und zwei Wandlampen in die Hände gefallen. Wenn der Spitzbube es auf Spirituosen abgesehen hatte, so blieb sein Sehnen unerfüllt, denn alles, was zur Nahrung und Notdurft des Leibes gehört, ist schon seit langem aus der Rodelhütte entfernt. Einlaß hat der Dieb durch ein Fenster an der Westseite der Hütte gesucht, daß er einstieß. Im Innern hat er durch Zertrümmern starker Fensterscheiben und Lossprengen von Schlössern mehrfach Schaden angerichtet.

19. Februar 1918
Am 16. d. J. dem ersten Todestage des Herrn Kommerzienrat Reinhard, hat seine Familie für das Betlehemstift mit 10000 Mk. Eine „Paul Eduard Reinhard-Gedächtnisstiftung“ errichtet, deren Zinsen zu einem Drittel dem Stifte zu freier Verfügung stehen, zu zwei Dritteln für Kinder unserer Stadt, insbesondere von Kindern solcher Personen verwendet werden sollen, die der Familie Rainhard oder der Firma G. F. Beck Dienste geleistet haben. Die Auswahl steht dem Stadtrat zu. Dem Heimgegangen, der 25 Jahre Schatzmeister des Stiftes gewesen ist und um sein Aufblühen große Verdienste hat, wird damit ein schönes Denkmal gesetzt.

24. Februar 1918
50 Mark Belohnung!
Im sogenannten Martinswald nördlich vom Berghaus sind im Januar oder Anfang Februar d. J. 30-40 Fichten der Krone beraubt worden. Es wird gebeten, alle Wahrnehmungen, die zur Ermittelung des Täters führen könnten, sofort der hiesigen Polizeiwache mitzuteilen. Wer den Täter so namhaft machen kann, daß dessen gerichtliche Bestrafung erfolgen kann, erhält vom Stadtrate eine Belohnung von 50 Mk. Der Stadtrat behält sich jedoch vor, diese Summe entsprechend zu verteilen, falls mehrere Berechtigte in Frage kommen sollten.

26. Februar 1918
Die Genossenschaft Bethlehemstift im Hüttengrunde hat in ihren Vorstand mit Gültigkeit bis zum 31. März 1920 gewählt die Herren Kirchenrat Adolf Siebenhaar in Leipzig als Vorsitzenden, Hofrat Gustaf Eberhardt in Chemnitz als Stellvertreter des Vorsitzenden und Fritz Reinhard in Hohenstein-Ernstthal als Schatzmeister.

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Lieber Besucher,
Liebe Besucherin,

wie Sie sicher bemerkt haben, hat sich die Internetpräsenz unseres Geschichtsvereines vollständig gewandelt. Nach und nach entstehen hier neue Möglichkeiten die Geschichte unserer Stadt in Wort und Bild zu präsentieren.

Im Moment ist Manches noch im Testlauf und im Entstehen. Schauen Sie einfach in ein paar Tagen wieder einmal hier vorbei und lassen Sie sich überraschen. Es wird sich lohnen.

Es grüßt Sie
der Webmaster

Veröffentlicht am von Henry Kreul | Kommentare deaktiviert für Alles wird neu

Dezember 1914

6. Dezember 1914
Das im Grundbuche für Oberlungwitz auf den Namen des Banddirektors Christian Friedrich Lorenz in Blasewitz (der sich bekanntlich in Untersuchungshaft befindet) eingetragene Grundstück in der Nähe des Mineralbades Hohenstein ist heute im Wege der Zwangsversteigerung für den Preis von 960 Mk. von unserer Stadtgemeinde erworben worden. Das Grundstück, das zumteil eingezäunt und bepflanzt ist, war auf 1350 Mk. geschätzt und diente Herrn Krankenkassierer Koch als Sommersitz.

9. Dezember 1914
Die sogenannte Türmchenscheune, die durch ein Sommergewitter beschädigt worden war, ist wieder vollständig hergerichtet worden. Wenigstens auf absehbare Zeit ist also Sorge getragen, daß unser Stadtbild, dem die Türmchenscheune das Gepräge mit gab, erhalten bleibt. Es ist mit großem Dank zu begrüßen, daß auch in Hausbesitzerkereisen dem Sinn für alte Bauten, für Erhaltung von Baudenkmälern u.ä. Rechnung getragen wird. Dadurch kann am ehesten erreicht werden, daß nicht alles, was uns an alte Zeiten erinnert, vom Tun unserer Väter berichtet, dem gleichermaßen den Zahn der Zeit zum Opfer fällt.

10. Dezember 1914
Unsere Stadtverordneten genehmigten gestern das Gesuch des Herrn Bürgermeisters Dr. Patz um zeitweilige Enthebung von seinem Amte zum Zwecke des freiwilligen Eintritts in den Heeresdienst. Der Rat hatte das bereits wiederholt eingereichte Gesuch bisher stets abgelehnt, sich jetzt aber doch nicht der Ansicht verschließen können, daß die Verhältnisse dessen Genehmigung erheischen. Auf denselben Standpunkt stellte sich auch die Stadtverordneten-Versammlung. Anstelle des Herrn Stadtrat Bohne wurde Herr Fabrikbesitzer Kurt Zwingenberger zum Stadtrat gewählt. Was sonst noch beraten und beschlossen wurde, wolle man im Sitzungsbericht nachlesen.

Heute früh kurz nach 5 Uhr brach in einem massiven Schuppen des Herrn Bäckermeister Crasser auf dem Pfarrhain Feuer aus, das ein kleines Quantum Stroh vernichtete. Die alarmierte Feuerwehr hatte nur kurz einzugreifen. Gefahr für die Nachbarschaft bestand nicht. Die Ursache des Brandes ist wahrscheinlich darin zu suchen, daß ein Funke aus der Esse, der zufällig durch ein offenes Fenster in den Schuppen fiel, das Stroh aufflammen ließ. Der angerichtete Schaden ist geringfügig. Zwei Schweine, die sich in dem Schuppen befanden, konnten gerettet werden.

15. Dezember 1914
Ein seltenes Jubiläum konnte am gestrigen Sonntag der leitende Lehrer der Hüttengrundschule, Herr Hausmann, begehen, der nunmehr seit 30 Jahren dort ständiger Lehrer ist und vorher bereits zwei Jahre und vier Monate an ihr als Vikar wirkte. Am Sonnabend früh fand aus diesem Anlaß im festlich geschmückten Klassenzimmer eine schlichte aber eindrucksvolle Schulfeier statt, in der Herr Pastor Dybeck als Ortsschulinspektor sich mit warmen Worten an den Jubilar wandte und dessen Verdienste um die Schule hervorhob. Am gestrigen Sonntag beglückwünschte auch der Schulvorstand den Jubilar und übermittelte ihm die Segenswünsche der Schulgemeinde. Als Anerkennung für die von Herrn Lehrer Hausmann geleisteten kirchenmusikalischen Dienste überreichte Herr Pastor Dybeck dem vielseitig Geehrten eine diesem von der Kircheninspektion verliehene Auszeichnung. Am Sonntag früh brachten ihm die im Bethlehemstift liegenden verwundeten Krieger, mit denen er in ständiger angenehmer Verbindung steht, ein Morgenständchen, das den Jubilar lebhaft erfreute. Fast keiner der Soldaten hatte am Sonnabend den zugestandenen Urlaub angetreten, um bei der Huldigung zugegen sein zu können. Alle Waffengattungen waren vertreten und selten wohl dürfte aber auch eine Huldigung aus ehrlicherem Herzen gekommen und zu empfänglicheren Herzen gesprochen haben. Möge es Herrn Hausmann vergönnt sein, noch manches Jahr hindurch seine treue und gesegnete Wirksamkeit fortzusetzen.

22. Dezember 1914
Von bahnamtlicher Seite wird uns mit der Bitte um Veröffentlichung geschrieben: In der Durchgangshalle des hiesigen Bahnhofsgebäudes sammeln sich in letzter Zeit insbesondere an Sonn- und Festtagen Männer, Frauen und Kinder an, die zumeist sich nur deshalb in dem Bahnhofsgebäude aufhalten um dort vorübergehend Unterkunft zu finden, Militärtransporte und zurückkehrende verwundete Krieger zu beobachten oder sonst irgend eine Neuigkeit zu erfahren. Da dadurch die ordnungsgemäße Abwicklung des Reiseverkehrs erschwert wird, hat sich die Eisenbahnverwaltung veranlasst gesehen, in der hiesigen Bahnhofshalle eine Bekanntmachung anzuschlagen, die darauf hinweist, daß Unbefugten der Aufenthalt daselbst verboten ist und Zuwiderhandlungen nach §§ 77, 82 (1) der Eisenbahn-Bau und Betriebsordnung bestraft werden. Das Publikum wird hierauf aufmerksam gemacht.

31. Dezember 1914
Das Opfer von Straßenräubern wurde ein Chemnitzer Schleifergehilfe, der am 1. Festtage hier einer Abendunterhaltung beiwohnte und dabei, weil er gerade Geburtstag feierte, einige Glas über den Durst getrunken hatte. Zwei Unbekannte biederten sich bei ihm an und erboten sich als Führer nach dem Bahnhof. In der Nähe der Straßenunterführung am Ausgang der Schützenstraße hielt einer der Begleiter den Glasschleifer fest, während der andere ihm die Geldtasche mit gegen 17 Mark entriss. Beide Räuber suchten sofort das Weite; sie bleiben bis jetzt unerkannt. Wer Wahrnehmungen über den Vorfall gemacht hat, wolle sie der Polizeiwache mitteilen.

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November 1914

4. November 1914
Gestern nachmittag in der 5. Stunde entstand in dem Herrn Kommerzienrat Pfefferkorn gehörigen Hause Dresdner Straße 74 (bei den Ziegeleien) ein Stubenbrand. Ehe die sofort herbeigerufene 2. Kompagnie unserer Freiw. Feuerwehr eingreifen konnte, waren die Flammen bereits gelöscht worden. Der Schaden soll geringfügig sein, nur einige Dielen wurden in Mitleidenschaft gezogen.

6. November 1914
Seit einigen Tagen hat unsere Stadt mit Notstandsarbeiten an der sog. „Postmeisterwiese“ zwischen der Ost- und Wiesenstraße begonnen. Die Goldbach, in die auch die Schleusenwasser einmünden, wird etwas verlegt und überwölbt.

Die aus Anlaß des Krieges in den Räumen der Kochschule (Neustädter Schulgebäude) eingerichtete Volksküche erfreut sich der größten Wertschätzung in den Familien der Arbeitslosen und Krieger. Besonders die letzteren können jetzt eher bedacht werden, nachdem eine vor einigen Wochen getroffene Erweiterung der Einrichtung es gestattet, größere Mengen Speise herzustellen. Bei den Herren Pflegern herrscht täglich reger Andrang bei der Verteilung der Speisemarken. Es wäre zu wünschen, daß die private Hilfe, die die Durchhaltung der Volksküche vor allem ermöglicht, noch recht lange nachhält.

10. November 1914
In noch seltener körperlicher und geistiger Frische feierte gestern der auf der König-Albert-Straße wohnende Webermeister Hermann Pöhlmann mit seiner Gattin, geb. Beck, das goldene Ehejubiläum. Dem hochgeachteten Ehepaar wurden aus diesem Anlaß viele Aufmerksamkeiten bereitet. Pöhlmann konnte vor einiger Zeit erst sein 50jähriges Sängerjubiläum feiern. Herr Pfarrer Albrecht segnete das Jubelpaar gestern nach dem Hauptgottesdienste ein und überreichte ihm eine Ehrenbibel.

12. November 1914
Die in der Altstädter Schule eröffnete Schreibstube ist am Eröffnungstage nicht benutzt worden. Dieselbe wird trotzdem noch einige Zeit fortbestehen und Dienstags und Donnerstags von 5-7 Uhr geöffnet sein.

13. November 1914
Der Krieg hat auch in den Kreis unserer städtischen Beamtenschaft eine Lücke gerissen: den Heldentod auf dem Schlachtfelde starb Herr Zwiebler, der hier als Schutzmann tätig war und als Unteroffizier im Felde stand. Einige Tage vorher war er für hervorragende Leistungen zum Vizefeldwebel befördert worden. – Vor kurzem ist auch einer unserer früheren Schutzleute, Herr Unteroffizier Alfred Schwarze, der zuletzt als Kriminalschutzmann in Plauen angestellt war, auf dem Felde der Ehre geblieben. Schw. war der Schwiegersohn des Herrn Restaurateur Poppitz.

26. November 1914
Seinen Rücktritt vom Stadtratsposten kündigte Herr Stadtrat Bohne den städtischen Kollegien an. Diese sahen sich unter dem Ausdruck des Bedauerns und unter Hervorhebung der Verdienste des Scheidenden gezwungen, das Rücktrittsgesuch anzunehmen, da Herr Bohne es mit Krankheit begründet, die ihm Ruhe und Zurückgezogenheit zur Pflicht macht. In den nächsten Tagen werden sich die maßgebenden Stellen mit Vorschlägen für die Neuwahl beschäftigen.

Unsere Stadtverordneten erklärten sich in ihrer gestrigen Sitzung mit der Einflurung des Anteils Kuhschnappel vom Hüttengrund in den Stadtbezirk einverstanden. Die an die Gemeinde Kuhschnappel zu zahlende Abtretungssumme ist auf 15000 Mk. festgesetzt. Die Einflurung geschieht zur Abrundung der Stadtgrenze. Diese geht nun von der Hüttengrund-Bleicherei ab nach der Eisenstraße, diese entlang bis zur Badstraßengrenze, von dort nach dem Forsthaus bis zum Badwald (Parzelle 392a).

28. November 1914
Schon seit langem hieß es, daß unser so herrlich im Walde gelegenes Bethlehem-Stift, das bereits tausenden Kindern zu einer Jahr für Jahr immer wieder gern besuchten außerordentlich wirksamen Erholungsstätte geworden ist, als Lazarett eingerichtet werden solle. Die ursprüngliche Absicht konnte aus bestimmten Gründen nicht verwirklicht werden, bis jetzt die Militärverwaltung die Angelegenheit selbst in die Hand genommen hat. Wie wir von zuständiger Stelle erfahren, treffen bereit heute 40 bis 50 verwundete, der Pflege bedürftige Krieger im Bethlehem-Stift ein, wo sie hoffentlich recht bald ihrer völligen Gesundung entgegengehen.

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Oktober 1914

1. Oktober 1914
Eine kurze, aber erhebende Feier fand in den heutigen Morgenstunden im Kontor der Firma Anton Haase, hier, statt. Vollendeten sich doch heute 25 Jahre, seitdem Herr Prokurist Carl Uhlich bei dieser weit und breit rühmlichst bekannten Wirknadelfabrik als kaufmännischer Angestellter tätig ist. Der Jubilar wurde vom Inhaber der Firma, Herrn Albert Haase sowie von Vertretern des vollzählig versammelten Beamten- und Kontorpersonals mit warm empfundenen Ansprachen und sinnigen Geschenken geehrt. Auch die Handelskammer zu Chemnitz hatte es sich trotz der gegenwärtigen schwerernsten Zeit nicht nehmen lassen, dieses Tages zu gedenken und den Genannten in Anerkennung seiner 25jährigen treuen Dienste mit einer Ehrenurkunde auszuzeichnen.

Ein aufregender Vorgang trug sich dieser Tage abends spät in einem Hause der Neustadt zu. In einem Anfall von Schlaftrunkenheit stieg die im 11. Jahre stehende Tochter eines dortigen Anwohners aus dem Bett und gelangte durch ein Kammerfenster nach dem Heuboden. Dabei stieß sie in der Dunkelheit an einen dort stehenden Geschirrschrank, warf diesen um und stürzte mit denselben die Treppe hinab, wobei sie sich erhebliche Verletzungen zuzog. Ein in der Nähe wohnender Samariter leistete dem Kinde die erste Hilfe.

7. Oktober 1914
Einen hübschen Hausschmuck, der zugleich als das erste Erinnerungszeichen an den gegenwärtigen gewaltigen Kampf um unseres Reiches Bestand und Ehre auszusprechen ist, hat das eben vollendete Ledersche Haus an der Limbacher Straße in Form einer Putzverzierung erhalten. Ein Gewinde aus Laub und Blumen gibt dem Ganzen die Grenze gegen die Fläche der Front. Im umgrenzten Feld stehen die Worte „Als bildlicher Schmuck“ sind gekreuzte Schwerter und Kriegsfackeln und drei Kanonenkugeln eingefügt.

8. Oktober 1914
Herrn Privatmann Gustav Moritz Stübner, hier, Altmarkt 25, wurde heute vormittag ½ 12 Uhr in der Wohnung durch die Herren Bürgermeister Dr. Patz und Stadtrat Anger das mit allerhöchster Verordnung vom 12. Juni 1914 gestiftete Ehrenzeichen für besondere Treue Feuerwehrdienste ausgehändigt.

13. Oktober 1914
Wieder ist ein Hohenstein-Ernstthaler in französische Gefangenschaft geraten. Wie der beim 139. Inf.-Regiment dienende Soldat Guthe seinen auf der Chemnitzer Straße wohnenden Eltern mitteilt, befindet er sich seit einiger in Toulouse im verwundeten Zustand in Gefangenschaft.

Aus einem Grundstück an der Dresdner Straße, Nähe des Gasthauses „Zur Zeche“ wurden in der Nacht zum Freitag, und zwar unter erscherten Umständen aus einem Schuppen fünf Kaninchen, deutsche Schecken, gestohlen. Es handelt sich um ausgewachsene, nicht schlachtreife Tiere, weshalb die Vermutung naheliegt, daß sie der Dieb zum Verkauf anbieten könnte. Vor dem Ankauf wird gewarnt. Wer irgendwelche Wahrnehmungen über den Diebstahl gemacht hat, wolle dies der Polizei mitteilen.

15. Oktober 1914
Wiederum können wir Mitteilung machen von der Verleihung des Eisernen Kreuzes an einen Sohn unserer Stadt. Der Offiziers-Stellvertreter Herr Johannes Falcke, Ersatz-Abt. d. Kgl. Sächs. Feld-Art.-Regts. Nr. 77, erhielt diese hohe Auszeichnung für die heldenmütige Rettung eines Geschützes aus feindlichen Händen, nach welcher mutigen Tat er die Führung der Abteilung im Feuer übernahm, weil kein anderer Führer mehr da war. Herr Falcke ist der Sohn des verstorbenen hiesigen Fabrikanten und Kaufherrn Viktor Alfred Falcke.

21. Oktober 1914
Ein schwerer Diebstahl wurde am Sonntag nachmittag während der Stunden von 2 bis 7 Uhr in der Gastwirtschaft „Braunes Roß“ verübt. Nach Sprengung mehrerer Zimmertüren wurde ein im Schlafzimmer des Obergeschosses stehender hölzerner Geldbehälter erbrochen und aus ihm ein Betrag von gegen 600 Mark gestohlen. Das Geld war in Beuteln und Portemonnaies verwahrt. Als der Tatverdächtig kommt ein Gast in Frage, der kurze Zeit im „Braunen Roß“ wohnte und dort den Besuch eines Fremden erhielt. Die Diebe müssen gute Ortskenntnis besessen haben.

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September 1914

1. September 1914
Von Pilzsuchern erhängt aufgefunden wurde am Sonnabend im Walde, unweit des Restaurants „Fichtental“ der in den 50er Jahren stehende auf der Chemnitzerstraße wohnende verheiratete Färbereiarbeiter Heinrich F. Der Bedauernswerte war seit einiger Zeit arbeitslos und das dürfte der Grund mit zum Selbstmord sein. Er wurde bereits seit vorigem Mittwoch vermisst. Gestern wurde er auf dem Trinitatisfriedhof beerdigt.

3. September 1914
Erfreulicherweise hat unsere Stadt in diesen ernsten Zeiten für arbeitslose Einwohner Notstandsarbeiten vornehmen lassen und will dies auch noch fernerhin tun. Die Schleusenänderungen an der Logenstraße sind bereits sehr weit fortgeschritten und es sollen nun weitere Notstandsarbeiten am Neustädter Teichplatz vorgenommen werden. Der bisher gezahlte Lohn für diese Arbeiten betrug gegen 1000 Mk. pro Woche. Die hiesigen freien Gewerkschaften dürften gegenwärtig gegen 300 arbeitslose Mitglieder in unserer Stadt zu unterstützen haben, für die eine wöchentliche Gesamtunterstützung von ungefähr 1800 Mark gezahlt wird.

Ein treuer Führer der 1. Kompagnie unserer Freiw. Feuerwehr, Herr Hauptmann Stübner, konnte auf eine 50jährige Dienstzeit zurückblicken. Aus diesem Grunde fand im „deutschen Hause“ eine Feier statt, die im Hinblick auf den Ernst der Zeiten in ganz schlichtem Rahmen gehalten war. Herr Bürgermeister Dr. Patz überreichte dem Treuverdienten unter herzlichen Glückwünschen die städtische Ehren-Urkunde, Herr Stellv. Hauptmann Rudelt seitens der Wehr eine künstlerische Glückwunsch-Tafel. Herr Ehrenhauptmann Redslob gedachte der im Felde stehenden Kameraden. Der Feier wohnten als willkommene Gäste auch die Herren Hauptleute der 2. Kompagnie bei.

Von Frau Nötzold, die, wie wir gestern berichteten, wegen des Krieges nicht in der Lage ist, zu ihrem Manne nach der belgisch-französischen Grenze zurückzukehren, wird uns mitgeteilt, daß sie noch völlig im unklaren darüber ist, was aus dem Besitztum, das sie und ihr Mann zurücklassen mußten, geworden ist. Auf Anfrage beim deutschen Auswärtigen Amt in Berlin ward ihr die Auskunft, daß eine Antwort erst nach mehreren Wochen möglich sei wegen der außerordentlichen Erschwerung des Post- und Telegraphenverkehrs.

4. September 1914
Der kürzlich im „Tageblatt“ erschienene Aufruf betr. Stellung von Betten für leicht verwundete oder erholungsbedürftige Krieger und Uebernahme der freien Beköstigung derselben hat einen schönen Erfolg gehabt. Bis heute sind 76 Betten gezeichnet. Morgen soll die Liste abgeschlossen werden; wer sich den Zeichnern noch anschließen will, möge dies ungesäumt bei einer der in unserer Dienstags-Nummer genannten Stellen oder bei Herrn San.-Rat. Dr. Eichhoff melden.

8. September 1914
Wir haben uns schon des öfteren gegen das nächtliche Schreien und überlaute Singen, das man als Gröhlen und Brüllen bezeichnen muß, gewandt. Heute gehen uns von Anwohnern der Bismarckstraße Klagen zu, über das Benehmen junger Leute, in der Mehrzahl Mädchen, die auf dem Heimwege einen derartigen Lärm verursachen, daß die Nachtruhe aufs ärgste gestört wurde. Hoffentlich gelingt es unserer Polizei recht bald einmal, solche Radaulustigen festzustellen und ihnen ein paar Mark Strafe abzuknöpfen, damit sie dann nicht mehr in so wüster Weise die Ruhe ihrer Mitmenschen stören.

15. September 1914
Mit geradezu unheimlicher Gewalt raste gestern und zumteil auch heute noch der Sturm durch die Straßen und richtete verschiedentlich großen Schaden an Häusern im Walde und in den Gärten an. Viele Dächer wurden arg mitgenommen, in den Anlagen, an Straßen und in Gärten starke Bäume umgeknickt usw. Der Sturm peitschte die Regenmassen daher, daß das Begehen der Straßen gestern zuzeiten mit Schwierigkeiten verknüpft war.

29. September 1914
Wieder hat ein Kind unserer Stadt das Eiserne Kreuz II. Klasse erhalten. Herrn Max Hochmuth von der 8. Kompagnie des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 106, auf der Karlstraße wohnhaft, wurde für sein tapferes Verhalten bei nächtlichen Patrouillen, die wertvolle Aufklärung brachten, diese hohe Auszeichnung verliehen.

Nach hierher gelangten Nachrichten hat am 16. September in Frankreich ein Sohn des am Seidelberge wohnenden Gärtnereibesitzers Paul Haugk den Heldentod fürs Vaterland erlitten. Haugk machte den Feldzug als Unteroffizier beim 104. Infanterie-Regiment mit. Amtlich wurden die Angehörigen bis jetzt noch nicht in Kenntnis gesetzt. Damit erhöht sich die Zahl der bis jetzt aus unserer Stadt gefallenen Kämpfer auf acht. – Eine betrübende Meldung erhielt auch die Familie des in der Neustadt wohnenden Werkschuldrektor Emil Haugk; deren Sohn hat seinen Eltern mitgeteilt, daß er im verwundeten Zustande in französische Gefangenschaft geraten
ist.

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August 1914

2. August 1914
Große Aufregung herrschte heute kurz vor mittag in unserer anläßlich des Wochenmarktes besonders stark bevölkerten Stadt. Die Polizei hatte einige Leute verhaftet, die man eines verbrecherischen Anschlages verdächtigte, der aber glücklicherweise vereitelt worden sein soll. Im Interesse der sofort aufgenommenen Untersuchung erscheinen nähere Angaben an dieser Stelle unangebracht.

Eine Hilfsstelle für unsere braven Soldaten und ihre Hilfebedürftigen Angehörigen ist im hiesigen Rathause eingerichtet worden, wie aus der amtlichen Bekanntmachung im heutigen „Tageblatt“ zu ersehen ist. Möchten die Gaben reichlich fließen, sie werden allen, die damit bedacht werden sollen, hochwillkommen sein.

8. August 1914
Der König hat auf Vorschlag der Frau Prinzessin Johann Georg abermals eine große Anzahl Carola-Medaillen in Gold, Silber und Bronze an Personen aller Stände verliehen. Unter den mit der bronzenen Medaille Ausgezeichneten befindet sich auch Frau verehl. Oberlehrer Reichard, geb. Temper hier.

Der Stadtrat hat in Verbindung mit mehreren hiesigen Herren Aussicht genommen, auf dem Bahnhofe eine Erfrischungsstation für unsere nach dem Kriegsschauplatz durchreisenden Soldaten zu errichten. Da jedoch sämtliche Militärzüge hier nicht halten, hat man vorläufig von der Einrichtung einer solchen Station abgesehen. Dagegen will man dieselbe in Kraft treten lassen, sobald die Rücktransporte von Verwundeten usw. es erfordern würden.

9. August 1914
Der Krieg zieht bereits unsere Industrie stark in Mitleidenschaft. Einige Webfabriken haben schon die laufende Woche nicht arbeiten lassen, während eine größere Zahl Webfabriken von kommender Woche ab nur noch 2 bis 4 Tage den Betrieb aufrecht erhalten. Besser beschäftigt ist noch die Wirk- und Trikotagenbranche. Einzelne Betriebe derselben haben sogar noch größere Aufträge zu erledigen. Stark beeinträchtigt im Geschäftsgang werden auch andere Industriezweige, so z. B. die Metallwaren und die Baubranche.

12. August 1914
Einem an die Schriftleitung des „H.-E. Tagebl.“ Gerichteten Brief eines hiesigen Landwehrmannes, welcher verspricht, uns Stimmungsbilder aus diesen bewegten Tagen zukommen zu lassen, soweit es die Kriegsgesetze gestatten, entnehmen wir folgendes: Schreiber hofft – und das mit Recht! – daß solche Berichte bei seinen Kameraden im Militärverein im besonderen und bei unseren Lesern im allgemeinen eine gute Aufnahme finden werden, und teilt dann mit, daß mit ihm 15 Hohenstein-Ernstthaler dem 133. Landwehr-Regiment zugeteilt wurden. Er schildert die Fahrt von Glauchau nach Wurzen, auf der die alten Soldaten überall begeistert begrüßt wurden, die schwere Arbeit der kriegsmäßigen Einkleidung, die Begrüßung durch den Major usw. Tiefen Eindruck hat auf die Einberufenen der Abschied von der Garnison hinterlassen – war doch jeder im Geiste bei seinen Lieben daheim. In Gedenken an diese schämten sich die Landwehrmänner nicht der Tränen, die jedem in die Augen traten. Jeder aber auch ist bereit, in felsenfestem Gottvertrauen für das Vaterland zu fliegen oder zu sterben. Alle die vom Schreiber Bezeichneten schätzen es sich zur hohen Ehre, die ersten Landwehrmänner zu sein, die Wurzen verließen, um in wenig Tagen vielleicht dem Feind entgegentreten zu können. Der Brief schließt: „Seid gegrüßt, Ihr lieben Hohenstein-Ernstthaler, von Euren Landwehrmännern vom 133. Regiment, 11, Komp.!“

18. August 1914
Mit heute beginnt in den Schulen unserer Stadt wieder der Unterricht. Die goldene Ferienzeit ist auch für recht viele Kinder diesmal keine fröhliche gewesen. In jeder Klasse gibt es Kinder, die irgendein teures Familienmitglied im Felde haben, und noch in viel größerem Umfange hat die durch den Krieg veranlasste Not und Vorsorge für schwere Zeiten die fröhliche Ferienzeit beeinflußt. Viele Schüler oder Schülerinnen, die sich vor reichlich vier Wochen mit frohen Ferienwünschen von ihrem Lehrer verabschiedeten, erlebten daß dieser jetzt draußen im Felde steht. Statt Ferienreisen- und Wanderungen bewegt unsere Jugend jetzt die Begeisterung für Deutschland Kämpfe. Möge aus dieser Begeisterung heraus echte Treue für Volk und Vaterland erwachen.

Herzlos zeigten sich die Eltern von fünf Kindern, die heute auf dem Wochenmarkt das Mitleid der Menschen erweckten. Die Mutter der Kleinen hat bereits vor Tagen ihren Mann verlassen und sich angeblich zu ihrer Schwester nach Flöha begeben. Der Vater, der Tischler L., wollte sich nun seiner Kinder dadurch entledigen, daß er sie zu seinem auf dem Altmarkt wohnenden Schwiegereltern brachte. Aber auch hier war die Liebe zu den Kindern recht gering. Die Großeltern schoben die Kleinen ab, die nun hilf- und ratlos auf dem Altmarkt standen und bitter weinten. Schließlich nahm sich die Polizei der so herzlos Verlassenen an und sorgte für Ihre Unterbringung im Waisenhaus.

20. August 1914
Nicht weniger als 468 Männer unserer Stadt – 838 Familienväter und 85 Ledige – haben dem Rufe zur Fahne bisher Folge geleistet; weitere 90-40 Familienväter und 50 Ledige – haben Einberufungsbefehl erhalten. Gegenwärtig sind 378 Frauen und 603 Kinder ohne Ernährer zu denen sich bei weiteren Einberufungen noch 40 Frauen und 51 Kinder gesellen. Für diese zurückgebliebenen hat nun die öffentliche Liebestätigkeit einzusetzen, für die in der gestrigen Stadtverordneten-Sitzung weitere beträchtliche Mittel bewilligt wurden.

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