September 1916

1. September 1916
Mit der Friedrich August Medaille ausgezeichnet wurden die Herren Bruno Müller, Fleischermeister, Ecke Chemnitzer- und Wiesenstraße wohnhaft, und Gefreiter Richard Strauch; mit dem Eisernen Kreuz 2 geschmückt wurde Herr Richard Semmler.

4. September 1916
Von zwölf strammen Pferden gezogen, traf ein für unsere Gasanstalt bestimmter neuer Dampfkessel aus der Gersdorfer Fabrik Franz & Sohn am Bestimmungsort ein. Der Kessel wiegt über 100 Zentner.

7. September 1916
Unser neuer Bergwirt Herr Windler läßt es sich in sehr dankbar anzuerkennender Weise angelegen sein, das Berggasthaus „Zur Bismarkhöhe“ zu einem Sammelpunkt weitester Kreise nicht nur aus unsrer Stadt, sondern auch der Umgebung zu machen, und seine Bemühungen sind von bestem Erfolge gekrönt, wie nicht nur die bisherige Einrichtung der musikalischen Mittwoch-Nachmittage bewies, sondern wie auch das gestrige erste Künstler-Konzert dartat. Das Solisten-Salon-Orchester Link übertraf in seinen Darbietungen wohl allenthalben die Erwartungen. Wenn Herr Windler es ermöglichen kann, uns des Öfteren mit derartigen Darbietungen zu erfreuen, so wird ihm sicher auch der Dank in Gestalt eines vollen Hauses zuteilwerden.

7. September 1916
Die 34 Jahre alte Handschuhnäherin Lina verehel. Ziegner geb. Martin hier verschaffte sich durch Fälschung eines Lohnnachweises auf sieben Wochen Arbeitslosenunterstützung, die die Stadtgemeinde an arbeitslose Frauen auszahlt, deren Ehemänner wöchentlich weniger als 21 Mark verdienen. Dadurch schädigte sie die Stadtgemeinde um 36,80 Mark. Sie wurde deshalb wegen Betrugs und Urkundenfälschung unter Anklage gestellt und von der Ferienstrafkammer des Zwickauer Landgerichts zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt.

9. September 1916
Von der Fahrt nach dem Westen senden allen Bekannten noch einmal herzlichste Grüße: Kurt Beckmann, Max Geithner, Otto Mesa, Richard Köhler, Gerhard Beyer, Otto Gerber. –Freundliche Gegengrüße auch unserseits mit dem Wunsche für siegreiche und glückliche Heimkehr!

11. September 1916
In einem Hause der König Albertstraße wurde gestern eine in den 80er Jahren stehende Frau, die in ihrer Wohnung allein war, von Hausbewohnern bewusstlos aufgefunden. Man hatte sofort den Krankenhausverwalter Herrn Bach verständigt, der Gasvergiftung feststellte und Gegenmaßregeln ergriff, sodass nach einiger Zeit die Frau wieder zu sich kam. Die Untersuchung ergab, dass der zur Lampe führende Gasleitungsschlauch ein Loch hatte, wodurch das Gas ausströmte.

13. September 1916
Das Gute gewollt, aber das Gegenteil erreicht hatte unsere Stadtvertretung mit dem Beschluss, dass an Wochenmarkttagen vor 10 Uhr vormittags keine Waren an Händler abgegeben werden dürfen, damit zunächst einmal unsre Hausfrauen ihren Bedarf decken können, ohne den Händleraufschlag zahlen zu müssen. Daraufhin erklärten die von auswärts unsern Markt besuchenden Großhändler, ihn meiden zu müssen, wenn diese Bestimmung bestehen bleibe. Das war nun freilich nicht die Absicht der Stadtvertretung und so wurde dieser einschränkende Beschluss wieder aufgehoben.

17. September 1916
Da das bisherige Ergebnis der freiwilligen Ablieferung der beschlagnahmten Fahrradbereifung weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, ist die Frist zur freiwilligen Ablieferung bis zum 1. Oktober verlängert. Die Heeresverwaltung hat an der umgehenden Ablieferung größerer Mengen Fahrradbereifungen ein ganz besonderes Interesse, und es ist Pflicht eines jeden, die von der Heeresverwaltung getroffenen Maßnahmen nach Kräften zu fördern.

21. September 1916
Wie die Bezirkskartoffelstelle mitteilt, soll die Anlieferung der Winterkartoffeln am 21. des Monats beginnen. Wer im Besitz eines dunklen, frostfreien, trockenen Kellers ist, sollte möglichst seinen ganzen Bedarf einlegen, weil er jederzeit in der Lage ist, die Bestände zu beobachten und die verhältnismäßig geringen Mengen durchzusehen, wenn sich kranke Knollen zeigen.

23. September 1916
Wie aus dem amtlichen Teile des heutigen „Tageblattes“ ersichtlich, gelangt Walfischfleisch an die Inhaber von Bezugskarten für Schwerarbeiter zur Ausgabe. Eine längere Zuschrift über die Verwendung dieses Fleisches können wir erst morgen zum Abdruck bringen, da sie erst in später Stunde in unsre Hände gelangte.

23. September 1916
Am Sonntag, den 8. Oktober wird eine Tiroler Sängergesellschaft in der „Hüttenmühle“ die Besucher mit guten Vorträgen erfreuen. Es sei schon heute auf diese Veranstaltung hingewiesen.

25. September 1916
In einem Garten am Parkwege sind in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag drei größere Kürbisse gestohlen worden. Der Dieb musste hierbei über einen 2 m hohen Zaun steigen. Vom Täter fehlt noch jede Spur.

29. September 1916
Obstdiebe machten sich in letzter Nacht in dem an die Conrad-Clauß-Straße grenzenden Garten des Herrn Jacobi zu schaffen, sie wurden aber durch das laute Anschlagen einiger Fleischerhunde gestört. Nachforschungen ergaben, dass Lehrlinge aus der Nachbarschaft die Liebhaber billigen Obstes waren.

29. September 1916
Im Kaffee „Zentral“ fand gestern eine Zusammenkunft von Bienenzüchtern aus unserer Stadt und ihrer Umgebung statt. Es konnte dabei die Gründung eines Imkervereins, von dem man sich große Erfolge für die Bienenzucht verspricht, vorgenommen werden. Mit der Leitung des Vereins betraute man Herrn Elektrotechniker Paul Layritz.

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August 1916

1. August 1916
Wegen eines mittels Einsteigens bei dem Bäckermeister Richter hier verübten Gelddiebstahls in Höhe von 320 Mk. wurde der 13jährige Schulknabe Emil Kurt Funke von hier von der Strafkammer des Landkreises Zwickau zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt.

8. August 1916
Folgende Karte ging uns heute mit der Bitte um Veröffentlichung zu: „Die besten Grüße an die Heimat vom Ausmarsch ins Feld senden drei Hohenstein-Ernstthaler Jäger Erich Eibich, Karl Reuther, A. Meier“. Wir erwidern diese Grüße mit einem herzlichen „Glück auf“ und wünschen dem „Kleeblatt“ frohe und gesunde Heimkehr.

Mehrfach ward seitens unsrer Stadtverwaltung bittere Klage geführt über versuchte und gelungene Betrügereien zwecks Erlangung höherer Arbeitslosen-Unterstützung, und kürzlich wurde versichert, dass gegen solche Machenschaften mit rücksichtsloser Strenge eingeschritten werden würde. Mit einem solchen Falle hatte sich jetzt die Zwickauer Ferienstrafkammer zu beschäftigen. Auf Grund gefälschter Lohnnachweise hatte sich ein hiesiger Arbeiter mehr Unterstützung verschafft als ihm zukam. Diesen Betrug muß er nun mit 2 Monaten Gefängnis büßen.

10. August 1916
Das sorgfältige Lesen der Zeitung ist, wie schon mehrfach hervorgehoben wurde, in der Kriegszeit Pflicht eines jeden. Besonders betont sei, daß nicht nur die amtlichen Bekanntmachungen, sondern auch der örtliche Teil der Zeitung sorgsam gelesen werden muß, um sich gegebenenfalls vor Strafen zu schützen. Jetzt hat auch das Oberkommando der Marken mitgeteilt, daß der örtliche Teil einer Zeitung rechtswirksam ist. Es schreibt: „Wenn die Verbote des Oberbefehlshabers durch „Wolffs Telegraphen-Bureau“ an die Presse gegeben und von dieser abgedruckt werden, so sind sie rechtswirksam veröffentlicht.“ Es empfiehlt sich daher, um sich vor Strafen zu bewahren, auch den örtlichen Teil der Zeitung aufs sorgfältige zu lesen.

12. August 1916
In nicht geringer Aufregung geriet gestern abend die Familie des an der Schützenstraße wohnenden, im Felde stehenden Bäckermeisters Herrn Hofmann. Als das Dienstmädchen gegen 10 Uhr in die Schlafstube kam, lag nach ihrer Aussage unter einem Bett ein Mann, der sich wahrscheinlich stehlenshalber eingeschlichen hatte. Das Mädchen schlug Lärm, worauf der Dieb das Weite suchte.

14. August 1916
Ein gutschmeckender Brotaufstrich, sog. Kriegsleberwurst, die sich über eine Woche hält, läßt sich nach folgender Vorschrift herstellen: Drei (am besten milchene) Heringe läßt man gehörig wässern, putzt sie aus, wiegt sie dann klar und mischt die Masse mit zwei feingeschnittenen Zwiebeln und etwas Majoran, neue Würze, Ingwer und einer Priese Pfeffer. Dann verquirlt man 3 Eßlöffel Mehl in einer Tasse Milch und schüttet dies über die Heringsmasse, rührt gut durcheinander und kocht das ganze im Wasserbade ½ Stunde oder läßt es 15 Minuten schmoren. Es schmeckt wie frische Leberwurst, nur ist es ratsam, mit den Gewürzen vorsichtig zu sein und nicht zu dick aufzutragen.

18. August 1916
Wohlverdiente Strafe ward einem gewissenlosen Nahrungsmittelfälscher in Eisleben zuteil. Wie man mitteilt, wurde der dortige Bäckermeister Weller, der beim Brotbacken dem Mehl 18 v. H. Gips und 10 v. H. Holzfasermehl beigemengt hatte, zu 6 Monaten Gefängnis und 2 Jahren Ehrverlust verurteilt.

Ein Tag mit 25 Stunden wird nach dem Willen des Bundesrats der 30. September d. J. sein. Nach der Verordnung über die Einführung der Sommerzeit endigt dieser Tag ein Stunde nach Mitternacht im Sinne der Verordnung. Wenn es also an jenem Tage 12 Uhr nachts geworden sein wird, schreibt man immer noch eine Stunde lang den 30. September. Die Stunde kann dann weiter mit 12.01, 12.02, 12.03 bis 12.59 bezeichnet werden. Erst nach Ablauf dieser Stunde beginnt der 1. Oktober: Es ist aber nicht 1 Uhr sondern zum drittenmal 12 Uhr, da die Uhren zurückgestellt werden. In den Fahrplänen werden bekanntlich die Stunden von 6 Uhr früh bis 6 Uhr abends von denen bei Nacht dadurch unterschieden, daß die Minutenziffern bei Nacht unterstrichen werden. Will man am 1. Oktober mit 12.01, 12.02 usw. die Zeit bezeichnen, so müßte für jene Nacht ein besonderes Zeichen für diese dritte Zwölfuhrstunde eingeführt werden. Es stehen aber auch zwei einfachere Wege zur Verfügung. Man kann einfach 13.01 Uhr, 13.02, 13 ½ Uhr usw. schreiben. Ein zweiter Weg ist der, jene Stunde mit 0 zu bezeichnen. Dies geschieht schon immer in Fahrplänen aller Staaten, die die Vierundzwanzigstundenuhr eingeführt haben. Hier heißt die erste Stunde 0.05 usw. 13 Uhr oder 0 Uhr, das ist schließlich Geschmackssache.

22. August 1916
Das Kriegsgenesungsheim im Hüttengrund soll, wie hier schon gemeldet worden ist, am 30. September geschlossen werden. Bei der dahingehenden Entscheidung ist vor allem folgendes maßgebend gewesen: Das Heim war schon länger nur schwach besetzt, weil das Bedürfnis nach solchen, auch noch günstiger gelegenen reichlich gedeckt ist, so daß das Königliche Sänitätsamt XIX auf sein Bestehen keinen Wert mehr legt. Dazu haben die Erfahrungen der beiden letzten Jahre ergeben, daß die rauen Tage das Haus im Winter weniger als im Sommer zu einer Erholungsstätte geeignet erscheinen lassen.

28. August 1916
Gestern konnten aus der Jubiläumsstiftung, die aus Anlaß des 400jährigen Stadtjubiläums hiesige Fabrikanten der Weberinnung überwiesen, eine Anzahl bedürftiger Webermeister resp. Weberwitwen beschenkt werden, wodurch gerade in der jetzigen schweren Zeit große Freude angerichtet wurde. Bei dieser Gelegenheit ließ auch die Weberinnung gleichzeitig den Familien ihrer im Felde stehenden Mitglieder ein ansehnliches Geldgeschenk überreichen.

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Juli 1916

1. Juli 1916
Eine unverhoffte Freude bereitete gestern Herr Fabrikbesitzer Fahr seinen Angestellten, Arbeitern und Arbeiterinnen, indem er aus Anlaß seiner vor kurzem stattgefundenen Silbernen Hochzeit jedem ein namhaftes Geldgeschenk überreichte. In dieser schweren Zeit war natürlich jedem der damit Bedachtem dieses Geschenk doppelt willkommen.

3. Juli 1916
In den Schulen werden durch die Kinder zum Zwecke der Ölgewinnung die Kerne des Steinobstes (Kirschen, Pflaumen, Zwetschen, Mirabellen, Reineclauden und Aprikosen) sowie Kürbiskerne gesammelt. Die Gemeindebehörden werden in einer Verordnung des Königlichen Ministerium des Innern angewiesen, soweit hierfür ein örtliches Bedürfnis besteht, die von den Schulen gesammelten Kerne entgegen zu nehmen, zu größeren Posten zu vereinigen und möglichst in luftigen Räumen zu verwahren. Größere Mengen sind zur Vermeidung von Schimmelbildung von Zeit zu Zeit umzuschaufeln. Über die Abnahme der Kerne von den Sammelstellen wird später besondere Anweisung ergehen.

In die größte Verlegenheit kam am Sonnabend vormittag auf der Weinkellerstaße ein Schulknabe, der außer einem kleinen Wagen noch einen Handkorb mit Fleisch bei sich führte. Ein größerer Hund hatte jedenfalls den im Korbe liegenden Braten gerochen und während sich der Knabe für einen Augenblick am Fahrstuhl beschäftigte, dieses so seltene Fleisch aus dem Korbe erschnappt und verschlungen. Ob man den Besitzer des Hundes für den Schaden wird haftbar machen können, ist fraglich.

4. Juli 1916
Geflügelhändler, Kommunalverbände, Lebensmittelämter, Genossenschaften und sonstige Interessenten, die den wagenweisen (1000 Stück) Bezug von polnischen Magergänsen zu dem bis 15. Juli 1916 gültigen Preise von 7,50 Mk. für das Stück ausschließlich Spesen wünschen, werden vom Sächsischen Ministerium des Innern aufgefordert, sich sofort persönlich mit der örtlich zuständigen Handelskammer in Verbindung zu setzen. Die Handelskammern haben bis spätestens 12. Juli dem Ministerium des Innern mitzuteilen, von welchen Interessenten und in welcher Höhe etwa Bestellungen bei der amtlichen Handelsstelle Kalisch gemacht worden sind.

8. Juli 1916
Auf der Durchreise hat sich auf dem Altstädter Schützenplatz eine besonders sehenswerte Ausstellung eingefunden, die ein kleiner Tiergarten genannt werden kann. In Bassins erblickt man Nilkrokodile, Kaimans und Alligatoren, ferner Schildkröten und Gürteltiere, Riesensalamander und eine ganze Kollektion Schlangen, als besondere Sehenswürdigkeit „die größte Schlange der Welt“ aus den bekannten Hagenbeckschen Tierpark in Hamburg. Das riesige Tier wird bei jeder Vorstellung auf den Schultern von 5 Männern vorgeführt.

Der Bezirksvorstand hat beschlossen den Kriegerfamilien aus den Bezirksmitteln zum Besohlen von Schuhen eine einmalige Beihilfe von 2,50 Mk. für den Kopf zu bewilligen. Diese Beihilfe wird in den nächsten Wochen durch die Gemeindebehörden ausgezahlt werden. Außerdem wird der Bezirksverband im Herbst wegen Gewährung einer Beihilfe zur Beschaffung von sonstiger Bekleidung für die Kriegerfamilien Entschließung fassen.

17. Juli 1916
Die Herstellung von Quarkkuchen ist laut Bekanntmachung des Ministerium des Innern bis zum 30. September 1916 einschließlich verboten. Unter Quarkkuchen fällt nicht derjenige Kuchen, bei dessen Herstellung Quark nur als Bindemittel für den aus anderen Zutaten, insbesondere Obst, bestehenden Kuchenbelag verwendet wird. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschrift werden mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 1500 Mk. bestraft. Diese Verordnung tritt am 23. Juli in Kraft.

22. Juli 1916
Wie ein schlechter Witz klingt es, wenn wir die Tatsache feststellen, daß am heutigen 22. Juli die Hundstage beginnen. Diese Zeit hat ihren Namen von dem roten Hundsstern, wie der Sirius in der alten Astronomie hieß; sonst bringt sie uns sengende Sonnentage – heuer will der graue Himmel und der dauernde Niederschlag nicht von uns weichen.

Auf ein 40jähriges Bestehen kann jetzt die Schule im Ortsteil Hüttengrund zurückblicken. Da der Hüttengrund früher zu einer Anzahl umliegender Gemeinden gehörte, gab die Schule oft Anlaß zum Streit. Im Jahre 1862 schlossen sich die Bewohner von 4 Wohnhäusern dem Hohensteiner Schul- und Kirchverbande an. Dann regte das Glauchauer Konsistorium im Jahre 1864 die Bildung einer selbständigen Schulgemeinde und den Bau einer Schule an. Diese Anregung stieß jedoch auf viele Hindernisse. 1865 wiesen die Hohensteiner die Hüttengrunder aus ihrer Schule aus, behielten sie jedoch wieder auf oberbehördliches Eingreifen zunächst auf 2 Jahre gegen ein wöchentliches Schulgeld von 18 Pfg. 1871 sollte der Hüttengrund mit Hohenstein als Schulbezirk verbunden und eine eigene Schule errichtet werden, was aber die Stadtvertretung von Hohenstein ablehnte. Ein weiterer Versuch, mit Oberlungwitz einen Schulbezirk zu bilden, scheiterte auch. Nach mehrjährigen Verhandlungen kam es nun im Jahre 1876 soweit, daß die Gemeinden Oberlungwitz, Kuhschnappel, Abtei-Oberlungwitz und Langenberg eine Schulgemeinde bildeten und gemeinsam ein Schulhaus bauten. Es ist dies das jetzige Hausgrundstück des Herrn Karl Ebersbach. Auch die damalige Stadt Ernstthal kam mit in Frage, da das Forsthaus Hainholz zu dieser gehörte. Die Försterskinder mußten jedoch in die Ernstthaler Schule gehen. Der erste Lehrer in der Hüttengrunder Schule war Herr Franz Hermann Leucht, jetzt Oberlehrer in Weidensdorf. Im Jahre 1897 wurde die neue Schule gebaut.

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Januar 1918

3. Januar 1918
Das die Zahl der Freunde unseres Turnerbundes noch immer eine außerordentlich große ist, bewies der Besuch der gestrigen Abendunterhaltung dieses Vereins im Schützenhause. Die Leiter der Veranstaltung hatten es ausgezeichnet verstanden, die Vortragsfolge dem Zuge der Zeit entsprechend zu gestalten, dazu kam, daß die Mitwirkenden samt und sonders tüchtig waren, und so dem Ganzen zu dem schönsten Erfolge verhalfen. Frl. Martha Schmidt erntete mit ihren Gesangsvorträgen, die gute Schule verrieten, wohlverdienten Beifall; sie bewies, das ihr Talent zu den schönsten Hoffnungen berechtigt. Wirksame Unterstützung erfuhren ihre Darbietungen durch die dem Vortrage geschickt angepaßte Klavierbegleitung seitens des Herrn Organist Zesewitz. Der übrige Teil war auf den humoristischen Ton gestimmt und sprach aufs beste an.

8. Januar 1918
In freundlichster Weise wurde den Altstädter Schulen zur Mittagsspeisung armer Schulkinder überwiesen – 75 Mk. Vom Konsumverein, 100 Mk. Von Herrn Stadtrat Anger, 20 Mk. Von Fräulein Herbst, Den edlen Gebern sei herzlichst gedankt.

11. Januar 1918
Nach langer Pause konnte der Gewerbeverein Altstadt gestern Mittwochabend wieder eine Versammlung in Ritters Gasthaus abhalten die Herr Vorsteher Rudelt mit einem Rückblick auf die Vorgänge im Verein einleitete; er gedachte der verstorbenen Mitglieder: des Herrn Oberlehrer Reichardt, des langjährigen Vorstehers, den man wohl als Gründer ansprechen darf und der sich um die frühere Sonntagsschule verdient gemacht hat; des 2. Vorstehers Herrn Handelslehrer Kleeberg, sowie der Herren Laux und Liebmann, die Versammlung ehrte deren Andenken durch Erheben von den Plätzen. Redner streifte auch verschiedene Vorgänge im Verbandsleben. Dann wandte man sich der Frage einer Ersatzwahl für den auf dem Felde der Ehre gefallenen 2. Vorsteher Herrn Handelslehrers Kleeberg zu. Der Vorschlag, mit diesem Amte Herrn Oberlehrer Jähnig zu betrauen, den verdienstvollen Leiter der Gewerbeschule, die eigentlich eine Schöpfung des Gewerbevereins ist, fand freudige Zustimmung, die sich durch einstimmige Wahl kundgab. Bezüglich der bevorstehenden Stadtverordneten-Ergänzungswahl beschloß man, sich mit dem Verein der Festbesoldeten in Verbindung zu setzen. Weiterhin beschäftigte sich die Versammlung mit den bereits angekündigten Vortrag des Herrn Dr. Pickel aus Dresden am kommenden Sonntag im „Gewerbehaus“, der für jeden Gewerbetreibenden von ganz besonderer Bedeutung sein wird. Eine eingehende Aussprache über die wirtschaftliche Lage, wie sie sich in der nächsten Zukunft gestalten wird, schloß sich an. In dem jetzt begonnenen Jahre vollendet sich ein halbes Jahrhundert seit der Begründung des Gewerbevereins. Der Tag soll in schlichtem Rahmen etwa im April gefeiert werden. Ein Ausschuß wird sich mit den Vorarbeiten dazu beschäftigen und der nächsten Vereinsversammlung hierüber Bericht erstatten. Soadann stimmte man dem Vorschlage zu, einen Ausschuß zu bilden, dessen Mitglieder sich der Aufgabe unterziehen kurze Berichte über die beachtlichen Büchereingänge zu erstatten.

22. Januar 1918
Die am Sonnabend stattgefundene Wahl von Stellvertretern für eine Anzahl von Mitgliedern des Stadtverordneten-Kollegiums, die zum Heere einberufen sind, hat seitens der Bürgerschaft sehr geringe Anteilnahme gefunden. War auch die Annahme gerechtfertigt, daß die unter dem Zeichen des allgemeinen Burgfriedens vor sich gehende Wahl die Gemüter nicht sehr aufregen würde, so war die Zahl der Wähler doch eine so geringe, daß alle Erwartungen enttäuscht wurden. In der 1. Abteilung, die nach dem Wahlabkommen den Sozialdemokraten überlassen war, erhielten die Herren Webermeister Wilhelm Heerling, Weber Emil Müller, Fabrikschlosser Friedrich Fischer und Nadelmachermeister Ernst Legère je 36 Stimmen und zwar 22 Stimmen in der Neustadt und 14 Stimmen in der Altstadt, in der 2. Abteilung die Herren Lehrer Ernst Eidner und Prokurist Paul Fülle je 18 Stimmen (14 in der Altstadt, 4 in der Neustadt) und in der 3. Abteilung die Herren Fabrikbesitzer Carl Better, Fabrikbesitzer Max Zwingenberger je 35 und Bankvorstand Paul Beckert 34 Stimmen (29 bezw. 28 in der Altstadt, 6 in der Neustadt). Wir haben das Ergebnis durch Aushang an unserer Geschäftsstelle und Verteilung von Sonderblättern in den Gastwirtschaften noch am Sonnabend abend zur Kenntnis weiterer Kreise gebracht.

27. Januar 1918
Am Sarge der Frau verw. Säuberlich die im Anschlusse an die Stiftungen ihres Gatten weitere Mittel zur Schaffung unseres Stadtparkes bereitstellte und so eine Wohltäterin unseres Gemeinwesens wurde, ließ der Stadtrat einen Kranz mit Schleife niederlegen.

29. Januar 1918
Von schwerem Leiden durch den Tod erlöst wurde am Sonnabend ein langjähriger Vertreter der Bürgerschaft unserer Stadt. Herr Gärtnereibesitzer Theodor Wächter. Der Dahingeschiedene, der im 53. Lebensjahre stand, war, nachdem er bereits früher dem Kollegium angehört hatte, seit 1908 Stadtverordneter. Ehrlich und gerade Charakters ward seine Mitarbeit allenthalben hochgeschätzt, was auch seine Berufung in eine ganze Anzahl städtischer Ausschüsse beweist. Er gehörte neben der staatlichen Steuereinschätzungskommission auch dem städtischen Abschätzungsausschuß, ferner dem Rechts- und Verfassungs-, dem Schul-, dem Park-, und dem Einquartierungsausschuß an. Nun hat der Tod seinem rastlosen geschäftlichen Streben und seiner Betätigung zum Wohle unserer Stadt ein Ziel gesetzt.

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Dezember 1917

4. Dezember 1917
Der Turnverein von 1856 wählte in seiner am 1. Dezember stattgefundenen ordentlichen Generalversammlung als 2. Turnwart Herrn Alfred Knorr, als 2. Zeugenwart Herrn Emil Mothes, als 2. Bücherwart Herrn Willi Benker, als 2. Beisitzer die Herren Wilhelm Müller und Arno Werner. Man beschloß noch, keine öffentliche Weihnachtsaufführung abzuhalten, wohl aber am 1. Feiertag mit den Familien im Vereinszimmer zusammenzukommen. Die zur Verfügung stehenden wenigen Kräfte sollen besser zur weiteren Aufrechterhaltung des Turnbetriebes verwandt werden. Zur Kenntnis der Versammlung wurde gebracht, daß auf dem Turnplatz Obstbäume gepflanzt und Birken und ähnliche Hölzer, wo sie zwecklos waren, geschlagen worden sind.

16. Dezember 1917
Da das Neustädter Schützenhaus infolge Verkaufs an eine auswärtige Maschinenfabrik zu bestehen aufgehört hat, wird Herr Schmidt künftighin sein Unternehmen nicht mehr Schützenhaus Altstadt sondern einfach „Schützenhaus“ nennen. Schon in der heutigen Anzeige über die über die morgige Vorstellung der Standfest-Gesellschaft ist die neue Bezeichnung zu finden.

25. Dezember 1917
Nach einem reichgesegneten Leben starb am Sonntag abend einer der ältesten Einwohner unserer Stadt, der Sattlermeister Herr Julius Ernst Mayer. Geboren in einer Zeit, da es noch kein einiges „Deutsches Reich“ sondern nur einen „Deutschen Bund“ ohne Macht und Ansehen gab, durfte er Deutschlands Einigung, seinen Aufstieg und den Kampf um seine Weltstellung noch zu erleben, wenn es ihm auch nicht vergönnt war, den Frieden, dessen Morgenrot im Osten langsam aufzugehen beginnt noch in seiner vollen Wirklichkeit zu schauen. Für unsere Stadt aber war er der letzte noch lebende Gründer der Freiwilligen Feuerwehr, die er von kleinen Anfängen sich zu ihrer jetztigen Bedeutung entwickeln sah. Des bescheidenen Mannes, der bis in sein hohes Alter rüstig blieb, wird man in unserer Stadt stets ehrend gedenken.

28. Dezember 1917
Trotz der notwendigen Einschränkungen, die wir uns Alle auferlegen müssen, war auch in diesem Jahre die werktätige Menschenliebe bestrebt, den Aermsten unter uns den Weihnachtstisch zu decken und sie bei beschränktem Kerzenglanz mit kleinen Gaben zu erfreuen. In üblicher alljährlich an dieser Stelle geschilderten Weise standen in den letzten Tagen Bescherungen im Bürgerheim, im Waisenhaus, im Schubertstift und im Lutherstift statt, die alle von der Fürsorge zeugten, die sich der Hilfslosen und Bedrängten erbarmt. So wurde im Schubertstift 75 Kindern im Lutherstift 65 Knaben und Mädchen beschert. An ihnen Allen wurde wahr, daß die Liebe nimmer aufhört.

29. Dezember 1917
Herrn Fabrikant und Privatmann Carl Scheer, hier, Bahnstraße, sind durch Herrn Bürgermeister Dr. Patz im Beisein des Herrn Stadtrat Anger persönlich die Glückwünsche der Stadt anlässlich seines 50jährigen Bürgerjubiläums überbracht worden. Besondere Verdienste hat er sich als Vorsteher des Rosenvereins und langjähriges Mitglied des Erzgebirgsvereins erworben.

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November 1917

2. November 1917
Dem Bethlehemstifte im Hüttengrunde hat die im September in Reichenbrand verstorbene Frau verw. Scharf, geb. Schmieder im Gedächtnis an ihren Gatten, der ein großer Freund des Bethlehemstiftes war, 4000 Mark zu einer Liegehalle vermacht, die den Namen „Hermann und Agnes Scharf Liegehalle“ tragen soll. Damit wird ein großer Wunsch der Verwaltung des Stiftes erfüllt.

5. November 1917
Anläßlich der morgen Dienstag, den 6. November im Schützenhaus stattfindenden Wohltätigkeitsver
anstaltungen (bunter Abend) läßt die Betriebsdirektion der Ueberlandbahn einen Zug in der Richtung nach Oelsnitz verkehren, der den Personenbahnhof Hohenstein-Ernstthal pünktlich ¼ Stunde nach Schluß der Veranstaltung verläßt. Dadurch wird es auch den Bewohnern unserer Nachbarorte möglich sein, diese außergewöhnliche Veranstaltung zahlreich zu besuchen; ihr Reinertrag kommt, wie bekannt, dem „Heimatdank“ und dem österreichen Hilfsverein zugute.

8. November 1917
Es gibt keine Schwerarbeiterzulagen für geistige Arbeiter. Auch der Sächsische Lehrerverein ist, gleich anderen Vereinigungen, mit einem Gesuch wegen Gewährung von Schwerarbeiterzulagen an geistige Arbeiter vom Ministerium des Innern abschlägig beschieden worden.

13. November 1917
Vor Dieben ist dringend und allseits zu warnen. Wir leben in einer Zeit, die die Begriffe „Mein und Dein“ nicht mehr kennt oder nicht mehr kennen will. Täglich wissen die Zeitungen und die Polizeiberichte von den unglaublichsten Diebereien, von Einbrüchen und Eigentumsvergehen zu berichten. Auf sorgsamen Verschluss aller Behälter sei namentlich in den jetzigen finsteren Nächten und in den kommenden Weihnachtswochen aufmerksam gemacht.

17.November 1917
Für 30jährige treue Dienste bei der Firma F. Oskar Zwingenberger, hier, wurde deren ersten Buchhalter, Herrn Emil Wunderlich von der Handelskammer Chemnitz eine Ehrenurkunde verliehen.

17. November 1917
In der gestern Abend im „Berggasthaus“ abgehaltenen, nicht allzu zahlreich besuchten Mitgliederversammlung des Erzgebirgszweigvereins gedachte der Vorsitzende, Herr Stadtrat Ebersbach zunächst der kürzlich erfolgten Pflanzung der Hindenburg- und der Luthereiche und widmete sodann dem jüngst auf dem Felde der Ehre gefallenen erzgebirgischen Liedersänger Max Gaudlitz tiefempfundene Worte des Dankes für all die schönen Stunden, die er so vielen aus unserer Stadt durch seinen Gesang bereitet habe.

19. November 1917
Ein in einem hiesigen Gasthause beschäftigtes Dienstmädchen hat ihre letzte Dienstherrschaft in Stollberg kräftig bestohlen und eine größere Menge Bett- und Tischwäsche und dergl. mitgehen heißen. Die Diebin wurde hier ermittelt und ihr die Beute wieder abgenommen, die der Geschädigten zurückgegeben werden konnte.

24. November 1917
Herr Schmiedemeister Max Engelmann, hier, Moltkestraße, Unteroffizier und Fahnenschmied der Landwehr, wurde kürzlich zum Sergeant und Oberfahnenschmied befördert. Herr Engelmann ist im Besitze der Friedrich August Medaille in Silber und des Eisernen Kreuzes 2. Klasse.

26. November 1917
Der schwere Sturm des gestrigen Tages hat an Zäunen und Dächern, an Bäumen und in Gärten verschiedentlichen Schaden angerichtet, der sich zumeist in herabgerissenen Ziegeln und Schiefern, umgeworfenen Einfassungen, abgerissenen Ästen und ähnlichem äußerte. Zu den Wehen des Sturmes gesellte sich zumeist Regen und Schnee, die namentlich in den Mittagsstunden den Aufenthalt im Freien recht ungemütlich machten. Gegen Abend zu besserte sich das Wetter bei steigendem Luftdruck allmählich. Auf der Rückseite des Zyklons hat Schneewetter eingesetzt, das bei erheblichem Wärmerückgang heute Morgen die Fluren im weißen Gewande erscheinen ließ.

26. November 1917
Die Zweimarktstücke hören am 1. Januar 1918 auf, gesetzliches Zahlungsmittel zu sein. Von den öffentlichen Kassen werden sie jedoch noch bis Ende Juni 1918 in Zahlung genommen. Wer noch im Besitze von Zweimarktstücken ist, erledige sich ihrer also recht bald!

27. November 1917
Aus einem Merkblatte der Reichsstelle für Gemüse und Obst erfährt man die bis jetzt wohl kaum bekannte Tatsache, daß alle inländischen Zwiebeln für den Bedarf des Heeres und der Marine nötig sind, ebenso zunächst die vorhandenen ausländischen Zwiebeln; nur kleinere Mengen der Auslands-zwiebeln könnten der Verteilung zugeführt werden.

28. November 1917
Heute Morgen gegen 4 Uhr ertönte in der Neustadt Feueralarm. In dem Kesselhaus der Marmeladen-
fabrik des Herrn Paul Weichelt waren, zweifellos durch Selbstentzündung, Briketts und Kleidungsstücke in Brand geraten, der, durch den heftigen Wind angefacht, sich dem Dache mitteilte.

Durch sofortiges Hinzutun gelang es, das Feuer noch im Keime zu ersticken, sodass die Feuerwehr nicht zum Eingreifen kam. Der angerichtete Schaden ist nur geringfügig.

29. November 1917
Unser Jugendheim, das im Gemeindehaus am Neumarkt untergebracht ist, erfreut sich seit der Wiedereröffnung erfreulicherweise recht regen Besuches der jungen Leute. Besonders scheint dazu beizutragen, daß wöchentlich nur ein Abend dazu verwendet wird und daß jeder Abend anderen Charakter trägt. Auf diese Weise bilden sich feste Besuchergruppen, deren einzelne mehr nach der oder jener Art der geistigen Nahrung neigt. Bürger, die Interesse an der Jugendbewegung haben, sind als Gäste sehr willkommen. Das Heim ist jeden Donnerstag von 8 bis 10 Uhr geöffnet.

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Oktober 1917

5. Oktober 1917
Die Spitzbuben gehen jetzt auch am hellen Tage mit ziemlicher Frechheit zu Werke. Heute ward abermals eine Diebstahlgesellschaft – eine ältere Frau mit zwei Enkelkindern – erwischt, die mit einem Zentner erbeuteter Kartoffeln heimwärts pilgerte. Die Kartoffeln wurden beschlagnahmt. Falls der Bestohlene – es kommt ein Feld auf nördlicher Flur in Frage – Strafantrag stellt, muß auch Bestrafung der Täter erfolgen.

7. Oktober 1917
Ein gefährlicher Brand entstand heute vormittag gegen ¼ 12 Uhr im Anwesen des Herrn Viehhändler Julius Kiesow an der Badstraße. Beim Ausräuchern eines Stalles fing durch einen unglücklichen Zufall das in einem angebauten Schuppen lagernde Stroh Feuer und fast im Nu stand das ganze Lager in Flammen. Der Besitzer ist um so schwerer geschädigt, als er unter den gegenwärtigen Verhältnissen wohl kaum Ersatz finden wird für die vernichteten 80 Zentner Stroh, das bekanntlich für Heereszwecke beschlagnahmt ist. Ein großes Glück war es, daß eine Anzahl Mitglieder unserer Wehr bereits 5 Minuten nach der Feuermeldung an Ort und Stelle sein und den Flammen kräftig Einhalt tun konnte, sowie das zu dieser Zeit sich das Zuchtvieh auf der Weide befand.

16. Oktober 1917
Ein neues größeres Unternehmen wird, wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren, sich demnächst hier ansässig machen. Dadurch wird einem Teil der Arbeiterschaft, der gegenwärtig im nahen Chemnitz dem Verdienst nachzugehen gezwungen ist, Gelegenheit geboten, am Wohnorte bleiben und schaffen zu können. Am heutigen Montag ging das gesamte Neustädter Schützenhausgrundstück, das zu einem Teil Herrn Brauereibesitzer Heilmann, zum anderen der Neustädter Schützengesellschaft gehörte, in den Besitz der Firma Röber, Maschinenfabrik Chemnitz, Palmenstraße, über. Die Firma fertigt in der Hauptsache Drehbänke, Fräs- und Hobelmaschinen an und hat in Chemnitz keine Gelegenheit, den Betrieb zu erweitern, das soll nun zunächst hier geschehen; nach dem Kriege wird der gesamt Betrieb nach hier übersiedeln und hier auch eine Eisengießerei errichtet werden. Das Grundstück eignet sich seiner ganzen Beschaffenheit nach vorzüglich für solch eine Anlage; es hat eine Größe von insgesamt 20.000 Quadratmetern, einschließlich des 3350 Quadratmeter großen, jetzt zugeschütteten früheren Zechenteiches, der bisher Herrn Stadtrat Layritz gehörte. Das Grundstückseigentum der Schützengesellschaft umfasst gegen 7520 Quadratmeter; auf ihm befindet sich das Schießhaus und der Schießstand. Auch die nach Norden gelegene Obstanpflanzung am Fuchsgraben gehörte ihr. Den ganzen Platz schenkte das Gräfisch Schönburgische Haus der Gesellschaft gelegentlich ihrer Gründung im Jahre 1740. Durch Ankauf eines Feldes von einem Oberlungwitzer Besitzer wurde er noch vergrößert. Die Gesellschaft die gegenwärtig 65 Mitglieder zählt, von denen 18 im Heeresdienst stehen, wird sich nun nach einem neuem Heim umsehen müssen, nachdem sie sich 177 Jahre lang an der jedem Schützen lieb gewordenen Stätte wohlgefühlt hat. Dem neuen Unternehmen wünschen wir, daß es sich in für unsere Stadt segensreicher Weise entwickeln mögen.

26. Oktober 1917
Zur dankbaren Erinnerung an unseren Dr. Martin Luther soll jetzt am Reformationsjubiläumstage nachmittags 3 Uhr auf dem Pfaffenberge, nordöstlich des Berggasthauses nun auch eine Luther-Eiche gepflanzt werden. Herr Pastor Gerstmayr hat sich bereitfinden lassen, die Festrede zu halten. Zu reger Beteiligung werden Einladungen an alle Behörden, die hiesigen Vereine mit ihren Fahnen, die sämtlichen Schulen mit den drei Oberklassen, sowie an die gesamte Einwohnerschaft durch die Tageszeitungen noch ergehen.

Seine Nachlässigkeit hat der Besitzer eines Grünwarengeschäfts in der Breiten Straße schwer büßen müssen. Statt die Tageskasse nach Geschäftsschluss sicher zu verwahren, beließ er sie im Laden. Ein Einbrecher verschaffte sich durchs Fenster von einem Nebenraume aus Eingang zum Verkaufsraum und dort fiel ihm die Ladenkasse mit etwa 100 Mk. Inhalt in die Hände. Ob der Geschädigte je etwas wiedersehen wird, ist sehr fraglich, denn bis jetzt hat man von dem Täter noch keine Spur.

27. Oktober 1917
Am Montag hat die letzte Schar dieses Jahres das Bethlehemstift im Hüttengrund verlassen. Im Frühjahr schien es der Ernährungsschwierigkeiten wegen nicht möglich, die Pflege wie sonst aufzunehmen. Mit schwerem Herzen wurde den vielen angemeldeten Kindern eine Absage geschickt. Da kam die große Bewegung „Stadtkinder aufs Land“, die ganz Deutschland ergriff, und das Stift erhielt von oben einen Wink, seine Türen doch noch aufzutun, die Regierung wolle die Lebensmittel sicherstellen. Wäre es denn nicht auch unnatürlich gewesen´, eine für solche Zweck gut eingerichtete Anstalt in der Nähe geschlossen zu halten und die Kinder in die Ferne zu beliebigen Leuten zu geben? Nun strömten aber die Kinder nur so heran. In 5 Abteilungen sind 1003 aus dem ganzen Lande im Stift gewesen. Besonders den ersten Scharen merkte man die durch den Krieg veranlassten Entbehrungen stark an, und vier Wochen brachten weniger Zunahme an Gewicht, als sonst wohl. Aber die späteren Abteilungen haben sehr gut zugenommen, 8 und selbst 10 Pfund sind keine Seltenheit. Wie wohl sich die Kinder befanden, konnte man an ihrem Frohsinn und ihrer Ausgelassenheit merken. Auch ihre ganze Haltung war besser denn sonst, es gab fast keinen Ärger mit ihrem Betragen. Das günstige Wetter mit dem vielen schönen Sonnenscheine trug sehr zum Wohlbehagen bei. Noch nie gab es so wenig Krankheit, als diesmal. Die reichliche Verpflegung kam zum ganz überwiegenden Teile von auswärts, die Milch z.B. über Chemnitz von weither. Trotzdem machte es viel Mühe, das Nötige zu schaffen, und die Preise waren hoch. Mit innigem Dank gegen Gott konnte die Arbeit geschlossen werden.

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August 1917

1. August 1917
Vom 15. August ab wird die Angabe von Name, Wohnort und Wohnung auf den Gebäckstücken, die der Reisende der Bahn übergibt, zur allgemeinen Pflicht gemacht. Jedes Gepäckstück muß die genaue und dauerhaft befestigte Adresse des Reisenden, also Name, Wohnort und Wohnung tragen. Ebenso muß der Name der Aufgabe und Bestimmungsstation angegeben sein. Nicht derartig gekennzeich- netes Gepäck kann zurückgewiesen werden.

2. August 1917
Am 1. August 1916 wurde der Bezugsschein für Wäsche und Kleidung eingeführt. Während in der ersten Zeit die Ausstellung von Bezugsscheinen ziemlich frei war und sich nur auf Wäsche und Kleidungsstücke innerhalb gewisser Preisgrenzen erstreckte ist mit zunehmender Kriegsdauer die Bezugsscheinplicht weiter ausgedehnt worden. Vom 31. Oktober ab fiel die Preisgrenze für bezugsscheinfreie Kleidungsstücke, es wurden Abgabebescheinigungen für getragene Kleidung und Einkaufsbücher eingeführt. Am 27. Dezember wurde die Bezugsscheinpflicht auf Schuhe ausgedehnt und mit dem gleichen Tage begann auch die Bewirtschaftung von getragenen Kleidern und Schuhen durch die Kommunalverbände.

2. August 1917
Die erste Kohlenknappheit zwingt auch die Eisenbahnverwaltung zur äußersten Einschränkung des Verbrauchs. Daher müssen die Plätze der Personenzüge äußerst ausgenutzt werden. Reisende, die auch auf Stehplätzen nicht untergebracht werden können, oder nicht damit vorlieb nehmen, müssen zurückbleiben. Bei übergroßen Andrang ist der Fahrkartenverkauf einzustellen. Reisende, die sich bei dieser Reglung nicht beruhigen, sind darauf hinzuweisen, daß Beschwerden hiergegen zwecklos sind.

6. August 1917
Zum Aufkäufer von Obst ist für den hiesigen Bezirk Herr Gastwirt Oswald Anke, Dresdner Straße 123 Gasthaus Zeche bestimmt worden. Zum Bezirk gehören außer der Stadt: Langenberg, Kuhschnappel, Meinsdorf, Tirschheim, Oberlungwitz, Gersdorf und Hermsdorf. Sämtliches in diesen Gemeinden verkäufliche Obst soll dem Aufkäufer angeboten werden.

8. August 1917
Felddiebstähle nehmen sein Ende. So wurden in letzter Nacht von dem Grundstück eines hiesigen Fabrikbesitzers im Hüttengrund sowohl wie von einem Felde in der Gegend des Mineralbades je ein
Zentner Frühkartoffeln entwendet.

9. August 1917
Ein Einbruch wurde letzte Nacht im Grundstück des Landwirts Paulus Bauer in der Hüttengrundstraße verübt. Zugang erhielt der Verbrecher mittels Einsteigens durch ein offen stehendes Fenster. Ihm fielen ein größerer Geldbetrag, eine Zylinderuhr mit Kette und die der Familie zustehende Menge an Margarine, die gestern erst gekauft worden war, in die Hände.

13. August 1917
Vorige Woche wurde eine der beiden großen Linden auf der Lutherhöhe, die vor kurzem durch den starken Sturm schwer beschädigt und zum Teil gespalten wurde, vollends gefällt. Damit ist leider ein Zeuge alter Zeit, der auch das Landschaftsbild unserer Gegend verschönte, verschwunden. Diese beiden Linden befanden sich auf dem „Gemeinfeld“ (ehemaliges Schießangergrundstück) und wurden zum Andenken an den „Gesundborn“ im Mineralbad auf Befehl der damaligen Obrigkeit im Jahre 1766 von den Jungbürgern Hohensteins dorthin verpflanzt. In der Nähe dieser Linden wurden im Jahre 1813 auch drei Franzosen begraben.

15. August 1917
Der zweite Geistliche der St. Trinitatiskirchgemeinde, Herr Pastor Boeßneck, wird uns in Bälde verlassen. Er wurde einstimmig zum Pfarrer von Röderau bei Riesa gewählt.

20. August 1917
Das Schauturnen mit vorangehender Jubilarfeier des Turnvereins von 1856 konnte in befriedigender Weise vor sich gehen, kann sogar als recht gut gelungen bezeichnet werden, wenn man die ungünstigen Zeitverhältnisse in Betracht zieht. Am Vorabend fand sich Alt und Jung im Vereinszimmer zusammen, um in einfacher Weise die Ernennung der Mitglieder, die dem Verein mit heuer 25 Jahre zugehören, zu Ehrenmitgliedern zu feiern.

25. August 1917
Portoschinder seien auf eine Bestimmung aufmerksam gemacht, die wohl noch wenig bekannt ist. Drei Mark Strafe kostet es dem zur Absendung einer Feldpostkarte Berechtigten, wenn außer ihm noch eine Zivilperson einen Zusatz macht. Der Empfänger darf zwar vom Inhalt der Karte Kenntnis nehmen, aber dann geht sie an den Absender zurück, der um 3 Mark erleichtert wird.

27. August 1917
Von der Neustädter Schule wird uns geschrieben: Die Mittel für Speisung armer und kränklicher Schulkinder gehen zu Ende. Außer einer wöchentlichen Spende von neun Mark sind der Kasse seit langer Zeit keine Mittel zugeflossen. Deshalb ergeht an alle, die helfen können und wollen, die herzliche Bitte, durch reichliche Gaben die Beibehaltung der wohltätigen Einrichtung zu sichern.

29. August 1917
Die Erhöhung des Höchstpreises für Einfachbier bildet den Gegenstand eingehender Beratungen im Kriegsernährungsamt, und die Neureglung dürfte bereits in den nächsten Tagen zu erwarten sein. Der deutsche Bauernbund hat kürzlich eine erneute Eingabe an das Kriegsernährungsamt gerichtet mit der Begründung, daß die in Aussicht genommene Preiserhöhung von 23 Mark nicht als ausreichend erscheint und der Preis von 25 Mark für das Hektoliter festzuhalten sei.

31. August 1917
Gestern Freitag nachmittag 4 Uhr hielt unter Glockengeläut unser neuer Pfarrer, Herr Pastor Schreyer aus Erfenschlag mit Familie seinen Einzug in Wüstenbrand. Er wurde an der Pfarre von den Mitgliedern des Kirchenvorstandes unter Führung des Herrn Pfarrer Hartung aus Mittelbach und den oberen Klassen der Schule unter Führung des Herrn Kantor Stadelmann empfangen.

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Juli 1917

1. Juli 1917
Einen verwegenen Diebstahl führte ein neunjähriger Junge aus der von der elterlichen Wohnung aus über das Dach des Hauses hinweg einem Nachbarhaus einen Besuch abstattete, aus der Wohnung einer Kriegesfrau außer Nahrungsmitteln drei Kisten Zigarren zu je 50 Stück stahl und die Beute daheim versteckte. Die Polizei konnte den größten Teil des Gestohlenen wieder herbeischaffen und der Frau zurückgeben.

Im Badteich versuchte sich gestern eine hier auf der Schubertstraße wohnhafte Frau zu ertränken. Eine andere Frau, die zufällig des Weges kam, verhinderte sie an ihrem Vorhaben.

5. Juli 1917
Der unerbitterliche Tod hat dem Leben eines Mannes ein frühes Ziel gesetzt, der zu weiten Kreisen unserer Einwohnerschaft in den engsten Beziehungen stand: Gerhard Neumann ist einem tückischen Leiden, das ihm viele Qualen brachte, erlegen. Vornehmlich in Sängerkreisen hatte sein Name einen guten Klang und wird ihn auch fürderhin haben; welche Förderung der deutsche Männergesang durch ihn erfahren hat, das wissen die Angehörigen der von ihm geleiteten Vereine – Arion, Bäckermeister-Gesangsverein und Sängerabteilung des Turnerbundes – rücksichtslos zu würdigen. Den Schmerz über seinen Verlust empfinden sie alle gleich schwer.

13. Juli 1917
Eine Zeit traurigen Gedenkens ruft der gegenwärtige Monat in der Erinnerung wach. Am 23. Juli vollenden sich 30 Jahre, daß unsere ehemalige Stadt Hohenstein von einem größeren Schadenfeuer heimgesucht wurde. An diesem Tage früh gegen 3 Uhr brach in einer der an der ehemaligen Lichtensteiner (Jetzt Bismarck-) Straße gelegenen 4 Scheunen ein Feuer aus, das die Scheunen schnell einäscherte. Durch die Glut der Flammen gerieten auch die gegenüberliegenden Häuser in Brand und binnen kurzer Zeit waren fast gleichzeitig das Haselhunsche (die jetzige Schrapsche Fabrik) und Bauersche Restaurant, sowie das Lohsesche Haus vollständig niedergebrannt. Um dem Feuer Einhalt zu tun, mußten das Haus des Kürschnermeisters Dietrich und des Nähmaschinenhändlers Roscher, sowie die Feigsche Scheune niedergerissen werden. Obdachlos wurden damals 12 Familien mit 43 Köpfen. Die Löscharbeiten wurden durch umfangreiche Erdarbeiten an dieser Straße erschwert. Das Feuer war angelegt worden, doch konnte der Brandstifter nicht überführt werden.

25. Juli 1917
Bisher haben wir hierorts noch nie Gelegenheit gehabt, eine Fliegerlandung zu beobachten. Kein Wunder darum, daß eine solche die Menschen in Scharren anlockt. In der zehnten Vormittagsstunde ertönte über der Stadt auffällig lautes Geräusch, das plötzlich fast ganz verstummte: ein tiefgehender Flieger senkte sich mehr und mehr und endete seinen Gleitflug auf der Kleindienstlichen Wiese neben der Scheune an der Straße nach Langenberg. Bei der Landung widerfuhr dem Flugzeug das Mißgeschick, das beim Ueberfahren einer Bodenvertiefung die linke hintere Tragfläche derart beschädigt wurde, daß sie Herrn Schloßermeister Lange zur Wiederherstellung in Arbeit gegeben werden musste, der den Schaden in kurzer Zeit vollständig heilte. Es handelt sich um das Flugzeug Nr. 46 der Fliegerschule (Herzog Carl Eduard Schule) zu Gotha, das dort heute früh bei klarem Wetter mit dem Ziel Chemnitz aufgestiegen war. Es hatte 8000 Meter Höhe erreicht und kam hier in eine dicke Wolkenschicht, was zur Folge hatte, daß der Flugschüler sein Ziel verfehlte. Um sich in der Gegend zurecht zufinden, stellte er den Motor ab und ging 2 ½ Minuten auf 400 Meter herab, um dann den Gleitflug über unserer Stadt auszuführen. Kurt nach ¾ 1 Uhr war das Flugzeug wieder instandgesetzt und wandte sich seinem Ziele zu, das es hoffentlich wohlbehalten erreicht hat.

27. Juli 1917
Einen schweren Unfall erlitt gestern nachmittag ein Radfahrer, der leichtsinnigerweise den Altmarkt heruntergefahren kam, dabei die Gewalt über sein Rad verlor und in ein Schaufenster des Emil Beckschen Geschäfts fuhr, das zertrümmert wurde. Der Radfahrer erlitt beträchtliche Verletzungen.

28. Juli 1917
Wie uns vom Rathaus mitgeteilt wird, hat der Wirt des Gasthofes „Zu den drei Schwanen“ infolge verletzender Artikel der „Volksstimme“ die Weiterführung der von ihm übernommenen Volksküche über den 28. Juli hinaus abgelehnt. Es kann infolgedessen vom 30. Juli ab nur noch in der Neustädter Volksküche und anstatt, wie bisher, für 800 Personen nur noch für 500 Personen täglich gekocht werden. Der Markenverkauf für die bestehen bleibende Volksküche in der Neustädter Schule findet wie üblich im Stadthause statt.

29. Juli 1917
Trotz des Krieges herrscht im Bethlehemstift im Hüttengrund reges Leben. Im Laufe dieser Woche trafen dort wieder 200 Kinder zu vierwöchigem Erholungsaufenthalt ein. Die Ernährung der Kleinen, die vorwiegend aus der Chemnitzer Gegend stammen, ist sichergestellt. Auch bei Herrn Gutsbesitzer Oehmichen im Hüttengrund sind Kinder zur Erholung untergebracht, darunter solche aus Dresden.

31. Juli 1917
Ein wahrscheinlich grundloses Geschwätz, verursacht durch einige Frauen, macht gegenwärtig wieder einmal die Runde durch unsere Stadt. Man wollte an den Eisenhöhlen im fürstlichen Walde einen russischen Flüchtling gesehen haben. Daraufhin ließen die Behörden eine teilweise Durchsuchung des Waldgeländes vornehmen, jedoch ohne Erfolg

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Mai 1917

5. Mai 1917
Einen sehr empfindlichen Verlust erlitt ein hiesiger Einwohner, der auf der Lutherstraße einen Beutel mit 111 Mark – einen 50 Mark Schein und kleineres Papiergeld – verlor. Eine Frau beobachtete, wie ein Schnürsenkelhändler den Fund aufhob. Den Mann hat man aber bisher nicht ermitteln können; er ist etwa 40-50 Jahre alt, von hagerer, mittelgroßer Gestalt, trägt braunes Jackett, schwarzgestreifte Hose, weichen braunen Filzhut und führt eine schwarze Wachstuchtasche mit Waren mit sich. Wer nähere Angaben über den Händler machen kann, wolle diese der Polizei mitteilen.

10. Mai 1917
Die hiesige Sitzung der Stadtverordneten währte in ihrem öffentlichen Teile nur eine halbe Stunde. U.a. wurde ein Berechnungsgeld in Höhe von 1000 Mark für die Heranschaffung von Butter erbeten und bewilligt, ebenso ein Berechnungsgeld von 7000 Mark für einen zweiten Posten Heeresnäharbeit.Die hiesigen Herren Ärzte teilten mit, daß ihnen die Verhältnisse nicht mehr gestatten, der Stadt einen Nachlaß von 20 v.H. für die Behandlung der Kriegerangehörigen und Arbeitslosen zu gewähren; man willigte darein, künftig diese Forderungen voll zu bezahlen.

17. Mai 1917
Unter den Gastwirtschaften unserer Stadt nimmt das „Logenhaus“ mit seinem prachtvollen Konzertgarten unstreitig den ersten Rang ein, und von weit und breit stellen sich die Besucher ein. Guten Zuspruch erfreut sich auch „U-Kaffee“. Die Bewirtung entspricht allen seitens der Gäste geäußerten Wünsche.

20. Mai 1917
Einbrecher sind in den letzten Tagen und Nächten mehrfach hierorts tätig gewesen. Hausbesitzer möchten deshalb, um sich und ihre Mieter vor größerem Schaden zu bewahren, erhöhte Vorsicht walten lassen und die Türen so sichern, daß sie unberufenem Einwirken Widerstand zu leisten vermögen. In der Nacht zum Freitag hat ein Einbrecher in der Teigwarenfabrik von Wüstner arg gehaust. Mit einer Radehacke wuchtete er eine Tür auf und zertrümmerte dann ein Doppelfenster, umso Eingang zum viertel Zentner Weizenmehl in die Hände fielen. Dann hob er ein Kellerfenster aus, stieg auf einer Leiter hinunter, wuchtete die Beschläge der der Kellertür ab und gelangte in die Hausflur, von wo er eine versandfertige Kiste mit einem halben Zentner Nudeln mitnahm. Die Spuren, die durch den Lieberknechtschen Garten führen, weisen auf die Benutzung eines Handwagens hin. Weiterhin gelang es einem Diebe, jedenfalls nach Einschleichen in das Haus an der Conrad-Clauß-Straße, Zugang zum keller zu erhalten, an dessen Tür der Schlüssel steckte. Er durchsuchte vier verschiedenen Abteilungennach Lebensmitteln, fand aber nur ein halbes Stückchen Butte, das er mitnahm. In einem dritten Falle führten Spuren eines Diebes durch ein Gartengrundstück in derselben Gegend. Hier hatte es der Spitzbubejedenfalls auf Hühner abgesehen. Entweder ist er in seinem Vorhaben gestört oder der Beschluß des Stalles hat seine Bemühungen, sich Zugang zu verschaffen, widerstanden.

24. Mai. 1917
Herrn Emil Kiesewetter und Herrn Otto Zapf, Strumpfwirker bei der Firma Börner, hier, wurde heute vormittag 11 Uhr durch Herrn Bürgermeister Dr. Patz im Beisein des Firmeninhabers Herrn Stadtrat Börner die städtische Ehrenurkunde für 25jährige Treue verliehen.

Wie erst jetzt bekannt wird, machte sich vor einigen Tagen hier eine Windhose bemerkbar. Sie hob in der am Poetenweg liegenden Gärtnerei des Herrn Oberlehrer Sebastian das Dach des Gewächshauses in die Höhe, wodurch eine größere Anzahl Glasscheiben zerschlagen und wertvolle Pflanzen beschädigt wurden.

25. Mai 1917
Eine seltene Auszeichnung, wie sie unseres Wissens hierorts zum erstenmal zu verzeichnen ist, wurde Herrn Ernst Opitz, Sohn des Herrn Buchhändler Opitz hier, zuteil. Ihm ging folgende Urkunde, vom König vollzogen, zu: „Wir Friedrich August sprechen dem Vizefeldwebel im Infanterie-Regiment Nr. 181 für die im Weltkrieg vor dem Feinde geleisteten guten Dienst besondere Anerkennung aus. Dresden, am 2. Mai 1917. Friedrich August, Viktor v. Wilsdorf.- Wir übermitteln dem Braven, dem dieser Beweis königlicher Huld ein neuer Ansporn zu weiterer ehrenhafter Bestätigung sein wird, unsere besten Wünsche.

30. Mai 1917
Ueber eine in der Altstadt wohnende Familie ist jetzt schweres Herzeleid gekommen. Die noch junge Ehefrau eines im Felde stehenden Wirkers unternahm in den letzten Tagen zweimal einen Selbstmordversuch. Erst atmete sie Leuchtgas ein, konnte aber durch sofortige Hilfsmittel zurück ins Leben gerufen werden, dann versuchte sie sich die Pulsader zu öffnen; das rechtzeitige Hinzukommen ihrer Mutter vereitelte ihr Vorhaben. Die Bedauernswerte unternahm diese Schritte aus Schwermut und in einem Anlasse von Nervenleiden. Am zweiten Feiertage geriet nun die Bedauernswerte wieder in Raserei und bedrohte ihre Angehörigen, sodaß man sie sofort ins hiesige Krankenhaus überführen musste.

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