Februar 1915

3. Februar 1915
Als Vorsteher unseres Kaiserlichen Postamtes wurde Herr Polizeidirektor Michael vom Postamt Leipzig 8 nach hier versetzt und hat heute sein neues Amt übernommen. Herr Postdirektor Michael ist der neunte Vorsteher, seit unsere Post zum Postamt 1. Klasse erhoben wurde. Nachdem die frühere Postmeisterei*1 im Kunze-Gut in der Poststraße (jetzige Bismarckstraße*2) und im Vetterschen Hause am Altmarkt ihre Diensträume lange Jahre hindurch innegehabt hatte, siedelte Mitte der 60er Jahre die „alte sächsische Post“ unter Postmeister Schulze ins Bahnhofsgebäude über. Als die Staatseisenbahnverwaltung die Räume im Bahnhofsgebäude selbst benötigte und der sich steigernde postalische Verkehr von selbst und ein eigenes Heim erforderte, ging man 1886 an die Errichtung des Postgebäudes in der Schubertstraße, das im Oktober 1887 bezogen werden konnte. Ursprünglich sollte das Postgebäude in dem Baumgärtelschen Grundstück da, wo das alte „Trockenhaus“ stand, seinen Platz finden. Die Verhandlungen mit dem damaligen Besitzer führten zu keinem Ergebnis und so übernahm eine Gesellschaft den Postneubau auf eigene Rechnung, nachdem die Platzfrage eine befriedigende Lösung gefunden hatte. Seit dem Jahre 1901 ist das Postgebäude vom Reiche übernommen worden. Die Posthalterei besteht seit 1887, die Herr Gotthilf Richter übernahm, später von Herrn Paul Männel und jetzt durch Wilhelm Piper ausgeübt wird. Dem Postamt im Bahnhofsgebäude standen vor die Direktoren Ruppel (†) und Buchheim (†). Diesen folgten im Postamt auf der Schubertstraße die Direktoren Reichert (†), Rabis (†), Knoblauch (†), Rascher (†), Kießig (†), Seidel (†) und der nunmehrige Vorsteher Herr Polizeidirektor Michael, den unsere besten Wünsche in seinen neuen Wirkungskreis begleiten.

11. Februar 1915
Einem gesegneten Lebenslauf hat der Altbezwinger Tod abermals seinen Abschluß gegeben: gestern starb der älteste Einwohner unserer Neustadt, Herr Ernst Ferdinand Koch, im Alter von 88 Jahren. Mit ihm ist ein schlichter, ruhiger Mann dahingegangen, dem das Wohl der Vaterstadt wie des Vaterlandes stets am Herzen gelegen hat. Als eifriger Anhänger und Verfechter Jahnscher Ideen erlebte auch er die unruhigen Tage des Jahres 1848 mit und half die deutsche Turnerschaft eifrig mit fördern. Ersprießlich war er eine lange Reihe von Jahren im Vorstand der hiesigen Weber-Innung tätig und das Vertrauen seiner Mitbürger berief ihn in die Bürgervertretung der damaligen Stadt Ernstthal; er übte dieses Amt auf die Dauer mehrere Wahlzeiten aus. Nun ruht er aus von einem langen und gesegneten Leben. Ein ehrendes Gedenken wird ihm sicher sein.

16. Februar 1915
Mit allerhöchster Genehmigung Sr. Majestät des Königs hat das Königliche Ministerium des Innern Herrn Privatmann Friedensrichter Bohne hier anlässlich seines Ende 1914 erfolgten Ausscheidens aus dem Ratskollegiums in Anerkennung seines langjährigen verdienstvollen Wirkens für die Stadt Hohenstein-Ernstthal den Titel „Stadtrat“ verliehen. Am vergangen Sonnabend fanden sich Herr Stadtrat Layritz in der Wohnung des Herrn Bohne ein. Herr Stadtrat Anger als stellv. Bürgermeister und Herr Stadtrat Layritz in der Wohnung des Herrn Bohne die ihm gewordene Auszeichnung und brachte ihm die herzlichen Glückwünsche des Stadtrates dar.

21. Februar 1915
Ein nachahmenswertes Beispiel von Nächstenliebe gab die Arbeiterschaft der Firma C. F. Jäckel (Inh. Herr Georg Layritz) hier. Die Arbeiterschaft dieser Webfirma hielt fast jedes Jahr aus den Erträgnissen der Strafgeldkasse ein kleines Vergnügen ab. Mit Rücksicht auf die ernste Zeit wurde dieses Jahr jedoch davon abgesehen und beschlossen, von diesem Gelde jedem im Felde stehenden Mitarbeiter vorläufig ein Liebesgabenpaket im Werte von 2 Mk. zu senden und den Angehörigen zweier im Kriege gefallener verheirateter Mitarbeiter ein annehmliches Geldgeschenk zu überweisen.

28. Februar 1915
Am 26. Februar feierten Herr privatis. Photograph Friedrich Lasch und Frau das seltene Fest der goldenen Hochzeit. Das Jubelpaar, welches diesen Ehrentag noch in voller Rüstigkeit im Kreise reichlich erschienener Familienmitglieder begehen konnte, wurde von Herrn Pfarrer Albrecht im Hause eingesegnet und es wurde ihm von diesem eine Prachtbibel überreicht. Reichliche Blumenspenden sowie sonstige Aufmerksamkeiten von nah und fern wurden dem Jubelpaar zuweil.

Veröffentlicht unter 1915 | Kommentare deaktiviert für Februar 1915

Januar 1915

1. Januar 1915
Am kommenden Sonnabend, den 2. Januar, begeht die hiesige Firma Robert Meisch das fünfzigjährige Jubiläum ihres Bestehens. Aus kleinen Anfängen heraus hat sich die Firma, die jetzt in den Händen des Sohnes des Gründers Herrn Ernst Meisch ist, zu einer der größten und hervorragendsten Trikotagenfabriken unserer Stadt und Gegend entwickelt, die Hunderten von Arbeitern Brot gibt und deren Erzeugnisse in alle Welt gehen. Der Gründer der Firma, der erst vor wenigen Jahren hier gestorben ist, stammte aus Nordhausen und fabrizierte zunächst in dem Hause des Fleischers Herrn Schönland, später im Hause der Firma F. L. Peschel und schließlich im Grundstücke des Herrn Emil Beck sog. Apoldaer Waren, Seelenwärmer, Häubchen usw., bis er sich der Herstellung von Trikotagen, Hosen, Jacken usw. zuwendete. Zugleich hatte Herr Robert Meisch den großen Neubau an der Weinkellerstraße errichtet, in welchem die Firma nun am Sonnabend ihr Jubiläum und die zahlreichen geschäftlichen und persönlichen Freunde, welche die Firma und ihr Inhaber in reichem Maße sich erworben haben, freudigen Anteil nehmen. Gerade in den jetzigen Zeitläufen haben die Erzeugnisse der Jubelfirma so manchen Krieger in Ost und West vor Kälte und Weh bewahrt. Hoffen und wünschen wir, daß das Ansehen der Firma, dessen diese sich im In- und Auslande erfreut, ein immer größeres werden möge, daß der Betrieb sich in immer steigendem Maße auswachse. In diesem Sinne statten auch wir Herrn Ernst Meisch unsere herzlichen Glückwünsche ab.

6. Januar 1915
Auf eine 20jährige Tätigkeit als Lokalrichter kann am heutigen Tage Herr Louis Dähne, ein in allen Kreisen unserer Stadt bekannter und allgemein geachteter Mann, zurückblicken. Heute vor 20 Jahren erfolgte auf dem hiesigen Amtsgericht seine Vereidigung für ein Amt, das Herr Dähne hoffentlich noch recht lange auszuüben sich erfreuen kann.

9. Januar 1915
Heute vormittag 10 Uhr fand im Sitzungssaale des Rathauses die feierliche Verpflichtung und Einweisung des zum Ratsmitgliede gewählten Herrn Fabrikbesitzer Kurt Zwingenberger statt. Sie wurde vorgenommen durch Herrn Stadtrat Anger in Vertretung des heute früh zum Kriegsdienst eingetroffenen Herrn Bürgermeister Dr. Patz. Es hatten sich Herren vom Rats- sowie vom Stadtverordnetenkollegium dazu eingefunden. Der Herr Vorsitzende widmete zunächst dem Wirken des wegen Krankheit ausgeschiedenen Herrn Stadtrat Friedensrichter Bohne ehrenvolle Worte der Anerkennung und des Dankes und gab hier auf der Genugtuung über den Ausfall der Ersatzwahl für die Jahre 1915 bis 1919 und der Freude über deren Annahme durch Herrn Zwingenberger Ausdruck. Es erfolgte sodann die eidliche Verpflichtung des neuen Ratsmitgliedes nach deren Beendigung dieses von Herrn Stadtrat Anger namens des Rats-Kollegiums herzlich willkommen geheißen wurde mit dem Wunsche, daß seiner Mitarbeit Glück und Segen beschieden sein möchte. Im Namen des Stadtverordneten-Kollegiums dankte Herr Vorsteher Lohse Herrn Zwingenberger für die Annahme der Wahl und versicherte ihn des Vertrauens dieser Körperschaft unter herzlichen Glückwünschen. Herr Stadtrat Zwingenberger dankte für die Glückwünsche und das durch seine Berufung in den Rat ihm erwiesene Vertrauen und gelobte Treue und Fleiß im Dienste seiner Vaterstadt. Mit einer Beglückwünschung seitens der übrigen Anwesenden endete der feierliche Akt.

16. Januar 1915
Ein in allen Kreisen unserer Bürgerschaft gleich gut bekannter und geachteter Mann, Herr Stadtrat William Zeißig, hat, was allen unerwartet kam, das Zeitliche gesegnet. Noch am Mittwoch abend bewegte er sich wohlgemut im Kreise lieber Bekannter in einem hiesigen Verein, und am nächsten Morgen machte ein Gehirnschlag seinem ersprießlichen Leben ein schnelles Ende. Gott hatte ihm ein selten langes Leben geschenkt – 82 Jahre, von denen er eine lange Reihe dem städtischen Gemeindewohl widmete. Zunächst betraute ihn das Vertrauen der Bürgschaft mit dem Amt eines Stadtverordneten, und dann berief man ihn im Jahre 1868 zum Mitglied des Rates, dem er bis 1908 – also 40 Jahre lang angehörte; in diesem Jahre schied Herr Zeißig altershalber vorzeitig aus dem Amte. Seit 1874 war der Verstorbene Stellvertreter des Bürgermeisters. Nach 25jähriger Tätigkeit im Rate ward ihm das Ritterkreuz 2. Kl. Des Albrechtordens verliehen und ihm gleichzeitig die Ehrenbürgerschaft zuerkannt. Bei seinem 30jährigen Stadtrats-Jubiläum ehrte die Stadt sein Wirken – zumal auf dem Gebiete der Armenpflege – durch Benennung einer Straße nach seinem Namen. Am 1. Januar 1908 vierzig Jahre im Stadtratsamte, ward der nun Verstorbene auch Ritter des Verdienstordens 2. Klasse; die Stadt errichtete zu Ehren Zeißigs eine Stiftung in Höhe von 2000 Mk. für wohltätige Zwecke, über deren Erträgnisse der Verewigte das Verfügungsrecht besaß. Das Andenken an den Verblichenen wird für alle Zeiten in unserer Stadt wach bleiben.

Veröffentlicht unter 1915 | Kommentare deaktiviert für Januar 1915

Dezember 1916

1. Dezember 1916
Die im Königreiche Sachsen am 1. Oktober d. J. veranstalteten Sammlungen zum Opfertag für die Marine haben einen Betrag von 555.847,13 Mark ergeben. Von dem hocherfreulichen Ergebnisse wird die eine Hälfte der unter der Leitung des Großadmirals v. Koester stehenden Zentralstelle für Angelegenheiten freiwilliger Gaben an die Marine in Kiel zugeführt, während die andere Hälfte der Stiftung „Heimatbank“ für das Königreich Sachsen zufällt. Den einzelnen Sammelstellen wird noch besondere Mitteilung zugehen.

2. Dezember 1916
Abermals konnte die auf den Kopf der Bevölkerung entfallende Fleischmenge nicht unwesentlich erhöht werden. Beim morgigen Fleischverkauf wird auf jede Karte ein halbes Pfund Fleisch abgegeben.

3. Dezember 1916
Ein sauberes Pärchen ist gestern hier dingfest gemacht worden. In einem hiesigen großen Geschäft wurde seit einiger Zeit der unerklärliche Abgang wertvoller Gegenstände festgestellt. Jetzt kam man dem Diebe in der Person eines Angestellten auf die Spur und ermittelte in der Geliebten des Mannes die Hehlerin, die das Diebesgut beiseite brachte. Beide wollten ohne Abschied von hier abreisen, man wies ihnen aber gesonderten Aufenthalt in einem sicheren Raum an.

In Verbindung mit der Einschränkung im Eisenbahnverkehr werden auch bei der Post verschiedene Beschränkungen, und zwar Anfang Januar eintreten, jedoch werden sie nicht sehr bemerkbar sein.

6. Dezember 1916
Die Maul- und Klauenseuche herrschte in Sachsen am 1. Dezember in 2 Gemeinden und 2 Gehöften, gegen 1 Gemeinde und 1 Gehöft am 15. November. Im Bezirk Glauchau herrschte die Maul- und Klauenseuche nicht, dagegen die Schweineseuche, und zwar in Glauchau, St. Egidien, Lobsdorf und Schlunzig in je einem Gehöft. Von der letztgenannten Seuche waren am 1. Dezember in Sachsen 20 Gemeinden mit 21 Gehöften befallen, gegen 18 Gemeinden und 19 Gehöfte am 15. November.

7. Dezember 1916
Das Ministerium des Innern hat soeben bestimmt, daß Ferkel auch zur Schlachtung nur von den mit einer Ausweiskarte versehenen Mitgliedern des Viehhandelsverbandes für das Königreich Sachsen und nur zur Verfügung des Viehhandelsverbandes aufgekauft werden dürfen. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft.

9. Dezember 1916
Die stark gelichteten Reihen unserer Freiwilligen Feuerwehr, die eine recht beträchtliche Zahl ihrer Mitglieder zu den Fahnen gehen sah, werden demnächst eine von der Leitung der Wehr willkommen geheißene Auffüllung erfahren; die Wehr erhält Zuwachs durch Angehörige der Jugendwehr, die gegenwärtig an den Geräten ausgebildet werden. Wie wir hören, genießt die Jugendwehr eine geradezu vorbildliche Unterweisung, die von den militärischen Stellen besonders anerkannt worden ist.

10. Dezember 1916
Bezüglich des Kuchen- und Stollenbackens wird von zuständiger Seite darauf aufmerksam gemacht, daß die Herstellung von Kuchen aller Art und in jeder Form aus inländischem Getreidemehl in Bäckereien, Konditoreien und anderen Gewerbebetrieben sowie in Haushaltungen, Anstalten und dergleichen verboten ist. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft. Die Auffassung, daß es für die Allgemeinheit gleichgültig sein könne, wie erspartes Mehl verwendet wird, ist irrig, denn das Ersparen von Mehl ist nur dadurch möglich, daß hierfür andere Nahrungsmittel genossen werden. Es muß zu Brot oder Semmeln verbacken oder bei der Zubereitung von Speisen benutzt werden.

12. Dezember 1916
Die Landesfettstelle schreibt uns: In der nächsten Woche wird im größten Teile des Königreichs Sachsen statt Butter Schweineschmalz zur Verteilung kommen, da die Zentraleinkaufsgesellschaft Schmalz statt der jetzt knapp gewordenen Butter geliefert hat. In vieler Hinsicht bietet das Schweineschmalz größere wirtschaftliche Vorteile als Butter.

14. Dezember 1916
Reiche Beute machte ein Einbrecher, der nachts ein Grundstück in der Breiten Straße heimsuchte. Es fielen ihm vier Kaninchen im Werte von 30 Mk. in die Hände. Von dem Einbrecher hat man keine Spur.

15. Dezember 1916
Das deutsche Kriegsernährungsamt wendet sich mit einer Bitte an das deutsche Volk: Es ersucht, in diesem schweren Kriegsjahre auf die gewohnte Lichtfülle des Weihnachtsbaumes zu verzichten. Die für die Kerzen zu verwendenden Fettstoffe sind höchster Schonung bedürftig – man möge sich diesmal damit begnügen, jedem Baume nur eine Kerze aufzustecken. Den Verzicht auf den gewohnten Weihnachtsglanz möge die Erwägung erleichtern, daß dann die Kriegsweihnacht von 1916 als das „Fest der einen Kerze“ den Kindern bis in ferne Tage eine unvergeßliche Erinnerung an die Zeit des großen Opferns sein werde.

Die Zahl der in ganz Sachsen kriegsgetrauten Paare betrug am 1. November 1916 10.000.

16. Dezember 1916
Unsere Rathausuhr geht nach der maßgebenden Bahnzeit die Kleinigkeit von nahezu 10 Minuten vor. Es wird wohl nur dieser Anregung bedürfen, um Stadt- und Bahnzeit in das nötige Gleichgewicht zu bringen.

19. Dezember 1916
Von der Kriminalpolizei in Chemnitz festgenommen wurde ein 17 Jahre alter Handarbeiter von hier, der eine von einem gleichaltrigen Burschen in Chemnitz von einem Speditionsgeschirr gestohlene Kiste mit Schokolade im Werte von 100 Mark verkauft und sich dadurch der Hehlerei schuldig gemacht hatte. Den Erlös in Höhe von 80 Mark hatten die Burschen geteilt.

22. Dezember 1916
Mit welchen Gefahren das Ruscheln in den Straßen verbunden ist, zeigt ein Unglücksfall, der sich heute vormittag in der Moltkestraße ereignete. Ein mit zwei Kindern besetzter Schlitten fuhr gegen einen Baum und der Anprall war derart stark, daß das eine Kind, ein etwa vierjähriges Mädchen, ziemlich schwere Verletzungen am Kopfe davontrug.

Gestern nachmittag verging sich auf der Schützenstraße bis zum Schweizerhaustunnel ein etwa 30 Jahre alter auswärtiger Radfahrer in schwerer, hier nicht wiederzugebender Weise an einer Anzahl Schulmädchen. Der Mann fuhr mit seinem Rade nach dem Bahnhofe zu. Er hat hervorstehende Zähne und trug ein starkes wollenes Tuch um den Hals.

Veröffentlicht unter 1916 | Kommentare deaktiviert für Dezember 1916

November 1916

3. November 1916
Dreschtage für Landwirte setzt der Bezirksverband der Kgl. Amtshauptmannschaft Glauchau fest, und zwar sollen solche der 4. und der 7. November sein. Die Landwirte haben das ausgedroschene Getreide spätestens am 6. bez. am 8. November an die Mühlen und Getreidehändler des Bezirks zur Ablieferung zu bringen. Nichtbefolgung dieser Vorschriften zieht schwere Bestrafung nach sich.

5. November 1916
Gestern abend stürzte sich eine auf der Schützenstraße wohnende 41 Jahre alte nervenkranke Fabrikwebersehefrau aus dem Fenster ihrer im 1. Stockwerk gelegenen Wohnung herab in den Hof, wobei sie sich erhebliche Verletzungen zuzog.

7. November 1916
Der Bundesrat hat Bestimmungen über die Vornahme einer Volkszählung am 1. Dezember erlassen, und zwar soll die Gesamtzahl der in den Einzelstaaten in der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember ständig oder vorübergehend anwesenden Personen durch namentliche Auszeichnung festgestellt werden.

10. November 1916
Die für die Monate August bis einschließlich Oktober gewährte Fahrpreisermäßigung für Erntearbeiter – Beförderung zum halben Fahrpreis der 4. Klasse zur einmaligen Reise nach der Arbeitsstelle und zurück – ist jetzt bis Ende November 1916 ausgedehnt worden.

14. November 1916
Gegenwärtig sind Gasanstaltsarbeiter damit beschäftigt, die zu Oberlungwitz gehörende „Rote-Mühle“ an unser städtisches Gasleitungsnetz anzuschließen. In der letzten Zeit mußte der Mühlenbetrieb, der noch durch Wasserkraft bewerkstelligt wurde, infolge Wassermangels in der Goldbach zum Teil oftmals ruhen. Jetzt wird ein Gasmotor eingebaut. Die „Rote Mühle im Goldbachgrunde“ ist in unserer Gegend noch die einzige Mühle, die durch Wasserkraft getrieben wurde.

Ein sehr bedauerlicher Unglücksfall trug sich in der hiesigen Gasanstalt zu. Der dort beschäftigte 17 Jahre alte Schlosser Kurt Graf, Sohn des an der Schützenstraße wohnenden Schlossers Herrn Graf, erlitt durch Platzen einer Lötlampe derartig schwere Verletzungen im Gesicht, daß seine sofortige Ueberführung nach dem Kreiskrankenstift Zwickau angeordnet werden mußte. Wie wir erfahren, hat der junge Mann ein Auge eingebüßt.

21. November 1916
Ein Einbruch, der den Schluß zuläßt, daß er von denselben Tätern verübt wurde, die kürzlich in Oberlungwitz wertvolle Beute machten, wurde in der Nacht zum Sonnabend in der Hohensteiner Seidenweberei Joh. Aug. Voß Nachf. verübt. Außer einem Posten Seidenstoffen ließen die Spitzbuben aus der Portokasse Geld und Briefmarken mitgehen, die Oeffnung des Geldschranks gelang ihnen dagegen nicht.

22. November 1916
Starker Nebel, der heute in der zwölften Vormittagsstunde einsetzte, machte schon in den zeitigen Nachmittagsstunden den Tag zur Nacht, sodaß man schon in der dritten Stunde zu künstlichem Licht greifen mußte. Da gleichzeitig das Barometer stark zurückgeht, so sind die Aussichten für den morgigen Bußtag nicht gerade gute.

Es empfehlt sich nicht, Kristallsüßstoffe kochenden oder allzu heißen Speisen und Getränken zuzusetzen, da deren Geschmack dadurch oft in unvorteilhafter Weise verändert wird. Irgendwelche gesundheitliche Nachteile bringt diese Geschmacksveränderung jedoch keineswegs mit sich.

24. November 1916
Einbrecher haben in vergangener Nacht abermals das Lutherstift heimgesucht. Es wurde ein Einbruch in den Reinigungsraum verübt, aus dem mehrere Paar Kinderschuhe und auch Männerstiefel abhanden kamen. Man hat bisher keinerlei Anhaltspunkte, wer der Täter sein könnte.

Vorbeigelungen war ein Diebstahl, den ein Liebhaber von Kaninchenbraten im Stalle eines Nadelmachers an der Schönburgstraße geplant hatte. Als der Dieb den Kaninchenstall erbrochen hatte, sah er sich dem Nichts gegenüber, denn der Besitzer hatte die Tiere nachts mit in seine Wohnung genommen.

25. November 1916
Spitzbuben sind jetzt allerorten und fast jede Nacht tätig. Jüngst wurde auch der Bäckerladen des Herrn Spindler am Röhrensteig im Hüttengrund heimgesucht. Bei dem nächtlichen Besuch fielen dem Diebe, der sich durch Eindrücken einer Fensterscheibe Eingang verschaffte, ein großes Brot, eine größere Anzahl Brotmarken und einiges Kleingeld in die Hände.

28. November 1916
Die Bahnhofswirtschaft zu Hohenstein-Ernstthal soll vom 1. März 1917 ab anderweit auf 6 Jahre verpachtet werden. Die hierfür in allgemeinen Betracht kommenden Bedingungen liegen auf den sächsischen Bahnhöfen zur Einsichtnahme aus. Pachtangebote sind bis zum 8. Dezember 1916 an die Königliche Generaldirektion der sächsischen Staatseisenbahnen in Dresden einzusenden. Persönliche Vorstellung hat nur nach Aufforderung zu erfolgen.

29. November 1916
Recht enttäuscht dürften Diebe gewesen sein, die in der Nacht zum Sonntag dem Schlachthaus eines Neustädter Fleischermeisters einen Besuch abstatteten. Sie fanden von den ersehnten Fleisch- und Wurstwaren nichts vor und mußten unverrichteter Sache wieder abziehen.
Wie wir hören, dürfte für das ganze Reich mit einer Früherlegung der Polizeistunde zu rechnen sein. Vermutlich wird die Polizeistunde einheitlich auf 12 Uhr nachts festgesetzt werden.

Veröffentlicht unter 1916 | Kommentare deaktiviert für November 1916

Oktober 1916

3. Oktober 1916
Frau Waisenhausmutter Stübner feierte gestern ihr 25jähriges Amtsjubiläum. Aus diesem Anlaß wurde ihr durch Herrn Bürgermeister Dr. Patz im Beisein des Herrn Kommerzienrates Reinhard die städtische Ehrenurkunde sowie ein Geldgeschenk unter den herzlichsten Glückwünschen an Ratsstelle ausgehändigt.

5. Oktober 1916
In den letzten Tagen trafen im Bethlehemstift im Hüttengrunde die letzten diesjährigen Kinder zu einem vierwöchigen Erholungsaufenthalt ein. Mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Jahreszeit hat diese letzte Abteilung nur eine Stärke von 150 Pfleglingen. Ende Oktober wird dann das Stift geschlossen.

Empfindlich geschädigt wurde jetzt ein im Hüttengrund wohnender Gartengutsbesitzer, indem demselben sein wertvoller Zugochse erkrankte und abgestochen werden mußte. Leider stellte der hinzugezogene Tierarzt bei dem Tiere die gefährliche Milzbrandkrankheit fest, sodaß das Fleisch und alle Gegenstände, die mit dem Tiere in Verbindung kamen, vernichtet werden mußten.

7. Oktober 1916
Von zwei Hunden überfallen wurde gestern gegen Abend im Poetengäßchen die achtjährige Tochter des Webers Herrn Emil Lässig in der Lichtensteiner Straße. Die Hunde rissen das Kind zu Boden und brachten ihm am linken Bein zwei tiefe Bißwunden bei, die ärztliche Behandlung nötig machten. Die Hunde gehören einem in der Nähe wohnenden Hausbesitzer, der wohl gut täte, die Tiere festzulegen, damit sie nicht noch weiterhin die öffentliche Sicherheit gefährden.

10. Oktober 1916
Einem Geschirr von auswärts widerfuhr heute Mittag auf dem oberen Altmarkte ein Mißgeschick. Vier Ochsen zogen einen vollbeladenen Heuwagen aufwärts, als bei einer Drehung das Geschirr umstürzte und ein neben dem Wagen gehendes Pferd unter seiner weichen Last begrub. Nachdem man das Tier unter dem Heu hervorgeholt, kollerte es noch ein Stück den Abhang hinab, nahm aber anscheinend keinen Schaden.

12. Oktober 1916
Infolge festgesetzter Einziehung von Arbeitskräften zum Heere stellen die „Oberlausitzer Zeitung und Nachrichten“ sowie die „Weißenberger Zeitung“ ihr Erscheinen ein, nachdem auch der Verleger beider, Karl Keßner, einberufen worden ist. Das Zeitungsunternehmen befindet sich seit 38 Jahren im Besitze der Firma Keßner.

13. Oktober 1916
Glücklich einem schweren Unheil entgangen ist der Soldat Herr Unger von hier, der sich auf dem Militärzug befand, welcher zwischen Schneidemühl und Landsberg auf einen Vorzug auffuhr, wobei zwölf Personen den Tod fanden. Herr Unger kam völlig unverletzt davon zu seiner und seiner Angehörigen Freude, die auf der Hohen Straße wohnen und denen er jetzt einen Urlaubsbesuch abstattet.

15. Oktober 1916
Es wird hierdurch nochmals darauf aufmerksam gemacht, daß die Frist für die Meldung der bis 1. Oktober 1916 nicht freiwillig zur Ablieferung gelangten Fahrradbereifungen am 15. Oktober 1916 abläuft. Die noch zu erstattenden Meldungen sind zur Vermeidung strenger Bestrafung ungesäumt an die Wohnortsbehörde zu erstatten. Die hierzu erforderlichen Vordrucke können bei dieser Behörde entnommen werden.

18. Oktober 1916
Winterlicher Vorgeschmack brachte uns der heutige 17. Oktober gleich in den frühen Morgenstunden. Nachdem bereits gestern Nachmittag ein starker Graupelfall zu verzeichnen war, nachdem recht empfindliche Kälte einsetzte, fiel heute früh der erste Schnee, der mit starken Graupeln vermengt war, aber natürlich keinen Bestand hatte. Hoffentlich richtet sich der Winter nicht zu früh häuslich ein.

19. Oktober 1916
Mehrere hundert Stück makedonischer Beuteziegen wurden nach Sachsen überwiesen, und zwar 100 nach Dresden, 100 nach Chemnitz. Die 100 für Chemnitz bestimmten Stück wurden am Freitag auf dem Chemnitzer Viehhofe zum Verkauf gebracht. 60 Stück verkauft der landwirtschaftliche Kreisverein zu Zuchtzwecken an Landwirte, die übrigen 40 Stück werden geschlachtet und als markenfreie Ware verkauft, das Pfund etwa zu 2,50 Mk.

20. Oktober 1916
Wiederum musste der unredliche Erwerb von Arbeitslosen-Unterstützung bestraft werden: Die 22 Jahre alte hiesige Strickerin Möckel hat Arbeitslosenunterstützung erhalten, und zwar für je 2 Wochen 12 Mark, obwohl sie Arbeit hatte und wöchentlich 8 – 10 Mark verdiente. Die Unterstützung verschaffte sie sich durch eine gefälschte Eintragung in ein Lohnbuch. Urteil: 6 Wochen Gefängnis.

21. Oktober 1916
Einem auf der Schützenstraße wohnenden armen Weber ward der vor dem Konsumvereinsgebäude stehende Handwagen im Werte von 12 Mk. verdachtlos gestohlen.

Infolge des Ausfuhrverbotes von Espenholz aus Rußland, das zur Fabrikation der schwedischen Streichhölzer dient, haben die großen schwedischen Streichholzfabrikanten ein Übereinkommen geschlossen, die Streichhölzer kürzer herzustellen als bisher.

24. Oktober 1916
Spurlos verschwunden ist die auf der Rückfahrt von Kleinwanzleben (Preußen) nach hier befindliche 17jährige Martha Wendler, deren Mutter hier auf der Dresdner Straße wohnt; ihr Vater befindet sich im Heeresdienst. Zuletzt wurde das Mädchen auf dem Leipziger Hauptbahnhof gesehen. Die Angelegenheit ist der dortigen Polizei übergeben worden.

27. Oktober 1916
Der 12jährige Schulknabe Max H. von hier, der am 6. August in das Wohnhaus des Grünwarenhändlers Groschopp hierselbst einstieg und aus der Ladenkasse etwas über 100 Mk. entwendete, von denen er ungefähr die Hälfte mit einem anderen Knaben verjubelte, wurde zu 3 Wochen Gefängnis verurteilt.

31. Oktober 1916
Es ist wiederholt zu beachten gewesen, daß durch das Aufstellen von Geldspielautomaten namentlich unter jugendlichen Personen die Spielleidenschaft gefördert wird. Um dieser wegen ihrer wirtschaftlichen Folgen höchst bedenklichen Erscheinung nach Möglichkeit zu begegnen, hat der Kommandierende General des 19. Armeekorps die öffentliche Aufstellung von Geldspielautomaten jeder Art für den Korpsbezirk verboten, bereits aufgestellte Geldspielautomaten sind geschlossen zu halten.

Veröffentlicht unter 1916 | Kommentare deaktiviert für Oktober 1916

September 1916

1. September 1916
Mit der Friedrich August Medaille ausgezeichnet wurden die Herren Bruno Müller, Fleischermeister, Ecke Chemnitzer- und Wiesenstraße wohnhaft, und Gefreiter Richard Strauch; mit dem Eisernen Kreuz 2 geschmückt wurde Herr Richard Semmler.

4. September 1916
Von zwölf strammen Pferden gezogen, traf ein für unsere Gasanstalt bestimmter neuer Dampfkessel aus der Gersdorfer Fabrik Franz & Sohn am Bestimmungsort ein. Der Kessel wiegt über 100 Zentner.

7. September 1916
Unser neuer Bergwirt Herr Windler läßt es sich in sehr dankbar anzuerkennender Weise angelegen sein, das Berggasthaus „Zur Bismarkhöhe“ zu einem Sammelpunkt weitester Kreise nicht nur aus unsrer Stadt, sondern auch der Umgebung zu machen, und seine Bemühungen sind von bestem Erfolge gekrönt, wie nicht nur die bisherige Einrichtung der musikalischen Mittwoch-Nachmittage bewies, sondern wie auch das gestrige erste Künstler-Konzert dartat. Das Solisten-Salon-Orchester Link übertraf in seinen Darbietungen wohl allenthalben die Erwartungen. Wenn Herr Windler es ermöglichen kann, uns des Öfteren mit derartigen Darbietungen zu erfreuen, so wird ihm sicher auch der Dank in Gestalt eines vollen Hauses zuteilwerden.

7. September 1916
Die 34 Jahre alte Handschuhnäherin Lina verehel. Ziegner geb. Martin hier verschaffte sich durch Fälschung eines Lohnnachweises auf sieben Wochen Arbeitslosenunterstützung, die die Stadtgemeinde an arbeitslose Frauen auszahlt, deren Ehemänner wöchentlich weniger als 21 Mark verdienen. Dadurch schädigte sie die Stadtgemeinde um 36,80 Mark. Sie wurde deshalb wegen Betrugs und Urkundenfälschung unter Anklage gestellt und von der Ferienstrafkammer des Zwickauer Landgerichts zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt.

9. September 1916
Von der Fahrt nach dem Westen senden allen Bekannten noch einmal herzlichste Grüße: Kurt Beckmann, Max Geithner, Otto Mesa, Richard Köhler, Gerhard Beyer, Otto Gerber. –Freundliche Gegengrüße auch unserseits mit dem Wunsche für siegreiche und glückliche Heimkehr!

11. September 1916
In einem Hause der König Albertstraße wurde gestern eine in den 80er Jahren stehende Frau, die in ihrer Wohnung allein war, von Hausbewohnern bewusstlos aufgefunden. Man hatte sofort den Krankenhausverwalter Herrn Bach verständigt, der Gasvergiftung feststellte und Gegenmaßregeln ergriff, sodass nach einiger Zeit die Frau wieder zu sich kam. Die Untersuchung ergab, dass der zur Lampe führende Gasleitungsschlauch ein Loch hatte, wodurch das Gas ausströmte.

13. September 1916
Das Gute gewollt, aber das Gegenteil erreicht hatte unsere Stadtvertretung mit dem Beschluss, dass an Wochenmarkttagen vor 10 Uhr vormittags keine Waren an Händler abgegeben werden dürfen, damit zunächst einmal unsre Hausfrauen ihren Bedarf decken können, ohne den Händleraufschlag zahlen zu müssen. Daraufhin erklärten die von auswärts unsern Markt besuchenden Großhändler, ihn meiden zu müssen, wenn diese Bestimmung bestehen bleibe. Das war nun freilich nicht die Absicht der Stadtvertretung und so wurde dieser einschränkende Beschluss wieder aufgehoben.

17. September 1916
Da das bisherige Ergebnis der freiwilligen Ablieferung der beschlagnahmten Fahrradbereifung weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, ist die Frist zur freiwilligen Ablieferung bis zum 1. Oktober verlängert. Die Heeresverwaltung hat an der umgehenden Ablieferung größerer Mengen Fahrradbereifungen ein ganz besonderes Interesse, und es ist Pflicht eines jeden, die von der Heeresverwaltung getroffenen Maßnahmen nach Kräften zu fördern.

21. September 1916
Wie die Bezirkskartoffelstelle mitteilt, soll die Anlieferung der Winterkartoffeln am 21. des Monats beginnen. Wer im Besitz eines dunklen, frostfreien, trockenen Kellers ist, sollte möglichst seinen ganzen Bedarf einlegen, weil er jederzeit in der Lage ist, die Bestände zu beobachten und die verhältnismäßig geringen Mengen durchzusehen, wenn sich kranke Knollen zeigen.

23. September 1916
Wie aus dem amtlichen Teile des heutigen „Tageblattes“ ersichtlich, gelangt Walfischfleisch an die Inhaber von Bezugskarten für Schwerarbeiter zur Ausgabe. Eine längere Zuschrift über die Verwendung dieses Fleisches können wir erst morgen zum Abdruck bringen, da sie erst in später Stunde in unsre Hände gelangte.

23. September 1916
Am Sonntag, den 8. Oktober wird eine Tiroler Sängergesellschaft in der „Hüttenmühle“ die Besucher mit guten Vorträgen erfreuen. Es sei schon heute auf diese Veranstaltung hingewiesen.

25. September 1916
In einem Garten am Parkwege sind in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag drei größere Kürbisse gestohlen worden. Der Dieb musste hierbei über einen 2 m hohen Zaun steigen. Vom Täter fehlt noch jede Spur.

29. September 1916
Obstdiebe machten sich in letzter Nacht in dem an die Conrad-Clauß-Straße grenzenden Garten des Herrn Jacobi zu schaffen, sie wurden aber durch das laute Anschlagen einiger Fleischerhunde gestört. Nachforschungen ergaben, dass Lehrlinge aus der Nachbarschaft die Liebhaber billigen Obstes waren.

29. September 1916
Im Kaffee „Zentral“ fand gestern eine Zusammenkunft von Bienenzüchtern aus unserer Stadt und ihrer Umgebung statt. Es konnte dabei die Gründung eines Imkervereins, von dem man sich große Erfolge für die Bienenzucht verspricht, vorgenommen werden. Mit der Leitung des Vereins betraute man Herrn Elektrotechniker Paul Layritz.

Veröffentlicht unter 1916 | Kommentare deaktiviert für September 1916

August 1916

1. August 1916
Wegen eines mittels Einsteigens bei dem Bäckermeister Richter hier verübten Gelddiebstahls in Höhe von 320 Mk. wurde der 13jährige Schulknabe Emil Kurt Funke von hier von der Strafkammer des Landkreises Zwickau zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt.

8. August 1916
Folgende Karte ging uns heute mit der Bitte um Veröffentlichung zu: „Die besten Grüße an die Heimat vom Ausmarsch ins Feld senden drei Hohenstein-Ernstthaler Jäger Erich Eibich, Karl Reuther, A. Meier“. Wir erwidern diese Grüße mit einem herzlichen „Glück auf“ und wünschen dem „Kleeblatt“ frohe und gesunde Heimkehr.

Mehrfach ward seitens unsrer Stadtverwaltung bittere Klage geführt über versuchte und gelungene Betrügereien zwecks Erlangung höherer Arbeitslosen-Unterstützung, und kürzlich wurde versichert, dass gegen solche Machenschaften mit rücksichtsloser Strenge eingeschritten werden würde. Mit einem solchen Falle hatte sich jetzt die Zwickauer Ferienstrafkammer zu beschäftigen. Auf Grund gefälschter Lohnnachweise hatte sich ein hiesiger Arbeiter mehr Unterstützung verschafft als ihm zukam. Diesen Betrug muß er nun mit 2 Monaten Gefängnis büßen.

10. August 1916
Das sorgfältige Lesen der Zeitung ist, wie schon mehrfach hervorgehoben wurde, in der Kriegszeit Pflicht eines jeden. Besonders betont sei, daß nicht nur die amtlichen Bekanntmachungen, sondern auch der örtliche Teil der Zeitung sorgsam gelesen werden muß, um sich gegebenenfalls vor Strafen zu schützen. Jetzt hat auch das Oberkommando der Marken mitgeteilt, daß der örtliche Teil einer Zeitung rechtswirksam ist. Es schreibt: „Wenn die Verbote des Oberbefehlshabers durch „Wolffs Telegraphen-Bureau“ an die Presse gegeben und von dieser abgedruckt werden, so sind sie rechtswirksam veröffentlicht.“ Es empfiehlt sich daher, um sich vor Strafen zu bewahren, auch den örtlichen Teil der Zeitung aufs sorgfältige zu lesen.

12. August 1916
In nicht geringer Aufregung geriet gestern abend die Familie des an der Schützenstraße wohnenden, im Felde stehenden Bäckermeisters Herrn Hofmann. Als das Dienstmädchen gegen 10 Uhr in die Schlafstube kam, lag nach ihrer Aussage unter einem Bett ein Mann, der sich wahrscheinlich stehlenshalber eingeschlichen hatte. Das Mädchen schlug Lärm, worauf der Dieb das Weite suchte.

14. August 1916
Ein gutschmeckender Brotaufstrich, sog. Kriegsleberwurst, die sich über eine Woche hält, läßt sich nach folgender Vorschrift herstellen: Drei (am besten milchene) Heringe läßt man gehörig wässern, putzt sie aus, wiegt sie dann klar und mischt die Masse mit zwei feingeschnittenen Zwiebeln und etwas Majoran, neue Würze, Ingwer und einer Priese Pfeffer. Dann verquirlt man 3 Eßlöffel Mehl in einer Tasse Milch und schüttet dies über die Heringsmasse, rührt gut durcheinander und kocht das ganze im Wasserbade ½ Stunde oder läßt es 15 Minuten schmoren. Es schmeckt wie frische Leberwurst, nur ist es ratsam, mit den Gewürzen vorsichtig zu sein und nicht zu dick aufzutragen.

18. August 1916
Wohlverdiente Strafe ward einem gewissenlosen Nahrungsmittelfälscher in Eisleben zuteil. Wie man mitteilt, wurde der dortige Bäckermeister Weller, der beim Brotbacken dem Mehl 18 v. H. Gips und 10 v. H. Holzfasermehl beigemengt hatte, zu 6 Monaten Gefängnis und 2 Jahren Ehrverlust verurteilt.

Ein Tag mit 25 Stunden wird nach dem Willen des Bundesrats der 30. September d. J. sein. Nach der Verordnung über die Einführung der Sommerzeit endigt dieser Tag ein Stunde nach Mitternacht im Sinne der Verordnung. Wenn es also an jenem Tage 12 Uhr nachts geworden sein wird, schreibt man immer noch eine Stunde lang den 30. September. Die Stunde kann dann weiter mit 12.01, 12.02, 12.03 bis 12.59 bezeichnet werden. Erst nach Ablauf dieser Stunde beginnt der 1. Oktober: Es ist aber nicht 1 Uhr sondern zum drittenmal 12 Uhr, da die Uhren zurückgestellt werden. In den Fahrplänen werden bekanntlich die Stunden von 6 Uhr früh bis 6 Uhr abends von denen bei Nacht dadurch unterschieden, daß die Minutenziffern bei Nacht unterstrichen werden. Will man am 1. Oktober mit 12.01, 12.02 usw. die Zeit bezeichnen, so müßte für jene Nacht ein besonderes Zeichen für diese dritte Zwölfuhrstunde eingeführt werden. Es stehen aber auch zwei einfachere Wege zur Verfügung. Man kann einfach 13.01 Uhr, 13.02, 13 ½ Uhr usw. schreiben. Ein zweiter Weg ist der, jene Stunde mit 0 zu bezeichnen. Dies geschieht schon immer in Fahrplänen aller Staaten, die die Vierundzwanzigstundenuhr eingeführt haben. Hier heißt die erste Stunde 0.05 usw. 13 Uhr oder 0 Uhr, das ist schließlich Geschmackssache.

22. August 1916
Das Kriegsgenesungsheim im Hüttengrund soll, wie hier schon gemeldet worden ist, am 30. September geschlossen werden. Bei der dahingehenden Entscheidung ist vor allem folgendes maßgebend gewesen: Das Heim war schon länger nur schwach besetzt, weil das Bedürfnis nach solchen, auch noch günstiger gelegenen reichlich gedeckt ist, so daß das Königliche Sänitätsamt XIX auf sein Bestehen keinen Wert mehr legt. Dazu haben die Erfahrungen der beiden letzten Jahre ergeben, daß die rauen Tage das Haus im Winter weniger als im Sommer zu einer Erholungsstätte geeignet erscheinen lassen.

28. August 1916
Gestern konnten aus der Jubiläumsstiftung, die aus Anlaß des 400jährigen Stadtjubiläums hiesige Fabrikanten der Weberinnung überwiesen, eine Anzahl bedürftiger Webermeister resp. Weberwitwen beschenkt werden, wodurch gerade in der jetzigen schweren Zeit große Freude angerichtet wurde. Bei dieser Gelegenheit ließ auch die Weberinnung gleichzeitig den Familien ihrer im Felde stehenden Mitglieder ein ansehnliches Geldgeschenk überreichen.

Veröffentlicht unter 1916 | Kommentare deaktiviert für August 1916

Juli 1916

1. Juli 1916
Eine unverhoffte Freude bereitete gestern Herr Fabrikbesitzer Fahr seinen Angestellten, Arbeitern und Arbeiterinnen, indem er aus Anlaß seiner vor kurzem stattgefundenen Silbernen Hochzeit jedem ein namhaftes Geldgeschenk überreichte. In dieser schweren Zeit war natürlich jedem der damit Bedachtem dieses Geschenk doppelt willkommen.

3. Juli 1916
In den Schulen werden durch die Kinder zum Zwecke der Ölgewinnung die Kerne des Steinobstes (Kirschen, Pflaumen, Zwetschen, Mirabellen, Reineclauden und Aprikosen) sowie Kürbiskerne gesammelt. Die Gemeindebehörden werden in einer Verordnung des Königlichen Ministerium des Innern angewiesen, soweit hierfür ein örtliches Bedürfnis besteht, die von den Schulen gesammelten Kerne entgegen zu nehmen, zu größeren Posten zu vereinigen und möglichst in luftigen Räumen zu verwahren. Größere Mengen sind zur Vermeidung von Schimmelbildung von Zeit zu Zeit umzuschaufeln. Über die Abnahme der Kerne von den Sammelstellen wird später besondere Anweisung ergehen.

In die größte Verlegenheit kam am Sonnabend vormittag auf der Weinkellerstaße ein Schulknabe, der außer einem kleinen Wagen noch einen Handkorb mit Fleisch bei sich führte. Ein größerer Hund hatte jedenfalls den im Korbe liegenden Braten gerochen und während sich der Knabe für einen Augenblick am Fahrstuhl beschäftigte, dieses so seltene Fleisch aus dem Korbe erschnappt und verschlungen. Ob man den Besitzer des Hundes für den Schaden wird haftbar machen können, ist fraglich.

4. Juli 1916
Geflügelhändler, Kommunalverbände, Lebensmittelämter, Genossenschaften und sonstige Interessenten, die den wagenweisen (1000 Stück) Bezug von polnischen Magergänsen zu dem bis 15. Juli 1916 gültigen Preise von 7,50 Mk. für das Stück ausschließlich Spesen wünschen, werden vom Sächsischen Ministerium des Innern aufgefordert, sich sofort persönlich mit der örtlich zuständigen Handelskammer in Verbindung zu setzen. Die Handelskammern haben bis spätestens 12. Juli dem Ministerium des Innern mitzuteilen, von welchen Interessenten und in welcher Höhe etwa Bestellungen bei der amtlichen Handelsstelle Kalisch gemacht worden sind.

8. Juli 1916
Auf der Durchreise hat sich auf dem Altstädter Schützenplatz eine besonders sehenswerte Ausstellung eingefunden, die ein kleiner Tiergarten genannt werden kann. In Bassins erblickt man Nilkrokodile, Kaimans und Alligatoren, ferner Schildkröten und Gürteltiere, Riesensalamander und eine ganze Kollektion Schlangen, als besondere Sehenswürdigkeit „die größte Schlange der Welt“ aus den bekannten Hagenbeckschen Tierpark in Hamburg. Das riesige Tier wird bei jeder Vorstellung auf den Schultern von 5 Männern vorgeführt.

Der Bezirksvorstand hat beschlossen den Kriegerfamilien aus den Bezirksmitteln zum Besohlen von Schuhen eine einmalige Beihilfe von 2,50 Mk. für den Kopf zu bewilligen. Diese Beihilfe wird in den nächsten Wochen durch die Gemeindebehörden ausgezahlt werden. Außerdem wird der Bezirksverband im Herbst wegen Gewährung einer Beihilfe zur Beschaffung von sonstiger Bekleidung für die Kriegerfamilien Entschließung fassen.

17. Juli 1916
Die Herstellung von Quarkkuchen ist laut Bekanntmachung des Ministerium des Innern bis zum 30. September 1916 einschließlich verboten. Unter Quarkkuchen fällt nicht derjenige Kuchen, bei dessen Herstellung Quark nur als Bindemittel für den aus anderen Zutaten, insbesondere Obst, bestehenden Kuchenbelag verwendet wird. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschrift werden mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 1500 Mk. bestraft. Diese Verordnung tritt am 23. Juli in Kraft.

22. Juli 1916
Wie ein schlechter Witz klingt es, wenn wir die Tatsache feststellen, daß am heutigen 22. Juli die Hundstage beginnen. Diese Zeit hat ihren Namen von dem roten Hundsstern, wie der Sirius in der alten Astronomie hieß; sonst bringt sie uns sengende Sonnentage – heuer will der graue Himmel und der dauernde Niederschlag nicht von uns weichen.

Auf ein 40jähriges Bestehen kann jetzt die Schule im Ortsteil Hüttengrund zurückblicken. Da der Hüttengrund früher zu einer Anzahl umliegender Gemeinden gehörte, gab die Schule oft Anlaß zum Streit. Im Jahre 1862 schlossen sich die Bewohner von 4 Wohnhäusern dem Hohensteiner Schul- und Kirchverbande an. Dann regte das Glauchauer Konsistorium im Jahre 1864 die Bildung einer selbständigen Schulgemeinde und den Bau einer Schule an. Diese Anregung stieß jedoch auf viele Hindernisse. 1865 wiesen die Hohensteiner die Hüttengrunder aus ihrer Schule aus, behielten sie jedoch wieder auf oberbehördliches Eingreifen zunächst auf 2 Jahre gegen ein wöchentliches Schulgeld von 18 Pfg. 1871 sollte der Hüttengrund mit Hohenstein als Schulbezirk verbunden und eine eigene Schule errichtet werden, was aber die Stadtvertretung von Hohenstein ablehnte. Ein weiterer Versuch, mit Oberlungwitz einen Schulbezirk zu bilden, scheiterte auch. Nach mehrjährigen Verhandlungen kam es nun im Jahre 1876 soweit, daß die Gemeinden Oberlungwitz, Kuhschnappel, Abtei-Oberlungwitz und Langenberg eine Schulgemeinde bildeten und gemeinsam ein Schulhaus bauten. Es ist dies das jetzige Hausgrundstück des Herrn Karl Ebersbach. Auch die damalige Stadt Ernstthal kam mit in Frage, da das Forsthaus Hainholz zu dieser gehörte. Die Försterskinder mußten jedoch in die Ernstthaler Schule gehen. Der erste Lehrer in der Hüttengrunder Schule war Herr Franz Hermann Leucht, jetzt Oberlehrer in Weidensdorf. Im Jahre 1897 wurde die neue Schule gebaut.

Veröffentlicht unter 1916 | Kommentare deaktiviert für Juli 1916

Januar 1918

3. Januar 1918
Das die Zahl der Freunde unseres Turnerbundes noch immer eine außerordentlich große ist, bewies der Besuch der gestrigen Abendunterhaltung dieses Vereins im Schützenhause. Die Leiter der Veranstaltung hatten es ausgezeichnet verstanden, die Vortragsfolge dem Zuge der Zeit entsprechend zu gestalten, dazu kam, daß die Mitwirkenden samt und sonders tüchtig waren, und so dem Ganzen zu dem schönsten Erfolge verhalfen. Frl. Martha Schmidt erntete mit ihren Gesangsvorträgen, die gute Schule verrieten, wohlverdienten Beifall; sie bewies, das ihr Talent zu den schönsten Hoffnungen berechtigt. Wirksame Unterstützung erfuhren ihre Darbietungen durch die dem Vortrage geschickt angepaßte Klavierbegleitung seitens des Herrn Organist Zesewitz. Der übrige Teil war auf den humoristischen Ton gestimmt und sprach aufs beste an.

8. Januar 1918
In freundlichster Weise wurde den Altstädter Schulen zur Mittagsspeisung armer Schulkinder überwiesen – 75 Mk. Vom Konsumverein, 100 Mk. Von Herrn Stadtrat Anger, 20 Mk. Von Fräulein Herbst, Den edlen Gebern sei herzlichst gedankt.

11. Januar 1918
Nach langer Pause konnte der Gewerbeverein Altstadt gestern Mittwochabend wieder eine Versammlung in Ritters Gasthaus abhalten die Herr Vorsteher Rudelt mit einem Rückblick auf die Vorgänge im Verein einleitete; er gedachte der verstorbenen Mitglieder: des Herrn Oberlehrer Reichardt, des langjährigen Vorstehers, den man wohl als Gründer ansprechen darf und der sich um die frühere Sonntagsschule verdient gemacht hat; des 2. Vorstehers Herrn Handelslehrer Kleeberg, sowie der Herren Laux und Liebmann, die Versammlung ehrte deren Andenken durch Erheben von den Plätzen. Redner streifte auch verschiedene Vorgänge im Verbandsleben. Dann wandte man sich der Frage einer Ersatzwahl für den auf dem Felde der Ehre gefallenen 2. Vorsteher Herrn Handelslehrers Kleeberg zu. Der Vorschlag, mit diesem Amte Herrn Oberlehrer Jähnig zu betrauen, den verdienstvollen Leiter der Gewerbeschule, die eigentlich eine Schöpfung des Gewerbevereins ist, fand freudige Zustimmung, die sich durch einstimmige Wahl kundgab. Bezüglich der bevorstehenden Stadtverordneten-Ergänzungswahl beschloß man, sich mit dem Verein der Festbesoldeten in Verbindung zu setzen. Weiterhin beschäftigte sich die Versammlung mit den bereits angekündigten Vortrag des Herrn Dr. Pickel aus Dresden am kommenden Sonntag im „Gewerbehaus“, der für jeden Gewerbetreibenden von ganz besonderer Bedeutung sein wird. Eine eingehende Aussprache über die wirtschaftliche Lage, wie sie sich in der nächsten Zukunft gestalten wird, schloß sich an. In dem jetzt begonnenen Jahre vollendet sich ein halbes Jahrhundert seit der Begründung des Gewerbevereins. Der Tag soll in schlichtem Rahmen etwa im April gefeiert werden. Ein Ausschuß wird sich mit den Vorarbeiten dazu beschäftigen und der nächsten Vereinsversammlung hierüber Bericht erstatten. Soadann stimmte man dem Vorschlage zu, einen Ausschuß zu bilden, dessen Mitglieder sich der Aufgabe unterziehen kurze Berichte über die beachtlichen Büchereingänge zu erstatten.

22. Januar 1918
Die am Sonnabend stattgefundene Wahl von Stellvertretern für eine Anzahl von Mitgliedern des Stadtverordneten-Kollegiums, die zum Heere einberufen sind, hat seitens der Bürgerschaft sehr geringe Anteilnahme gefunden. War auch die Annahme gerechtfertigt, daß die unter dem Zeichen des allgemeinen Burgfriedens vor sich gehende Wahl die Gemüter nicht sehr aufregen würde, so war die Zahl der Wähler doch eine so geringe, daß alle Erwartungen enttäuscht wurden. In der 1. Abteilung, die nach dem Wahlabkommen den Sozialdemokraten überlassen war, erhielten die Herren Webermeister Wilhelm Heerling, Weber Emil Müller, Fabrikschlosser Friedrich Fischer und Nadelmachermeister Ernst Legère je 36 Stimmen und zwar 22 Stimmen in der Neustadt und 14 Stimmen in der Altstadt, in der 2. Abteilung die Herren Lehrer Ernst Eidner und Prokurist Paul Fülle je 18 Stimmen (14 in der Altstadt, 4 in der Neustadt) und in der 3. Abteilung die Herren Fabrikbesitzer Carl Better, Fabrikbesitzer Max Zwingenberger je 35 und Bankvorstand Paul Beckert 34 Stimmen (29 bezw. 28 in der Altstadt, 6 in der Neustadt). Wir haben das Ergebnis durch Aushang an unserer Geschäftsstelle und Verteilung von Sonderblättern in den Gastwirtschaften noch am Sonnabend abend zur Kenntnis weiterer Kreise gebracht.

27. Januar 1918
Am Sarge der Frau verw. Säuberlich die im Anschlusse an die Stiftungen ihres Gatten weitere Mittel zur Schaffung unseres Stadtparkes bereitstellte und so eine Wohltäterin unseres Gemeinwesens wurde, ließ der Stadtrat einen Kranz mit Schleife niederlegen.

29. Januar 1918
Von schwerem Leiden durch den Tod erlöst wurde am Sonnabend ein langjähriger Vertreter der Bürgerschaft unserer Stadt. Herr Gärtnereibesitzer Theodor Wächter. Der Dahingeschiedene, der im 53. Lebensjahre stand, war, nachdem er bereits früher dem Kollegium angehört hatte, seit 1908 Stadtverordneter. Ehrlich und gerade Charakters ward seine Mitarbeit allenthalben hochgeschätzt, was auch seine Berufung in eine ganze Anzahl städtischer Ausschüsse beweist. Er gehörte neben der staatlichen Steuereinschätzungskommission auch dem städtischen Abschätzungsausschuß, ferner dem Rechts- und Verfassungs-, dem Schul-, dem Park-, und dem Einquartierungsausschuß an. Nun hat der Tod seinem rastlosen geschäftlichen Streben und seiner Betätigung zum Wohle unserer Stadt ein Ziel gesetzt.

Veröffentlicht unter 1918 | Kommentare deaktiviert für Januar 1918

Dezember 1917

4. Dezember 1917
Der Turnverein von 1856 wählte in seiner am 1. Dezember stattgefundenen ordentlichen Generalversammlung als 2. Turnwart Herrn Alfred Knorr, als 2. Zeugenwart Herrn Emil Mothes, als 2. Bücherwart Herrn Willi Benker, als 2. Beisitzer die Herren Wilhelm Müller und Arno Werner. Man beschloß noch, keine öffentliche Weihnachtsaufführung abzuhalten, wohl aber am 1. Feiertag mit den Familien im Vereinszimmer zusammenzukommen. Die zur Verfügung stehenden wenigen Kräfte sollen besser zur weiteren Aufrechterhaltung des Turnbetriebes verwandt werden. Zur Kenntnis der Versammlung wurde gebracht, daß auf dem Turnplatz Obstbäume gepflanzt und Birken und ähnliche Hölzer, wo sie zwecklos waren, geschlagen worden sind.

16. Dezember 1917
Da das Neustädter Schützenhaus infolge Verkaufs an eine auswärtige Maschinenfabrik zu bestehen aufgehört hat, wird Herr Schmidt künftighin sein Unternehmen nicht mehr Schützenhaus Altstadt sondern einfach „Schützenhaus“ nennen. Schon in der heutigen Anzeige über die über die morgige Vorstellung der Standfest-Gesellschaft ist die neue Bezeichnung zu finden.

25. Dezember 1917
Nach einem reichgesegneten Leben starb am Sonntag abend einer der ältesten Einwohner unserer Stadt, der Sattlermeister Herr Julius Ernst Mayer. Geboren in einer Zeit, da es noch kein einiges „Deutsches Reich“ sondern nur einen „Deutschen Bund“ ohne Macht und Ansehen gab, durfte er Deutschlands Einigung, seinen Aufstieg und den Kampf um seine Weltstellung noch zu erleben, wenn es ihm auch nicht vergönnt war, den Frieden, dessen Morgenrot im Osten langsam aufzugehen beginnt noch in seiner vollen Wirklichkeit zu schauen. Für unsere Stadt aber war er der letzte noch lebende Gründer der Freiwilligen Feuerwehr, die er von kleinen Anfängen sich zu ihrer jetztigen Bedeutung entwickeln sah. Des bescheidenen Mannes, der bis in sein hohes Alter rüstig blieb, wird man in unserer Stadt stets ehrend gedenken.

28. Dezember 1917
Trotz der notwendigen Einschränkungen, die wir uns Alle auferlegen müssen, war auch in diesem Jahre die werktätige Menschenliebe bestrebt, den Aermsten unter uns den Weihnachtstisch zu decken und sie bei beschränktem Kerzenglanz mit kleinen Gaben zu erfreuen. In üblicher alljährlich an dieser Stelle geschilderten Weise standen in den letzten Tagen Bescherungen im Bürgerheim, im Waisenhaus, im Schubertstift und im Lutherstift statt, die alle von der Fürsorge zeugten, die sich der Hilfslosen und Bedrängten erbarmt. So wurde im Schubertstift 75 Kindern im Lutherstift 65 Knaben und Mädchen beschert. An ihnen Allen wurde wahr, daß die Liebe nimmer aufhört.

29. Dezember 1917
Herrn Fabrikant und Privatmann Carl Scheer, hier, Bahnstraße, sind durch Herrn Bürgermeister Dr. Patz im Beisein des Herrn Stadtrat Anger persönlich die Glückwünsche der Stadt anlässlich seines 50jährigen Bürgerjubiläums überbracht worden. Besondere Verdienste hat er sich als Vorsteher des Rosenvereins und langjähriges Mitglied des Erzgebirgsvereins erworben.

Veröffentlicht unter 1917 | Kommentare deaktiviert für Dezember 1917