Juli 1915

1. Juli 1915
Wie uns mitgeteilt wird, steht das städtische Mineralbad bis Ende September für Kurgäste und Sommerfrischler zur Verfügung. Es ist zu wünschen, daß hiervon ausgiebig Gebrauch gemacht und unser herrlich gelegenes Mineralbad allseitig als Sommerfrische empfohlen wird.

7. Juli 1915
Ein Unfall, der leicht sehr schlimme Folgen hätte haben können, trug sich gestern nachmittag gegen ½ 6 Uhr vor dem hiesigen Bahnhof zu. Dort war der Monteur St. Von der Ueberlandbahn an der elektrischen Leitung beschäftigt, wozu er das hohe Fahrgestell benutzte. Bei seiner Arbeit kam er jedenfalls der Leitung zunahe, erhielt einen kräftigen elektrischen Schlag und stürzte kopfüber vom Gestell. Herr St. Scheint aber außer einer größeren Wunde am Kopf keinen weiteren Schaden davongetragen zu haben.

In der Dampfbleicherei Hüttengrund trug sich gestern gegen Mittag ein bedauerlicher Unglücksfall zu. Der dort beschäftigte 30 Jahre alte Arbeiter Kaulfuß aus Hüttengrund, dem erst vor kurzem die Ehefrau starb, geriet in die Transmission und wurde herum geschleudert, sodaß er besinnungslos liegen blieb. Er hat anscheinend sehr schwere Verletzungen erlitten.

13. Juli 1915
Wieder ist ein Hohenstein-Ernstthaler auf dem Felde der Ehre gefallen. Die auf der Feldstraße wohnende Familie des Maurers Herrn Feldmann erhielt am Sonnabend die traurige Nachricht, daß ihr verheirateter Sohn Richard bei den Kämpfen an der Lorettohöhe gefallen ist. Ehre seinen Andenken.

17. Juli 1915
Seine goldene Hochzeit feierte in aller Stille im Kreise von Kindern und Enkeln Herr Webermeister Julius Schaller mit seiner Ehefrau geb. Bläser, König-Albert-Straße 31 wohnhaft. Herr Pfarrer Albrecht segnete das Goldbrautpaar ein und überreichte ihm unter herzlichsten Glückwünschen eine Ehrenbibel.

Die allbekannte, namentlich von Leipzig und Dresden stark besuchte Sommerfrische des Herrn Oehmischen im Hüttengrunde ist dieses Jahr für Erwachsene nicht geöffnet, da von Dresden sogenannte Kriegsferienkinder dort untergebracht sind. So hat der große Krieg auf diesem Gebiet eine Aenderung hervorgebracht, die den Beteiligten von rechtem Segen sein möge.

20. Juli 1915
Treue Mitarbeit im Kirchenvorstand St. Christophorus fand gestern wohl verdiente Ehrung. Nach dem gestrigen Vormittagsgottesdienst fand sich der Kirchenvorstand zusammen und Herr Pfarrer Albrecht verabschiedete zunächst mit herzlichen Herrn Pastor Dybeck. Hierauf schloß sich eine Ehrung des Herrn Stadtrat Oskar Beck, der am gestrigen Sonntag genau 25 Jahre lang dem Kirchenvorstand angehört. Das Konsistorium ließ ihm eine Anerkennungsurkunde überreichen, wobei der Herr Pfarrer in warmen Worten die Wertschätzung hervorhob, deren sich der Jubilar allenthalben erfreut. Die Ehrung war eine wohlgelungene Überraschung für Herrn Stadtrat Beck, der seinerseits für diese Aufmerksamkeit herzlichen Dank sagte.

21. Juli 1915
Der hiesige Erzgebirgsverein schreibt die Verpachtung des Berggasthauses „Zur Bismarckhöhe“ auf dem Pfaffenberge aus. Als Tag der Uebernahme ist der 1. Oktober d. J. angegeben. Zur Uebernahme sind 4 – 5000 Mk. erforderlich. Militärfreie Bewerber, die möglichst ähnlichen Unternehmen bereits längere Zeit erfolgreich vorgestanden haben, wollen sich mit Herrn H. H. Ebersbach in Verbindung setzen.

27. Juli 1915
Der Pionier Herr Arthur Bohne aus dem Hüttengrund, Sohn des Gasanstaltsfeuermanns Herrn Robert Bohne, der den Feldzug bei der Südarmee in Galizien mitmacht, erhielt für hervorragende Leistungen das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Vor kurzem wurde Herr Bohne bereits die bronzene Friedrich-August-Medaille verliehen.

29. Juli 1915
Die Stadtverwaltung ließ am Sarge der Frau Auguste Reinhard einen Kranz mit Schleife in den Stadtfarben niederlegen. Die Schleifeninschrift „Die dankbare Stadt Hohenstein-Ernstthal“ will besagen, welcher Dankesschuld unser Gemeindewesen einer großen Wohltäte in gegenüber sich bewußt ist. Die Verblichene hat in Gemeinschaft mit ihrem Gatten, Herrn Kommerzienrat Edmund Reinhard, anlässlich dessen 25jähriger Zugehörigkeit zur Firma G. F. Beck im Jahre 1890 mit 24000 Mk. eine Edmund und Auguste Reinhard-Stiftung* für Gemeindediakonie in Hohenstein (jetzt Altstadt von Hohenstein-Ernstthal) begründet. Diese menschenfreundliche Tat hat unendlich viel Segen auf unsere Einwohnerschaft ausgehen lassen und wird das Andenken der Verewigten und ihres Gatten allzeit in dankbaren Herzen wach halten. Daneben ist die Stifterin eine unermüdliche Wohltäterin in der Stille im reichsten Maße gewesen, der manches bedrückte und von ihr aufgerichtete Menschenherz nachtrauern wird.

*Die Edmund und Auguste Reinhard –Stiftung wurde am 3. Dezember 1890 durch Edmund Reinhard als „Stiftung für Gemeindediakonie“ gegründet. Die Stiftung bezweckte Einwohner der vormaligen Stadt Hohenstein, Krankenpflege zu gewähren. Mit dem gespendeten Geld wurde die „Altstädter Gemeindediakonie“ gegründet.

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Juni 1915

3. Juni 1915
Die Frage der Erweiterung und des Ausbaues unserer städtischen Gastanstalt stand in der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten abermals zur Beratung. Den Anlaß hierzu gab eine Anfrage des Stadtrates, ob das Kollegium, das sich mit seinem letzten zustimmenden Beschluß im Gegensatz zu dem ablehnenden des Rats befand, auch jetzt noch diesen Beschluß aufrecht erhalte. Wie zu erwarten war, änderte das Kollegium auch gestern seine Ansicht nicht, denn es wurden ja bereits verschiedene Maßnahmen getroffen, die ein Zurück schlechterdings fast ausschließen. Gestern allerdings wurden lediglich politische Beweggründe bei dem Für und Wider erörtert, weniger Gemüht legte man auf die technische Notwendigkeit des Baues, die lediglich in Herrn Gasinspektor Martini einen Verfechter fand. Den ausführlichen Bericht über diese Sitzung finden unsere Leser im Zweiten Blatt.

5. Juni 1915
Herr Lehrer Arnold feierte heute, den 4. Juni, sein 25jähriges Amtsjubiläum. Die Lehrerschaft der 2. Bezirksschule versammelte sich aus Anlaß dieses Jubiläums mittags nach Schulschluß zu einer schlichten Feier. Herr Direktor Patzig brachte dem Jubilar die besten Glückwünsche des Kollegiums dar. Als sichtbares Zeichen der Wertschätzung und zur dauernden Erinnerung an den Ehrentag widmeten ihm seine Amtsgenossen ein sinniges Geschenk. Möge Herr Arnhold noch viele Jahre in gleicher Rüstigkeit wie bisher seinem Amte vorstehen zum Segen der Schule wie der ganzen Gemeinde.

9. Juni 1915
Die chemische Dampfbleicherei Hüttengrund (Inh. Gebrüder Meißner) führte am Sonnabend für ihre Arbeiterinnen und Arbeiter eine nachahmenswerte Einrichtung ein, indem sie ohne vorherige Bekanntgabe allen bei ihr Beschäftigten von diesem Tage an eine ansehnliche Teuerungszulage zahlte.

13. Juni 1915
Die Gruberhöhe, die erste Anpflanzung auf unserem Berge, von deren Schenkung an den Erzgebirgsverein wir seinerzeit berichtete, ist nunmehr durch diesen Verein in Gemeinschaft mit der Stadtgemeinde zu einem Erinnerungsplatze für den ersten und langjährigen Vorsitzenden des Erzgebirgsvereins und Förderer der Verschönerung und Erschließung unserer Heimat ausgestaltet worden. Der inmitten des Rundteiles stehende Eichbaum ist von seinen Nachbarn befreit und zum Gedenkbaum gemacht worden. Um ihn her sind Latschenkiefern gepflanzt, die sich durch Blöcke von heimischem Gestein, Kuhschnappler Serpentin, winden. Das Ganze macht durch Vermeidung alles Unkräftigen einen der markigen Persönlichkeit des genannten Naturfreundes entsprechenden Eindruck. In dem größten Serpentinitsteinblock ist eine Tafel eingelassen, die die Inschrift trägt:

Zur Erinnerung an Carl Gruber,
Ritter pp.
Ehrenbürger der Stadt,
Ehrenmitglied des Erzgebirgsvereins.

Die Jahreszahl 1913 bedeutet auf das Jahr des Heimganges. Oestlich und westlich vom Rundteil ist je eine Bank aufgestellt worden, die in dankenswerter Weise von privater Seite gestiftet wurden. Einige angepflanzte Bäume auf den vorgelagerten Rasenflächen leiten den Blick vom Hauptwege über nach der schönen Erinnerungsstätte, die einen neuen und wirkungsvollen Schmuck des heimatlichen Berges bilden.

22. Juni 1915
Wieder hat der Krieg mehrere Opfer aus unserer Stadt gefordert. Herr Zahnarzt Lindemann, Oberleutnant und Kompagnieführer in einem Landwehr-Infanterie-Regiment, hat auf den Schlachtfeldern von Galizien in den letzten Tagen der vorigen Woche den Heldentod gefunden. Herr Lindemann war bereits in den Gefechten um Rethel zu Anfang des Feldzuges durch ein Schrapnellgeschoß verwundet worden, war dann nach seiner Heilung bei dem Ersatzbataillon seines Regimentes in Breslau tätig und erst vor wenigen Tagen wieder an die Front gekommen, wo ihn in den schweren Kämpfen um Grodek ein feindliches Geschöß tödlich traf. Um ihn trauern seine Gattin und zwei im zartesten Alter stehende Kinder. Herr Lindemann, der aus Schleswig-Holstein stammte und seit etwa 10 Jahren hier als Zahnarzt tätig war, hatte sich einen großen Freundeskreis und eine zahlreiche Kundschaft zu erwerben verstanden, die sein frühes Hinscheiden lebhaft beklagen. – Ferner fand am 15. Juni der Soldat Ernst Paul Arnold vom Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 106 durch einen Granatsplitter im Schützengraben den Tod. Der für sein Vaterland Gefallene war der Sohn des auf der Herrmannstraße wohnhaften Fabrikwebers Herrn Arnold und war erst vor wenigen Wochen nach seiner Rekrutenausbildung in Feindesland gekommen. Weiter fiel vor dem Feinde der Jäger Heino Pilz, der Schwiegersohn des auf dem Pfarrhain wohnenden Materialwarenhändlers Herrn Herrmann Uhlig. Der junge Krieger hatte einen Bauchschuss erhalten, dem er im Lazarett erlag. – Schließlich ist noch der Kanonier Hermann Singer im Feld-Artillerie-Regiments Nr. 116, der Sohn des Herrn Fleischermeister Franz Singer auf der Bismarckstraße, vor dem Feinde gefallen. Den jungen Kriegern, die mit ihrem Blute die Liebe zum Vaterlande besiegelten, wird das Gedenken der Mitwelt bleiben.

Gestern morgen gegen ½ 7 Uhr überflog ein militärischer Doppeldecker neuesten Systems unsere Gegend südlich der Stadt, der sich schon von weitem durch das Geräusch seines Propellers ankündigte. Das mächtige Flugzeug nahm den Weg nach Zwickau zu, erlitt aber, noch ehe es aus unserem Gesichtskreis verschwand, einen Motorschaden, der den Flieger zwang, in der Nähe von St. Egidien auf einem Haferfelde des Gutsbesitzers Weber im Gleitflug niederzugehen. Da sich bei näherer Untersuchung herausstellte, daß zwei Zylinder des Motors den Dienst versagten, so wurde das Flugzeug, das bei dem Niedergehen keinerlei Beschädigungen erlitten hatte, abmontiert und gegen Abend von Soldaten der Glauchauer Garnison, schleunigst herbeigerufen worden waren, nach dem Bahnhofe von St. Egidien befördert. Während der Rumpf durch eigene Motorkraft auf der Straße weitergebracht werden konnte, mußten die großen Tragflächen von den hilfsbereiten Kräften nach St. Egidien getragen werden. Das Fahrzeug das von Großenhain kam und mit dem Führer und einem Leutnant besetzt war, wollte auf seiner Erkundungsrundfahrt über Zwickau nach Leipzig, um von dort nach dem Flugplatz bei Großenhain zurückzukehren. Das Flugzeug wurde nach seiner Landung aus dem Haferfelde nach einem abgeernteten Kleefelde geschleppt und dort bis zum Eintreffen des Militärs von der St. Egidiener Feuerwehr und Gendarmerie bewacht. Die Kunde von dem Unfall des Doppeldeckers hatte sich schnell herumgesprochen, so dass die Unfallstelle tagsüber von zahlreichen Besuchern umlagert war.

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Mai 1915

4. Mai 1915
In einem am Zillplatz gelegenen Hause entstand am Sonnabend abend aus Unvorsichtigkeit ein Stubenbrand. Zum Glück wurde man auf die Gefahr rechtzeitig aufmerksam und löschte das Feuer, ehe es größeren Schaden anrichtete.

Zu einer Einbrecherjagd kam es gestern am späten Nachmittag in der Weinkellerstraße bez. In den Gärten zwischen Weinkeller- und Schulstraße, und zwar waren die Einbrecher einige Schulknaben im Alter von etwa 12 Jahren. Zunächst hatten die Jungen sich bemüht, Gelegenheit zum Stehlen zu finden, merkten aber, sie dort nichts ausrichten konnten. Sie fanden aber gar bald heraus, daß in dem Hause schräg über, in der Schulzeschen Eisenhandlung, die Luft ziemlich rein war. Zwei Jungen machten sich daran, Eingang durch ein Fenster ins Kontor zu erhalten, von wo aus sie sich in den Laden begaben und dort allerlei, wonach ihnen der Sinn stand – Messer, Dolche, Taschenlampen usw. – und auch einiges Wechselgeld zu sich zu stecken. Auf der Straße war man bald auf das verbrecherische Treiben aufmerksam geworden und stellte im Hause Posten aus, die des Herauskommens der Jungen harrten. Bald hatte sich eine fast unübersehbare Menschenmenge angesammelt. Die Jungen sahen sich, als sie ihre Beute in Sicherheit bringen wollten, überrascht und entdeckt und flüchteten kurzerhand durch die Gärten, wurden aber bald dingfest gemacht.

6. Mai 1915
Auf der Karlstraße trug sich dieser Tage ein bedauerlicher Unfall zu. Einem dort durchfahrenden Chemnitzer Radler lief ein 7Jahre alter Knabe ins Rad. Während letzterer gut davon kam, stürzte der Radler ab und fiel mit dem Kopfe an die dort stehende Steinmauer, wodurch er schwere Verletzungen erlitt. In einer nahen Wohnung wurde dem Bedauernswerten die erste Hilfe zuteil.

12. Mai 1915
Die Freiw. Feuerwehr 2. Komp. hielt in einfach schlichter Weise im Vereinslokal „Stadthaus“ ihr 59. Stiftungsfest ab, zu dem sich die Mitglieder nebst Ehrenmitgliedern zahlreich eingefunden hatten. Der ernsten Zeit entsprechend wurde der Abend durch Musik- und Gesangsvorträge, sowie Ansprachen ausgefüllt. Auch gedachte man der im Felde stehenden und bereits gefallenen Kameraden. Die Reihen der Mitglieder haben sich sehr gelichtet, sind doch zur Fahne ziemlich die Hälfte der Weber einberufen worden. Dem geselligen Beisammensein ging eine größere Uebung am Wohnhaus des Herrn Tischlermeister Bonitz an der Chemnitzer Straße voraus.

18. Mai 1915
So ganz nach dem Wunsche aller Besucher, die in großer Zahl erschienen, verlief gestern und heute der Jahrmarkt in der Altstadt. Der Wettergott zeigte zumal gestern ein recht freundliches Gesicht und lockte auf diese Weise eine sehr beträchtliche Zahl Gäste aus unseren Nachbarorten nach der Stadt, die die Budenstadt belebten. Die Einkäufe erstreckten sich meist auf hauswirtschaftliche Gegenstände, daneben sprang aber auch mancher Nickel an den Spiel- und Eßwarenbuden. Der erzielte Umsatz dürfte im allgemeinen ein befriedigender sein, da eine ziemliche Kauflust herrschte.

Ihr 175jähriges Bestehen kann im laufenden Jahre die hiesige privilegierte Schützenkompagnie Neustadt feiern. Mit Rücksicht auf die ernste Zeit wurde vorläufig wegen der Abhaltung einer Feierlichkeit noch kein Beschluß gefasst.

An der Ecke Schubert- und Weinkellerstraße spielte sich am Sonnabend nachmittag eine hässliche Straßenszene ab. Zwei 12 Jahre alte Schulknaben waren in Tätlichkeiten geraten und bearbeiteten sich dermaßen, daß schließlich ein Erwachsener die Beiden auseinander bringen musste. Einer der Knaben erhielt mit einem harten Gegenstand solche Schläge über den Kopf und ins Auge, daß er sofort in ärztliche Behandlung gegeben werden mußte. Sein Zustand ist bedenklich.

21. Mai 1915
Wie sehr die Errichtung des Berggasthauses zur Hebung des Fremdenverkehrs in unserer Stadt und ihrer herrlichen Umgebung beiträgt, zeigten die letzten Tage so recht. Seit der schönen Witterung sind fast täglich auswärtige Besucher auf unserem Berge anzutreffen. Aber auch Vereine nahmen bereits das Berggasthaus und damit die Stadt zum Ausflugsziel. Am vorigen Sonntag war der Turnverein von Bräunsdorf mit Damenabteilung auf unserer frischgrünen Höhe und heute sind eine große Anzahl Gymnasiasten von Schneeberg zum Mittagsmahl im Berggasthause versammelt. Unter Führung von Herren des Vereins werden sie dann die angrenzenden Höhen und Täler, die im Schmucke des Maien prangen, durchwandern. Mag auch fernerhin unsere schöne Höhe mit ihrer traulichen Einkehrstätte geeignet sein, unserer Stadt recht viele liebe Gäste zuzuführen.

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April 1915

7. April 1915
Der allbekannte Lohnkellner Herr Karl Keller war am 1. Feiertag fünfundzwanzig Jahre als Aushilfskellner auf dem hiesigen Bahnhofe tätig. Aus diesem Anlasse ließ ihm der Verband der sächsischen Bahnhofswirt durch den Bahnhofswirt Herrn Kühn eine Ehrenurkunde überreichen, an die sich eine schlichte Feier schloß. Der Ausgezeichnete nahm die ihn sichtlich überraschende Ehrung mit herzlichen Dank entgegen.

15. April 1915
Von der Neustädter Schule wird uns geschrieben: Heute waren es 25 Jahre daß Herr Walter Kläß als Lehrer an der Neustädter Schule tätig ist. Sofort nach beendeter Studienzeit am Seminar zu Waldenburg fand Herr Kläß hier zunächst als Hiöfslherer Anstellung, und wurde ihm später das Amt eines ständigen Lehrers übertragen. In dieser langen Zeit hat Herr Kläß sein Amt jederzeit mit Treue und anerkennungswerten Erfolgen verwaltet. Durch seine Liebe zu den ihm anvertauten Kindern hat sich Herr Kläß die allgemeine Achtung und Wertschätzung erworben. Dem Jubilar wurde heute in dankbarer Anerkennung der geleisteten Dienste und der bewiesenen Treue vom Herrn Stadtrat Anger als Vertreter des beurlaubten Herrn Bürgermeisters in Gegenwart des Herrn Schuldirektors Patzig und des gesamten Lehrerkollegiums Glückwünsche unter Ueberreichung einer Ehrenurkunde dargebracht. Darauf gedachte Herr Schuldirektor Patzig der treuen und peinlichen Pflichterfüllung des Jubilars, der frohen und schweren Tage aus seinem Leben, des freundlichen Umganges mit seinen Schülern und Mitarbeitern. Er wünschte ihm Kraft und Gesundheit, daß er noch lange seines Amtes walten könne zum Wohle der Schule, seiner werten Angehörigen und zu seinem eigenen Wohle. Vor allem möge ihm die Begeisterung für sein Amt ein steter Jungbrunnen bleiben. Als Zeichen der Liebe und Verehrung überwies er ihm im Namen des Kollegiums ein Geschenk. Der Jubilar dankte allen für die freundliche und herzlichen Wünsche und stiftete zum gedenken an seinen Ehrentag eine Geldsumme für arme Kinder. Dafür sprach ihm Herr Dir. Patzig den innigen Dank aus.

18. April 1915
Ein Alter von 200 Jahren weist eine große Buche auf, die mitsamt ihren etwas jüngeren Schwestern den Schmuck des Badwaldes bildete, der jetzt dem Holzfäller zum Opfer gefallen ist. Wohl muß man zugeben, daß der Wald ein Wirtschaftsobjekt ist, daß Soll und Haben sich also mindestens die Wage halten müssen, doch sind bei seiner Pflege auch noch andere Gesichtspunkte maßgebend gewesen, die neuerdings in den Worten „Heimatschutz“, „Naturschutz“, „Naturdenkmäler“ ihren Ausdruck finden. Wie schön wäre es gewesen, wenn die Waldwirtschaftspolitik die Möglichkeit offen gelassen hätte, Zeugen der Vergangenheit, Beweise umwandelbarer Naturkraft, Ziele für schönheitssuchende Naturfreunde zu erhalten und so einer weiteren Verarmung unserer Landschaft vorzubeugen.

21. April 1915
Wie bereits im Inseratenteil unseres „Tageblattes“ zu ersehen war, wurde am Sonnabend nachmittag das Passage-Kaufhaus dem Verkehr übergeben. Bereits mittags 2 Uhr strömte eine Menge Frauen mit ihren Kindern dem Geschäfte zu, denn wie wir hörten, wurden nachmittags eine große Anzahl Kinder, deren Väter im Felde stehen, von der Firma auf eigene Kosten neu bekleidet. Man beobachtete die Kinder, wie glückstrahlend sie das Kaufhaus verließen. Der Inhaber des neuen Unternehmens schuf damit ein hoch anzuerkennendes gutes Werk, welches sicher gutes Werk, welches sicher gute Früchte tragen wird. Unser Stadtrat hat auf Ersuchen der Firma die bedürftigen Familien vorgeschlagen. Gegen Abend waren trotz des schlechten Wetters die Straßen in der Nähe und der Teichplatz von einer großen Menschenmenge besucht, alle wollten die Eröffnung des neuen Kaufhauses sehen. – Das Geschäftshaus macht schon von außen einen wirklich großstädtischen Eindruck, dann aber auch ist die Inneneinrichtung sowie die Dekoration wirklich pompös. Die Firma, welcher es sich zum Grundsatz gemacht hat, nur beste Waren zum Verkauf zu bringen, wird auch in unserer Stadt unterstützt durch die dichtbevölkerte Umgebung, großen Absatz finden und trotz der gegenwärtig nicht so guten Lage unserer Industrie auf ihre Kosten kommen. Das wünschen wir von Herzen.

27. April 1915
Ein bedauerlicher Unglücksfall trug sich heute mittag an der Aue zu. In der Nähe der Scheibnerschen Färberei fiel das 4 Jahre alte Enkelkind des dort wohnenden Hausbesitzers Wilhelm Reuthner in einem zur Färberei gehörigen Bassin und ertrank darin. Hinzugeholte Feuerwehrleute brachten den leblosen Körper aus dem Wasser. Als die Mutter des Kindes das Unglück erfuhr, wurde sie ohnmächtig. Das Unglück ist umso tragischer, da der ater des ertrunkenen Mädchens seit Beginn des Krieges im Felde steht.

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März 1915

2. März 1915
In heimischer Erde zur letzten Ruhe gebettet wurde gestern nachmittag Herr Fleischermeister Bruno Ebersbach, der fern der Heimat in einem schlesischen Lazarett starb. Im besten Mannesalter raffte ihn, der mit des Vaterlands Verteidigung berufen war, eine Krankheit plötzlich und unerwartet dahin. Gestern nun wurde seine Leiche der heimischen Erde übergeben. Die Fleischer-Innung, der Königl. Sächs. Militärverein „Deutscher Kriegerverein“, zahlreiche zur Genesung hier aufhältliche Krieger und der „Turnerbund“ gaben ihm neben den Angehörigen wie einer großen Reihe von Freunden und Bekannten das letzte Geleit. Am Grabe sprach Herr Pastor Dybeck ehrende und tröstende Worte, die Gewehrabteilung des Kriegervereins feuerte die Ehrensalve übers Grab.

6. März 1915
Herrn Schmied Paul Wolf hier, der in der Landgraffstraße wohnt und den Feldzug auf dem westlichen Kriegsschauplatze als Unteroffizier bei der Maschinengewehrabteilung des 244. Regiments mitmacht, ist für besondere Tapferkeit während der Kämpfe um Zypern, wobei er schwer verwundet wurde, das Eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen worden.

10. März 1915
Gestern abend konnte das Kirchenchor und die Liedertafel eine dreifache Jubilarfeier abhalten. Die Jubilare waren die Herren Emil Goldschmidt, Gustav Gläßer mit 50jähriger Mitgliedschaft der Liedertafel und Emil Stöß mit 25jähriger Mitgliedschaft. Der Erstgenannte war 30 Jahre Kassierer des Vereins, der andere 30 Jahre Archivar des Vereins. Nach dem Gesang einer Motette hielt Herr Kantor Merker eine herzliche Ansprache an die Jubilare, worauf Herr Vorsteher Adolf Winter denselben Urkunden überreichte, worin die beiden Erstgenannten zu Ehrenmitgliedern ernannt wurden. Herr Stöß bekam einen wertvollen Spazierstock. Herr Emil Lohse überreichte im Namen des Kirchenvorstandes unter anerkennenden Worten den Herren Goldschmidt und Gläßer ein schönes Diplom. Auch die Damen des Vereins hatten sichs nicht nehmen lassen, die beiden erstgenannten Herren zu beschenken.

17. März 1915
Durch den fortsetzenden Regen der letzen Tage ist der Hüttengrundbach stark angeschwollen, sodaß er an verschiedenen Stellen austrat und die Wiese überschwemmte. Dieser Umstand konnte nun am Sonntag gegen abend dort leicht ein Menschenleben fordern, indem ein im Bethlehemstift untergebrachter verwundeter Krieger, der sich auf dem Heimweg befand an der Talstraße infolge eines Krampfanfalles in den Bach stürzte. Zum Glück hatte ein Kamerad den Vorgang bemerkt. Er eilte schnell hinzu und brachte den fast Leblosen, mit Hilfe von gerufenen Personen, wieder in Sicherheit.

18. März 1915
Eine kurze, aber eindrucksvolle Feier fand gestern abend in der städtischen Webschule statt: vollendeten sich doch am 25. März fünfundzwanzig Jahre, daß der Weblehrer Herr Walther im Hause C. F. Jäckel an der Schule tätig ist. Im Beisein der übrigen praktischen Lehrer sowie der Lehrer der Gewerbeschule, der Herren Direktor Jähnig und Hauck, überreichte Herr Stadtrat Müller im Namen des Rates und des Ausschusses der Schulen zum Jubilar die städtische Ehrenurkunde, beglückwünschte ihn zu der erreichten langjährigen segensreichen Tätigkeit und sprach die Hoffnung aus, daß es ihm noch weitere Jahre vergönnt sein möge, der Schule sein Bestes zu geben. Im weiteren sprach noch Herr Direktor Jähnig die Glückwünsche der Kollegen aus, die Herrn Walther zum Andenken an den Tag einen Lehnstuhl stifteten. Gerührt von den Aufmerksamkeiten bedankte sich der Jubilar und versicherte auch seinerseits, daß er hoffe, seine Kräfte so Gott will, noch lange in der Schule widmen zu dürfen. Ein kurzes gemeinsames Beisammensein schloß die Feier.

27. März 1915
In russischer Zivilgefangenschaft befindet sich auch ein Neustädter, der 40 Jahre alte Herr Paul Bohne, Sohn des auf der Aue wohnenden Hausbesitzers Herrn Bohne, der seit einiger Zeit in Groschik bei Warschau als Werkführer in einer Tüllfabrik tätig war. Um demselben Los zu entgehen, ließ die Ehefrau Bohnes, die aus Pleißa bei Wüstenbrand stammt, ihre Habe dort in Stich und reiste mit ihren drei Kindern unter vielerlei Gefahren auf Umwegen nach hier, wo sie auch vor kurzem eintraf. Wie wir hören, soll Bohne über seine Behandlung in der Gefangenschaft keine schlechte Mitteilung gemacht haben.

30. März 1915
Nun liegt der erste besondere Gedenktag des Herzens hinter jenen, die in diesem Jahre die Schule verließen, der Tag, an dem sich feierliche Gelübde auf jedes Lippen drängten – der Tag der Einsegnung. Unter feierlichem Glockengeläut und unter Führung der Lehrer bewegten sie sich gestern in geschlossenem Zuge von den Schulhäusern nach den Kirchen, um dort den Worten der Geistlichen zu lauschen, die ihnen den Segen eines praktischen Christentums eindringlich vor Augen führten. Viele von ihnen, die doch noch wirklich junge Kinder sind, ist der gegenwärtige Ernst der Zeit gewiß auch gerade gestern wieder zu erhöhtem Bewußtsein gekommen – fehlte doch so vielen bei dieser Feier der Vater, der Bruder, die in den Reihen der Verteidiger unseres schönen Vaterlandes stehen; mancher derselben hat schon den Heldentod erlitten. So ziehen sie denn nun hin und treten ein in den Lebens- und Wirkungskreis der Erwachsenen. Wohlauf denn, ihr lieben jungen Menschen: wir wünschen von Herzen Glück auf den Weg, Vertrauen in die Zukunft und Kraft für alle schweren Stunden, die ja nun einmal nicht ausbleiben.

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Februar 1915

3. Februar 1915
Als Vorsteher unseres Kaiserlichen Postamtes wurde Herr Polizeidirektor Michael vom Postamt Leipzig 8 nach hier versetzt und hat heute sein neues Amt übernommen. Herr Postdirektor Michael ist der neunte Vorsteher, seit unsere Post zum Postamt 1. Klasse erhoben wurde. Nachdem die frühere Postmeisterei*1 im Kunze-Gut in der Poststraße (jetzige Bismarckstraße*2) und im Vetterschen Hause am Altmarkt ihre Diensträume lange Jahre hindurch innegehabt hatte, siedelte Mitte der 60er Jahre die „alte sächsische Post“ unter Postmeister Schulze ins Bahnhofsgebäude über. Als die Staatseisenbahnverwaltung die Räume im Bahnhofsgebäude selbst benötigte und der sich steigernde postalische Verkehr von selbst und ein eigenes Heim erforderte, ging man 1886 an die Errichtung des Postgebäudes in der Schubertstraße, das im Oktober 1887 bezogen werden konnte. Ursprünglich sollte das Postgebäude in dem Baumgärtelschen Grundstück da, wo das alte „Trockenhaus“ stand, seinen Platz finden. Die Verhandlungen mit dem damaligen Besitzer führten zu keinem Ergebnis und so übernahm eine Gesellschaft den Postneubau auf eigene Rechnung, nachdem die Platzfrage eine befriedigende Lösung gefunden hatte. Seit dem Jahre 1901 ist das Postgebäude vom Reiche übernommen worden. Die Posthalterei besteht seit 1887, die Herr Gotthilf Richter übernahm, später von Herrn Paul Männel und jetzt durch Wilhelm Piper ausgeübt wird. Dem Postamt im Bahnhofsgebäude standen vor die Direktoren Ruppel (†) und Buchheim (†). Diesen folgten im Postamt auf der Schubertstraße die Direktoren Reichert (†), Rabis (†), Knoblauch (†), Rascher (†), Kießig (†), Seidel (†) und der nunmehrige Vorsteher Herr Polizeidirektor Michael, den unsere besten Wünsche in seinen neuen Wirkungskreis begleiten.

11. Februar 1915
Einem gesegneten Lebenslauf hat der Altbezwinger Tod abermals seinen Abschluß gegeben: gestern starb der älteste Einwohner unserer Neustadt, Herr Ernst Ferdinand Koch, im Alter von 88 Jahren. Mit ihm ist ein schlichter, ruhiger Mann dahingegangen, dem das Wohl der Vaterstadt wie des Vaterlandes stets am Herzen gelegen hat. Als eifriger Anhänger und Verfechter Jahnscher Ideen erlebte auch er die unruhigen Tage des Jahres 1848 mit und half die deutsche Turnerschaft eifrig mit fördern. Ersprießlich war er eine lange Reihe von Jahren im Vorstand der hiesigen Weber-Innung tätig und das Vertrauen seiner Mitbürger berief ihn in die Bürgervertretung der damaligen Stadt Ernstthal; er übte dieses Amt auf die Dauer mehrere Wahlzeiten aus. Nun ruht er aus von einem langen und gesegneten Leben. Ein ehrendes Gedenken wird ihm sicher sein.

16. Februar 1915
Mit allerhöchster Genehmigung Sr. Majestät des Königs hat das Königliche Ministerium des Innern Herrn Privatmann Friedensrichter Bohne hier anlässlich seines Ende 1914 erfolgten Ausscheidens aus dem Ratskollegiums in Anerkennung seines langjährigen verdienstvollen Wirkens für die Stadt Hohenstein-Ernstthal den Titel „Stadtrat“ verliehen. Am vergangen Sonnabend fanden sich Herr Stadtrat Layritz in der Wohnung des Herrn Bohne ein. Herr Stadtrat Anger als stellv. Bürgermeister und Herr Stadtrat Layritz in der Wohnung des Herrn Bohne die ihm gewordene Auszeichnung und brachte ihm die herzlichen Glückwünsche des Stadtrates dar.

21. Februar 1915
Ein nachahmenswertes Beispiel von Nächstenliebe gab die Arbeiterschaft der Firma C. F. Jäckel (Inh. Herr Georg Layritz) hier. Die Arbeiterschaft dieser Webfirma hielt fast jedes Jahr aus den Erträgnissen der Strafgeldkasse ein kleines Vergnügen ab. Mit Rücksicht auf die ernste Zeit wurde dieses Jahr jedoch davon abgesehen und beschlossen, von diesem Gelde jedem im Felde stehenden Mitarbeiter vorläufig ein Liebesgabenpaket im Werte von 2 Mk. zu senden und den Angehörigen zweier im Kriege gefallener verheirateter Mitarbeiter ein annehmliches Geldgeschenk zu überweisen.

28. Februar 1915
Am 26. Februar feierten Herr privatis. Photograph Friedrich Lasch und Frau das seltene Fest der goldenen Hochzeit. Das Jubelpaar, welches diesen Ehrentag noch in voller Rüstigkeit im Kreise reichlich erschienener Familienmitglieder begehen konnte, wurde von Herrn Pfarrer Albrecht im Hause eingesegnet und es wurde ihm von diesem eine Prachtbibel überreicht. Reichliche Blumenspenden sowie sonstige Aufmerksamkeiten von nah und fern wurden dem Jubelpaar zuweil.

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Januar 1915

1. Januar 1915
Am kommenden Sonnabend, den 2. Januar, begeht die hiesige Firma Robert Meisch das fünfzigjährige Jubiläum ihres Bestehens. Aus kleinen Anfängen heraus hat sich die Firma, die jetzt in den Händen des Sohnes des Gründers Herrn Ernst Meisch ist, zu einer der größten und hervorragendsten Trikotagenfabriken unserer Stadt und Gegend entwickelt, die Hunderten von Arbeitern Brot gibt und deren Erzeugnisse in alle Welt gehen. Der Gründer der Firma, der erst vor wenigen Jahren hier gestorben ist, stammte aus Nordhausen und fabrizierte zunächst in dem Hause des Fleischers Herrn Schönland, später im Hause der Firma F. L. Peschel und schließlich im Grundstücke des Herrn Emil Beck sog. Apoldaer Waren, Seelenwärmer, Häubchen usw., bis er sich der Herstellung von Trikotagen, Hosen, Jacken usw. zuwendete. Zugleich hatte Herr Robert Meisch den großen Neubau an der Weinkellerstraße errichtet, in welchem die Firma nun am Sonnabend ihr Jubiläum und die zahlreichen geschäftlichen und persönlichen Freunde, welche die Firma und ihr Inhaber in reichem Maße sich erworben haben, freudigen Anteil nehmen. Gerade in den jetzigen Zeitläufen haben die Erzeugnisse der Jubelfirma so manchen Krieger in Ost und West vor Kälte und Weh bewahrt. Hoffen und wünschen wir, daß das Ansehen der Firma, dessen diese sich im In- und Auslande erfreut, ein immer größeres werden möge, daß der Betrieb sich in immer steigendem Maße auswachse. In diesem Sinne statten auch wir Herrn Ernst Meisch unsere herzlichen Glückwünsche ab.

6. Januar 1915
Auf eine 20jährige Tätigkeit als Lokalrichter kann am heutigen Tage Herr Louis Dähne, ein in allen Kreisen unserer Stadt bekannter und allgemein geachteter Mann, zurückblicken. Heute vor 20 Jahren erfolgte auf dem hiesigen Amtsgericht seine Vereidigung für ein Amt, das Herr Dähne hoffentlich noch recht lange auszuüben sich erfreuen kann.

9. Januar 1915
Heute vormittag 10 Uhr fand im Sitzungssaale des Rathauses die feierliche Verpflichtung und Einweisung des zum Ratsmitgliede gewählten Herrn Fabrikbesitzer Kurt Zwingenberger statt. Sie wurde vorgenommen durch Herrn Stadtrat Anger in Vertretung des heute früh zum Kriegsdienst eingetroffenen Herrn Bürgermeister Dr. Patz. Es hatten sich Herren vom Rats- sowie vom Stadtverordnetenkollegium dazu eingefunden. Der Herr Vorsitzende widmete zunächst dem Wirken des wegen Krankheit ausgeschiedenen Herrn Stadtrat Friedensrichter Bohne ehrenvolle Worte der Anerkennung und des Dankes und gab hier auf der Genugtuung über den Ausfall der Ersatzwahl für die Jahre 1915 bis 1919 und der Freude über deren Annahme durch Herrn Zwingenberger Ausdruck. Es erfolgte sodann die eidliche Verpflichtung des neuen Ratsmitgliedes nach deren Beendigung dieses von Herrn Stadtrat Anger namens des Rats-Kollegiums herzlich willkommen geheißen wurde mit dem Wunsche, daß seiner Mitarbeit Glück und Segen beschieden sein möchte. Im Namen des Stadtverordneten-Kollegiums dankte Herr Vorsteher Lohse Herrn Zwingenberger für die Annahme der Wahl und versicherte ihn des Vertrauens dieser Körperschaft unter herzlichen Glückwünschen. Herr Stadtrat Zwingenberger dankte für die Glückwünsche und das durch seine Berufung in den Rat ihm erwiesene Vertrauen und gelobte Treue und Fleiß im Dienste seiner Vaterstadt. Mit einer Beglückwünschung seitens der übrigen Anwesenden endete der feierliche Akt.

16. Januar 1915
Ein in allen Kreisen unserer Bürgerschaft gleich gut bekannter und geachteter Mann, Herr Stadtrat William Zeißig, hat, was allen unerwartet kam, das Zeitliche gesegnet. Noch am Mittwoch abend bewegte er sich wohlgemut im Kreise lieber Bekannter in einem hiesigen Verein, und am nächsten Morgen machte ein Gehirnschlag seinem ersprießlichen Leben ein schnelles Ende. Gott hatte ihm ein selten langes Leben geschenkt – 82 Jahre, von denen er eine lange Reihe dem städtischen Gemeindewohl widmete. Zunächst betraute ihn das Vertrauen der Bürgschaft mit dem Amt eines Stadtverordneten, und dann berief man ihn im Jahre 1868 zum Mitglied des Rates, dem er bis 1908 – also 40 Jahre lang angehörte; in diesem Jahre schied Herr Zeißig altershalber vorzeitig aus dem Amte. Seit 1874 war der Verstorbene Stellvertreter des Bürgermeisters. Nach 25jähriger Tätigkeit im Rate ward ihm das Ritterkreuz 2. Kl. Des Albrechtordens verliehen und ihm gleichzeitig die Ehrenbürgerschaft zuerkannt. Bei seinem 30jährigen Stadtrats-Jubiläum ehrte die Stadt sein Wirken – zumal auf dem Gebiete der Armenpflege – durch Benennung einer Straße nach seinem Namen. Am 1. Januar 1908 vierzig Jahre im Stadtratsamte, ward der nun Verstorbene auch Ritter des Verdienstordens 2. Klasse; die Stadt errichtete zu Ehren Zeißigs eine Stiftung in Höhe von 2000 Mk. für wohltätige Zwecke, über deren Erträgnisse der Verewigte das Verfügungsrecht besaß. Das Andenken an den Verblichenen wird für alle Zeiten in unserer Stadt wach bleiben.

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Dezember 1916

1. Dezember 1916
Die im Königreiche Sachsen am 1. Oktober d. J. veranstalteten Sammlungen zum Opfertag für die Marine haben einen Betrag von 555.847,13 Mark ergeben. Von dem hocherfreulichen Ergebnisse wird die eine Hälfte der unter der Leitung des Großadmirals v. Koester stehenden Zentralstelle für Angelegenheiten freiwilliger Gaben an die Marine in Kiel zugeführt, während die andere Hälfte der Stiftung „Heimatbank“ für das Königreich Sachsen zufällt. Den einzelnen Sammelstellen wird noch besondere Mitteilung zugehen.

2. Dezember 1916
Abermals konnte die auf den Kopf der Bevölkerung entfallende Fleischmenge nicht unwesentlich erhöht werden. Beim morgigen Fleischverkauf wird auf jede Karte ein halbes Pfund Fleisch abgegeben.

3. Dezember 1916
Ein sauberes Pärchen ist gestern hier dingfest gemacht worden. In einem hiesigen großen Geschäft wurde seit einiger Zeit der unerklärliche Abgang wertvoller Gegenstände festgestellt. Jetzt kam man dem Diebe in der Person eines Angestellten auf die Spur und ermittelte in der Geliebten des Mannes die Hehlerin, die das Diebesgut beiseite brachte. Beide wollten ohne Abschied von hier abreisen, man wies ihnen aber gesonderten Aufenthalt in einem sicheren Raum an.

In Verbindung mit der Einschränkung im Eisenbahnverkehr werden auch bei der Post verschiedene Beschränkungen, und zwar Anfang Januar eintreten, jedoch werden sie nicht sehr bemerkbar sein.

6. Dezember 1916
Die Maul- und Klauenseuche herrschte in Sachsen am 1. Dezember in 2 Gemeinden und 2 Gehöften, gegen 1 Gemeinde und 1 Gehöft am 15. November. Im Bezirk Glauchau herrschte die Maul- und Klauenseuche nicht, dagegen die Schweineseuche, und zwar in Glauchau, St. Egidien, Lobsdorf und Schlunzig in je einem Gehöft. Von der letztgenannten Seuche waren am 1. Dezember in Sachsen 20 Gemeinden mit 21 Gehöften befallen, gegen 18 Gemeinden und 19 Gehöfte am 15. November.

7. Dezember 1916
Das Ministerium des Innern hat soeben bestimmt, daß Ferkel auch zur Schlachtung nur von den mit einer Ausweiskarte versehenen Mitgliedern des Viehhandelsverbandes für das Königreich Sachsen und nur zur Verfügung des Viehhandelsverbandes aufgekauft werden dürfen. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft.

9. Dezember 1916
Die stark gelichteten Reihen unserer Freiwilligen Feuerwehr, die eine recht beträchtliche Zahl ihrer Mitglieder zu den Fahnen gehen sah, werden demnächst eine von der Leitung der Wehr willkommen geheißene Auffüllung erfahren; die Wehr erhält Zuwachs durch Angehörige der Jugendwehr, die gegenwärtig an den Geräten ausgebildet werden. Wie wir hören, genießt die Jugendwehr eine geradezu vorbildliche Unterweisung, die von den militärischen Stellen besonders anerkannt worden ist.

10. Dezember 1916
Bezüglich des Kuchen- und Stollenbackens wird von zuständiger Seite darauf aufmerksam gemacht, daß die Herstellung von Kuchen aller Art und in jeder Form aus inländischem Getreidemehl in Bäckereien, Konditoreien und anderen Gewerbebetrieben sowie in Haushaltungen, Anstalten und dergleichen verboten ist. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft. Die Auffassung, daß es für die Allgemeinheit gleichgültig sein könne, wie erspartes Mehl verwendet wird, ist irrig, denn das Ersparen von Mehl ist nur dadurch möglich, daß hierfür andere Nahrungsmittel genossen werden. Es muß zu Brot oder Semmeln verbacken oder bei der Zubereitung von Speisen benutzt werden.

12. Dezember 1916
Die Landesfettstelle schreibt uns: In der nächsten Woche wird im größten Teile des Königreichs Sachsen statt Butter Schweineschmalz zur Verteilung kommen, da die Zentraleinkaufsgesellschaft Schmalz statt der jetzt knapp gewordenen Butter geliefert hat. In vieler Hinsicht bietet das Schweineschmalz größere wirtschaftliche Vorteile als Butter.

14. Dezember 1916
Reiche Beute machte ein Einbrecher, der nachts ein Grundstück in der Breiten Straße heimsuchte. Es fielen ihm vier Kaninchen im Werte von 30 Mk. in die Hände. Von dem Einbrecher hat man keine Spur.

15. Dezember 1916
Das deutsche Kriegsernährungsamt wendet sich mit einer Bitte an das deutsche Volk: Es ersucht, in diesem schweren Kriegsjahre auf die gewohnte Lichtfülle des Weihnachtsbaumes zu verzichten. Die für die Kerzen zu verwendenden Fettstoffe sind höchster Schonung bedürftig – man möge sich diesmal damit begnügen, jedem Baume nur eine Kerze aufzustecken. Den Verzicht auf den gewohnten Weihnachtsglanz möge die Erwägung erleichtern, daß dann die Kriegsweihnacht von 1916 als das „Fest der einen Kerze“ den Kindern bis in ferne Tage eine unvergeßliche Erinnerung an die Zeit des großen Opferns sein werde.

Die Zahl der in ganz Sachsen kriegsgetrauten Paare betrug am 1. November 1916 10.000.

16. Dezember 1916
Unsere Rathausuhr geht nach der maßgebenden Bahnzeit die Kleinigkeit von nahezu 10 Minuten vor. Es wird wohl nur dieser Anregung bedürfen, um Stadt- und Bahnzeit in das nötige Gleichgewicht zu bringen.

19. Dezember 1916
Von der Kriminalpolizei in Chemnitz festgenommen wurde ein 17 Jahre alter Handarbeiter von hier, der eine von einem gleichaltrigen Burschen in Chemnitz von einem Speditionsgeschirr gestohlene Kiste mit Schokolade im Werte von 100 Mark verkauft und sich dadurch der Hehlerei schuldig gemacht hatte. Den Erlös in Höhe von 80 Mark hatten die Burschen geteilt.

22. Dezember 1916
Mit welchen Gefahren das Ruscheln in den Straßen verbunden ist, zeigt ein Unglücksfall, der sich heute vormittag in der Moltkestraße ereignete. Ein mit zwei Kindern besetzter Schlitten fuhr gegen einen Baum und der Anprall war derart stark, daß das eine Kind, ein etwa vierjähriges Mädchen, ziemlich schwere Verletzungen am Kopfe davontrug.

Gestern nachmittag verging sich auf der Schützenstraße bis zum Schweizerhaustunnel ein etwa 30 Jahre alter auswärtiger Radfahrer in schwerer, hier nicht wiederzugebender Weise an einer Anzahl Schulmädchen. Der Mann fuhr mit seinem Rade nach dem Bahnhofe zu. Er hat hervorstehende Zähne und trug ein starkes wollenes Tuch um den Hals.

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November 1916

3. November 1916
Dreschtage für Landwirte setzt der Bezirksverband der Kgl. Amtshauptmannschaft Glauchau fest, und zwar sollen solche der 4. und der 7. November sein. Die Landwirte haben das ausgedroschene Getreide spätestens am 6. bez. am 8. November an die Mühlen und Getreidehändler des Bezirks zur Ablieferung zu bringen. Nichtbefolgung dieser Vorschriften zieht schwere Bestrafung nach sich.

5. November 1916
Gestern abend stürzte sich eine auf der Schützenstraße wohnende 41 Jahre alte nervenkranke Fabrikwebersehefrau aus dem Fenster ihrer im 1. Stockwerk gelegenen Wohnung herab in den Hof, wobei sie sich erhebliche Verletzungen zuzog.

7. November 1916
Der Bundesrat hat Bestimmungen über die Vornahme einer Volkszählung am 1. Dezember erlassen, und zwar soll die Gesamtzahl der in den Einzelstaaten in der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember ständig oder vorübergehend anwesenden Personen durch namentliche Auszeichnung festgestellt werden.

10. November 1916
Die für die Monate August bis einschließlich Oktober gewährte Fahrpreisermäßigung für Erntearbeiter – Beförderung zum halben Fahrpreis der 4. Klasse zur einmaligen Reise nach der Arbeitsstelle und zurück – ist jetzt bis Ende November 1916 ausgedehnt worden.

14. November 1916
Gegenwärtig sind Gasanstaltsarbeiter damit beschäftigt, die zu Oberlungwitz gehörende „Rote-Mühle“ an unser städtisches Gasleitungsnetz anzuschließen. In der letzten Zeit mußte der Mühlenbetrieb, der noch durch Wasserkraft bewerkstelligt wurde, infolge Wassermangels in der Goldbach zum Teil oftmals ruhen. Jetzt wird ein Gasmotor eingebaut. Die „Rote Mühle im Goldbachgrunde“ ist in unserer Gegend noch die einzige Mühle, die durch Wasserkraft getrieben wurde.

Ein sehr bedauerlicher Unglücksfall trug sich in der hiesigen Gasanstalt zu. Der dort beschäftigte 17 Jahre alte Schlosser Kurt Graf, Sohn des an der Schützenstraße wohnenden Schlossers Herrn Graf, erlitt durch Platzen einer Lötlampe derartig schwere Verletzungen im Gesicht, daß seine sofortige Ueberführung nach dem Kreiskrankenstift Zwickau angeordnet werden mußte. Wie wir erfahren, hat der junge Mann ein Auge eingebüßt.

21. November 1916
Ein Einbruch, der den Schluß zuläßt, daß er von denselben Tätern verübt wurde, die kürzlich in Oberlungwitz wertvolle Beute machten, wurde in der Nacht zum Sonnabend in der Hohensteiner Seidenweberei Joh. Aug. Voß Nachf. verübt. Außer einem Posten Seidenstoffen ließen die Spitzbuben aus der Portokasse Geld und Briefmarken mitgehen, die Oeffnung des Geldschranks gelang ihnen dagegen nicht.

22. November 1916
Starker Nebel, der heute in der zwölften Vormittagsstunde einsetzte, machte schon in den zeitigen Nachmittagsstunden den Tag zur Nacht, sodaß man schon in der dritten Stunde zu künstlichem Licht greifen mußte. Da gleichzeitig das Barometer stark zurückgeht, so sind die Aussichten für den morgigen Bußtag nicht gerade gute.

Es empfehlt sich nicht, Kristallsüßstoffe kochenden oder allzu heißen Speisen und Getränken zuzusetzen, da deren Geschmack dadurch oft in unvorteilhafter Weise verändert wird. Irgendwelche gesundheitliche Nachteile bringt diese Geschmacksveränderung jedoch keineswegs mit sich.

24. November 1916
Einbrecher haben in vergangener Nacht abermals das Lutherstift heimgesucht. Es wurde ein Einbruch in den Reinigungsraum verübt, aus dem mehrere Paar Kinderschuhe und auch Männerstiefel abhanden kamen. Man hat bisher keinerlei Anhaltspunkte, wer der Täter sein könnte.

Vorbeigelungen war ein Diebstahl, den ein Liebhaber von Kaninchenbraten im Stalle eines Nadelmachers an der Schönburgstraße geplant hatte. Als der Dieb den Kaninchenstall erbrochen hatte, sah er sich dem Nichts gegenüber, denn der Besitzer hatte die Tiere nachts mit in seine Wohnung genommen.

25. November 1916
Spitzbuben sind jetzt allerorten und fast jede Nacht tätig. Jüngst wurde auch der Bäckerladen des Herrn Spindler am Röhrensteig im Hüttengrund heimgesucht. Bei dem nächtlichen Besuch fielen dem Diebe, der sich durch Eindrücken einer Fensterscheibe Eingang verschaffte, ein großes Brot, eine größere Anzahl Brotmarken und einiges Kleingeld in die Hände.

28. November 1916
Die Bahnhofswirtschaft zu Hohenstein-Ernstthal soll vom 1. März 1917 ab anderweit auf 6 Jahre verpachtet werden. Die hierfür in allgemeinen Betracht kommenden Bedingungen liegen auf den sächsischen Bahnhöfen zur Einsichtnahme aus. Pachtangebote sind bis zum 8. Dezember 1916 an die Königliche Generaldirektion der sächsischen Staatseisenbahnen in Dresden einzusenden. Persönliche Vorstellung hat nur nach Aufforderung zu erfolgen.

29. November 1916
Recht enttäuscht dürften Diebe gewesen sein, die in der Nacht zum Sonntag dem Schlachthaus eines Neustädter Fleischermeisters einen Besuch abstatteten. Sie fanden von den ersehnten Fleisch- und Wurstwaren nichts vor und mußten unverrichteter Sache wieder abziehen.
Wie wir hören, dürfte für das ganze Reich mit einer Früherlegung der Polizeistunde zu rechnen sein. Vermutlich wird die Polizeistunde einheitlich auf 12 Uhr nachts festgesetzt werden.

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Oktober 1916

3. Oktober 1916
Frau Waisenhausmutter Stübner feierte gestern ihr 25jähriges Amtsjubiläum. Aus diesem Anlaß wurde ihr durch Herrn Bürgermeister Dr. Patz im Beisein des Herrn Kommerzienrates Reinhard die städtische Ehrenurkunde sowie ein Geldgeschenk unter den herzlichsten Glückwünschen an Ratsstelle ausgehändigt.

5. Oktober 1916
In den letzten Tagen trafen im Bethlehemstift im Hüttengrunde die letzten diesjährigen Kinder zu einem vierwöchigen Erholungsaufenthalt ein. Mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Jahreszeit hat diese letzte Abteilung nur eine Stärke von 150 Pfleglingen. Ende Oktober wird dann das Stift geschlossen.

Empfindlich geschädigt wurde jetzt ein im Hüttengrund wohnender Gartengutsbesitzer, indem demselben sein wertvoller Zugochse erkrankte und abgestochen werden mußte. Leider stellte der hinzugezogene Tierarzt bei dem Tiere die gefährliche Milzbrandkrankheit fest, sodaß das Fleisch und alle Gegenstände, die mit dem Tiere in Verbindung kamen, vernichtet werden mußten.

7. Oktober 1916
Von zwei Hunden überfallen wurde gestern gegen Abend im Poetengäßchen die achtjährige Tochter des Webers Herrn Emil Lässig in der Lichtensteiner Straße. Die Hunde rissen das Kind zu Boden und brachten ihm am linken Bein zwei tiefe Bißwunden bei, die ärztliche Behandlung nötig machten. Die Hunde gehören einem in der Nähe wohnenden Hausbesitzer, der wohl gut täte, die Tiere festzulegen, damit sie nicht noch weiterhin die öffentliche Sicherheit gefährden.

10. Oktober 1916
Einem Geschirr von auswärts widerfuhr heute Mittag auf dem oberen Altmarkte ein Mißgeschick. Vier Ochsen zogen einen vollbeladenen Heuwagen aufwärts, als bei einer Drehung das Geschirr umstürzte und ein neben dem Wagen gehendes Pferd unter seiner weichen Last begrub. Nachdem man das Tier unter dem Heu hervorgeholt, kollerte es noch ein Stück den Abhang hinab, nahm aber anscheinend keinen Schaden.

12. Oktober 1916
Infolge festgesetzter Einziehung von Arbeitskräften zum Heere stellen die „Oberlausitzer Zeitung und Nachrichten“ sowie die „Weißenberger Zeitung“ ihr Erscheinen ein, nachdem auch der Verleger beider, Karl Keßner, einberufen worden ist. Das Zeitungsunternehmen befindet sich seit 38 Jahren im Besitze der Firma Keßner.

13. Oktober 1916
Glücklich einem schweren Unheil entgangen ist der Soldat Herr Unger von hier, der sich auf dem Militärzug befand, welcher zwischen Schneidemühl und Landsberg auf einen Vorzug auffuhr, wobei zwölf Personen den Tod fanden. Herr Unger kam völlig unverletzt davon zu seiner und seiner Angehörigen Freude, die auf der Hohen Straße wohnen und denen er jetzt einen Urlaubsbesuch abstattet.

15. Oktober 1916
Es wird hierdurch nochmals darauf aufmerksam gemacht, daß die Frist für die Meldung der bis 1. Oktober 1916 nicht freiwillig zur Ablieferung gelangten Fahrradbereifungen am 15. Oktober 1916 abläuft. Die noch zu erstattenden Meldungen sind zur Vermeidung strenger Bestrafung ungesäumt an die Wohnortsbehörde zu erstatten. Die hierzu erforderlichen Vordrucke können bei dieser Behörde entnommen werden.

18. Oktober 1916
Winterlicher Vorgeschmack brachte uns der heutige 17. Oktober gleich in den frühen Morgenstunden. Nachdem bereits gestern Nachmittag ein starker Graupelfall zu verzeichnen war, nachdem recht empfindliche Kälte einsetzte, fiel heute früh der erste Schnee, der mit starken Graupeln vermengt war, aber natürlich keinen Bestand hatte. Hoffentlich richtet sich der Winter nicht zu früh häuslich ein.

19. Oktober 1916
Mehrere hundert Stück makedonischer Beuteziegen wurden nach Sachsen überwiesen, und zwar 100 nach Dresden, 100 nach Chemnitz. Die 100 für Chemnitz bestimmten Stück wurden am Freitag auf dem Chemnitzer Viehhofe zum Verkauf gebracht. 60 Stück verkauft der landwirtschaftliche Kreisverein zu Zuchtzwecken an Landwirte, die übrigen 40 Stück werden geschlachtet und als markenfreie Ware verkauft, das Pfund etwa zu 2,50 Mk.

20. Oktober 1916
Wiederum musste der unredliche Erwerb von Arbeitslosen-Unterstützung bestraft werden: Die 22 Jahre alte hiesige Strickerin Möckel hat Arbeitslosenunterstützung erhalten, und zwar für je 2 Wochen 12 Mark, obwohl sie Arbeit hatte und wöchentlich 8 – 10 Mark verdiente. Die Unterstützung verschaffte sie sich durch eine gefälschte Eintragung in ein Lohnbuch. Urteil: 6 Wochen Gefängnis.

21. Oktober 1916
Einem auf der Schützenstraße wohnenden armen Weber ward der vor dem Konsumvereinsgebäude stehende Handwagen im Werte von 12 Mk. verdachtlos gestohlen.

Infolge des Ausfuhrverbotes von Espenholz aus Rußland, das zur Fabrikation der schwedischen Streichhölzer dient, haben die großen schwedischen Streichholzfabrikanten ein Übereinkommen geschlossen, die Streichhölzer kürzer herzustellen als bisher.

24. Oktober 1916
Spurlos verschwunden ist die auf der Rückfahrt von Kleinwanzleben (Preußen) nach hier befindliche 17jährige Martha Wendler, deren Mutter hier auf der Dresdner Straße wohnt; ihr Vater befindet sich im Heeresdienst. Zuletzt wurde das Mädchen auf dem Leipziger Hauptbahnhof gesehen. Die Angelegenheit ist der dortigen Polizei übergeben worden.

27. Oktober 1916
Der 12jährige Schulknabe Max H. von hier, der am 6. August in das Wohnhaus des Grünwarenhändlers Groschopp hierselbst einstieg und aus der Ladenkasse etwas über 100 Mk. entwendete, von denen er ungefähr die Hälfte mit einem anderen Knaben verjubelte, wurde zu 3 Wochen Gefängnis verurteilt.

31. Oktober 1916
Es ist wiederholt zu beachten gewesen, daß durch das Aufstellen von Geldspielautomaten namentlich unter jugendlichen Personen die Spielleidenschaft gefördert wird. Um dieser wegen ihrer wirtschaftlichen Folgen höchst bedenklichen Erscheinung nach Möglichkeit zu begegnen, hat der Kommandierende General des 19. Armeekorps die öffentliche Aufstellung von Geldspielautomaten jeder Art für den Korpsbezirk verboten, bereits aufgestellte Geldspielautomaten sind geschlossen zu halten.

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