Heft 6

Inhaltsverzeichnis Heft 6

Vorwort
Andre Neubert

Sächsische Wurzeln
Ria Zwingenberger

Einmal Hohensteiner – immer Hohensteiner?
Christian Pausch

Der Lauf des Lebens
Renate Kirsch

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Heft 5

Inhaltsvertzeichnis Heft 5

Vorwort
Andre Neubert

Der „versteinerte Wald“ von
Hohenstein-Ernstthal

Stefan Köhler

Vom Krähwinkel in die Weltliteratur –
Kuhschnappel philologisch

Andreas Barth

Das Archiv des Hohenstein-Ernstthaler Schriftstellers und Ehrenbürgers Werner Legere
Ramona Siebeck

Lasser Malzew, der Schäftemacher
(1894 -1960)

Dieter Krauße

Die Hermann-Ende-Stiftung
Heinrich Hiersemann

Erinnerung an Pfarrer Kurt Rietzsch
Bernd Bammler

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Heft 4

INHALTSVERZEICHNIS HEFT 4

Vorwort
André Neubert

Meine Kindheit und Jugend in Sachsen 1932 – 1953
Klaus Rother

Der Anfang

Herkunft und Eltern

Die Kindheit

Die Schulzeit im Krieg

Die Nachkriegszeit

Abitur und Medizinpraktikum

Studium in Leipzig und Flucht

Die alte Heimat heute

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Heft 3

Inhaltsverzeichnis Heft 3

Vorwort
André Neubert

Die Schulgeschichte in Ernstthal (Teil II)
Albrecht Reuther

Ernstthal und die Jaquardweberei –
Die Firmen Ende und Hermann
Gisela Rabe

Notizen zum Musikleben in Hohenstein-Ernstthal
Klaus Rother

Christian Gotthilf Tag – Ein mühsamer Weg zum Kantorenamt von St. Christophori zu Hohenstein
Axel Röhrborn

Die Wende in Hohenstein-Ernstthal
Klaus Franke

St. Georgenkreuz vom Zar Alexander
für einen Hohensteiner
Dieter Krauße

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Heft 2

Inhaltsverzeichnis Heft 2

Vorwort
André Neubert

325 Jahre Ernstthal – Ein Überblick
André Neubert

Entlang der Ernstthaler Strassen
Bernd Bammler, Simone Weidt

Die Schulgeschichte in Ernstthal (Teil I)
Albrecht Reuther

Chronik der Kirchgemeinde St. Trinitatis
Helga Feige

Zur Ernstthaler Friedhofsgeschichte
Bernd Günther

„Memento Mori“ – Gedenke des Todes
Horst und Petra Richter

Carl Heinrich Ludwig Pölitz –
ein bedeutender Sohn Ernstthals
Wolfgang Hallmann

Kleine Chronik des Erzgebirgsvereins
Hohenstein-Ernstthal e.V.
Sabine Günther

Batzendorfer Kneipentour
Bernd Bammler

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Heft 1

Inhaltsverzeichnis Heft 1

Zum Geleit
André Neubert

Ein Geschichtsverein für Hohenstein-Ernstthal –
Cui Bono?
André Neubert

Das Hohenstein-Ernstthaler Stadtarchiv-
eine Bestandsgeschichte
Sabine Günther

Anna Gratiosa: Die Förderin der
Bergstadt Hohenstein
Ulrich Weber

Kurzer Abriss der Geschichte des
Hohenstein-Ernstthaler Bergbaus
Stefan Köhler

Ein unbekannter Brief Klara Mays
an Otto Baumgärtel
André Neubert

Der „Wagner Sepp“ eine Rennsportlegende
des Sachsenrings
Bernd Bammler

Der Grossbetrieb Möbelstoff- und Plüschwerke
Hohenstein-Ernstthal
Gisela Rabe

Satzung des Hohenstein-Ernstthaler Geschichtsvereins e.V.

Beitragsordnung des Hohenstein-Ernstthaler Geschichtsvereins e.V.

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Mitteilungsheft

Mitteilungsheft des Geschichtsvereins

In zeitloser Folge erscheint des Mitteilungsheft des Geschichtsvereins.

Dieses ist jeweils zum Preis von 7,50 € in der Stadtinformation, im Textil- und Rennsportmuseum, im Karl-May-Haus, in der Klis’schen Buchhandlung und natürlich auch bei den Mitgliedern des Geschichtsvereins erhältlich.

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Dezember 1911

05. Dezember 1911
Vergangene Nacht in der 1. Stunde war im Kohleschuppen der Firma Robert Meisch, wahrscheinlich infolge Selbstentzündung durch die Dampfpresse, Feuer ausgebrochen, das zum Glück noch so rechtzeitig bemerkt wurde, daß der Brand mit der eigenen, trefflich funktionierenden Feuerlöscheinrichtung der Firma noch im Entstehen gelöscht werden konnte.

Der Bildhauer und Steinmetzgeschäftsinhaber Otto Riedel von hier, der – wie wir berichteteten – vorige Woche auf der Straße von Hohndorf nach Oberlungwitz durch Sturz vom Rade schwer verunglückte, ist gestern seinen Verletzungen erlegen. Er hinterlässt eine Witwe mit drei noch unerzogenen Kindern.

06. Dezember 1911
Das Totenglöcklein klingt für die Gewerkschaft „Lampertus“. Vor einigen Wochen konnte das „Tageblatt“ berichten, daß eine Gewerkenversammlung Beschluß fassen sollte über das fernere Schicksal des Unternehmens; diese Versammlung verlief ergebnislos, weil außer einem Vertreter keine Gewerken erschienen waren. Die gestern Montag im Huthause abgehaltene Versammlung war nun zur endgültigen Beschlussfassung ermächtigt. Anwesend waren außer dem Verwalter Herrn Illgen die Herren Justizrat Tetzner als Vertreter der Frau Tetzner-Gera, Herr Alfred Fritzsche-Aue als Beauftragter der Firma Schultze & Fritzsche und für seine Person, sowie als Vertreter der Stadtgemeinde Hohenstein-Ernstthal Herr Bürgermeister Dr. Patz. Einstimmig wurde beschlossen, das Bergbaurecht der Gewerkschaft „Lampertus“ aufzugeben. Die Gewerkschaft in der Gestalt, wie sie gestern sozusagen zu Grabe getragen wurde, besteht seit dem Jahre 1895, und in der Zeit von damals bis heute ist keinerlei Ausbeute zu verzeichnen gewesen – kein Wunder daher, daß die Gewerken der fortwährenden Zubußen einmal überdrüssig wurden. „Lampertus“ hatte in früherer Zeiten eine nach damaligen Verhältnissen befriedigende, ja vielleicht auch eine reiche Ausbeute – der Ertrag war aber kein dauernder. Verschiedentlich hat der derzeitige Verwalter der Gewerkschaft, Herr Illgen, Anregungen gegeben, den Schacht noch einmal zu prüfen – umsonst. Die Beteiligten konnten es nicht über sich gewinnen, auf ein Ungewisses hin noch einmal ein kapital daranzuwenden, das vielleicht doch von vornherein als verloren anzusehen war, und so unterblieb eine eingehende Untersuchung des Schachtes. So wird nun über kurz oder lang mit dem nunmehr beschlossenen Einstellen des eigentlich schon lange ruhenden Betriebes auf dem Lampertusschacht der letzte Rest des einst in so hoher Blüte stehenden Erzbergbaues am Pfaffenberge dahinschwinden. Zwar kann heute eigentlich von einem endgültigen Beschluß noch nicht gesprochen werden; die Angelegenheit hat erst einen gewissen Instanzenzug zu durchlaufen: Herr Verwalter Illgen hat das Ergebnis der gestrigen Versammlung an das Bergamt Freiberg zu berichten, dieses muß sich dann mit dem Kgl. Ministerium ins Einvernehmen setzen – aber zu ändern dürfte an dem Schicksal des Schachtes nichts mehr sein. Die nächste Folge wird sein, daß das Unternehmen, von dessen einstigen Blühen noch heute die zahlreichen Halden auf dem Pfaffenberge zeugen, zur Zwangsversteigerung gelangt. Das steht zwar heute noch nicht so unwiderruflich fest, einen anderen Weg gibt’s aber nach Lage der Verhältnisse nicht. Schon am 7. November fand in dieser Angelegenheit eine Beratung im hiesigen Rathause statt, an der auch Vertreter des Bergamts in Freiberg teilnahmen; hierbei beschäftigte man sich in der Hauptsache mit der Frage des Bergbaurechts und des Bergreservats, es handelte sich also um eine Vorbesprechung für die gestrige Gewerkenversammlung.

09. Dezember 1911
Eine recht gefährliche Unsitte macht sich schon seit längerer Zeit an der Bahnunterführung, die nach der Schützenstraße führt, bemerkbar. Man kann dort vielfach die Wahrnehmung machen, daß an den abschüssigen Zufahrtsstellen von beiden Straßenseiten aus sehr schnell mit Hand- und Kinderwagen nach dem Tunnel kommenden Personen bei dem Verkehr in die Gefahr des Ueberfahrenwerdens kommen. Letzteres ist schon öfters passiert, erst in den letzten Tagen wurde wieder eine ältere Frau, die mit einem Tragkorb durch den Tunnel ging, von einem jungen Mann, der mit einem Handwagen schnell bergab fuhr, umgerissen. Zum Glück hat die Frau keine Verletzungen erlitten, sodaß sie, nachdem sie sich vom Schreck etwas erholt hatte, weiter gehen konnte.

Die hiesige Kunst- und Verlagsanstalt E. M. Seidel hat eine sehr hübsche Neujahrskarte – einfarbig und auch bunt – herausgegeben, die in vollendeter Weise eine Schneelandschaft widergibt, und zwar den anziehenden Punkt unseres Marktes: Zierbrunnen und oberer Altmarkt.
Die Baulichkeiten, die für den Depotplatz der elektrischen Bahn geplant sind, bestehen aus einem Wohn- und Verwaltungsgebäude und einer Wagenhalle. Der Depot-Platz befindet sich bekanntlich an der Goldbachstraße südlich vom Sägewerk des Herrn Stadtrat Beck und gegenüber dem Gimpelschen Neubau. Im Vordergrund des Platzes, ganz wenig von der Straße entfernt und mit der Hausfront nach dieser gerichtetfindet die Wagenhalle ihren Platz. Sie ist 41 Mtr. lang und 22 Meter tief geplant. In der östlichen Tiefenverlängerung wird die Reparaturwerkstatt mit einer Länge von 26 Metern und einer Tiefe von 12 Metern so angebaut, daß das Ganze an dieser Seite mit einer Gesamttiefe oder Breite von 34 Metern erscheint. Von der Bahnstrecke aus zweigt zunächst ein Gleis in seiner Verlängerung nach und nach sechs weitere Gleise, die gleichlaufend zueinander in die Wagenhalle führen. Diese kann 24 Wagen aufnehmen. In der Reparaturwerkstatt finden Maschinen für Schmiede, Tischler usw. Aufstellung und es werden Aufenthaltsräume für das Personal eingebaut. Ein siebentes Gleis führt in diese Werkstatt, ein achtes auf den Platz hinter der Halle. Das Verwaltungsgebäude wird im Hintergrunde, von der Straße aus rechts gesehen, errichtet werden. Es ist ein zweistöckiger Bau mit einem schlichten jedoch ganz hübschen Aeußeren. Das ganze Gebäude ist 15×12 Meter groß. Im Erdgeschoß finden die Geschäftszimmer und eine Beamtenwohnung, im Obergeschoß die Wohnung für den Direktor ihren Platz. Die ganze Anlage wird entsprechend ihrem Zweck eine ziemlich umfangreiche werden und der gesamten Umgebung zur Belebung verhelfen und zur Zierde gereichen.

17. Dezember 1911
Ein Stück Weihnachtspoesie stellt das Leben und Treiben dar, daß sich gelegentlich des Christmarktes entwickelt, der morgen und am Heiligen Abend im Herzen unserer Stadt abgehalten wird. Inmitten der Budenstadt, die gegenwärtig im Entstehen begriffen ist, entwickelt sich ein lebhaftes Kommen und Gehen. Verlangend schauen die Kleinen auf die in den Buden ausgebreiteten vielen schönen Sachen, auf das so viel begehrte Spielzeug. Die Mütter suchen Püppchen für die kleinen Mädchen aus, mit gewichtigeren Sachen beladen, macht sich der Vater auf den Heimweg, um in wohlgehütetem Versteck die Geschenke zu verstauen…Der morgige 3. Adventssonntag soll nun unsern Geschäftsleuten den Haupterntetag bringen. Wer von den Bewohnern unserer Nachbarorte sich nun nicht dazugehalten und beizeiten eingekauft hat, wird morgen sicher über das Wetter murren, denn der Regen hat die Straßen aufgeweicht, die Wege sind nicht mehr so angenehm passierbar als an vergangenen Sonntagen.

19. Dezember 1911
In einem Geschäft in der Weinkellerstraße stahl gestern nachmittag eine in den mittleren Jahren stehende Frau, in deren Begleitung sich ein Knabe befand, mehrere Gegenstände, darunter eine kleine Dampfmaschine. Trotz des Gedränges im Laden war aber die Frau beobachtet und der Ladeninhaber darauf aufmerksam gemacht worden. Natürlich hatte sich die Frau mit den gestohlenen Sachen schleunigst aus dem Staube gemacht, wurde aber vom Geschäftsinhaber und einer Verkäuferin eingeholt und zurückgebracht. Von einer Anzeige sah der Geschäftsmann ab, da die Frau die Gegenstände dann bezahlte.

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November 1911

05. November 1911
Kauft am Ort oder von im Ort bekannten Personen! Vor einigen Tagen bot ein durch Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, usw. fahrender Händler russische Preißelbeeren feil, das Pfund zu 35 Pfg. Diese durch ihre Größe ansprechenden Beeren waren aber nicht die erwünschten Preißelbeeren, sondern es waren nur Beeren der sogen. eßbaren Eberesche. Die Käufer klagen allgemein darüber, daß diese Beeren, um nur einigermaßen schmackhaft zu werden, unverhältnismäßig viel Zuckerzusatz erfordern, wodurch der vermeintliche billige Kauf und das Einlegen dieser „russischen Preißelbeeren“ sich als sehr teuer und unvorteilhaft erweisen.

15. November 1911
Gestern stürzte in einem unbewachten Augenblick das 2½ Jahre alte Söhnchen einer auf der Karlstraße wohnenden Handarbeitersfamilie vom zweiten Stockwerk herab in den Hof. Das Kind hatte sich zu weit über das Fensterbrett gelegt, wodurch es das Gleichgewicht verlor und abstürzte. Es wurde besinnungslos aufgehoben, kam aber nach einiger Zeit wieder zum Bewusstsein. Der sofort zu Rate gezogene Arzt stellt innere Verletzungen fest, auch scheint das Kind innere Verletzungen am Rücken erlitten zu haben.

16. November 1911
Nachdem gestern fast den ganzen Tag leichter Nebel über dem Lande lagerte, kam er in der siebenten Stunde in einer derartigen Dichtigkeit dahergezogen, dass die Straßen und Schaufensterlaternen kaum auf einige Meter hin geringe Helligkeit verbreiteten. Der Straßenverkehr ward deshalb auch ziemlich beschwerlich. Daß der Verkehr auf den Landstraßen um diese Zeit geradezu mit Gefahr verknüpft war, zeigt folgender Vorfall: Auf der Badstraße fuhr Herr Ortskrankenkassierer Koch von hier mit seinem dreirädigen Automobil. Durch irgend einen Umstand dazu veranlaßt, glaubte er einem entgegenkommenden Gefährt ausweichen zu müssen, in der Dunkelheit fiel diese Bewegung zu stark aus, das Fahrzeug fuhr in den Straßengraben, fiel um und der Insasse ward herausgeschleudert. Glücklicherweise kam er mit dem Schrecken davon, während der Wagen dadurch beschädigt wurde, daß der Benzinbehälter ausbrannte. Ueber Nacht blieb das Gefährt draußen liegen; erst heute vormittag wurde es zur Reparatur nach der Stadt gefahren.

17. November 1911
Angeblich aus Verzweifelung über geschäftliche Verluste ist ein junger Geschäftsmann aus einer Nachbarstadt zum Fälscher und Betrüger geworden. Er kam im Laufe des Vormittags zur hiesigen Bank und präsentierte einen Wechsel über 500 Mk., der auf den Namen eines hiesigen Geschäftsmannes ausgestellt war. Der Betrüger hatte jedoch nicht mit der Vorsicht des Bankvorstehers gerechnet, der erst bei dem hiesigen Geschäftsmann anfrug und daraufhin dem Fremden die Betrugsabsicht und Fälschung nachweisen konnte. Als der Betrüger sah, daß er auf diese Weise seinen Zweck, zu Gelde zu kommen, nicht erreichte, nahm er schleunigst Reißaus, ward aber von einigen Geschäftsangestellten eingeholt und durch Polizeiorgane verhaftet. Der bisher Unbescholtene wird sein unlauteres Manöver schwer büßen müssen.

22. November 1911
Ein Rückblick auf die Bautätigkeit in unserer Stadt ist jetzt, wo sie weit vorgeschrittene Jahreszeit wohl bald ein „Halt“ gebieten wird, am Platze. Mit diesem „Halt“ wird ein Baujahr beendet werden, das im Hinblick auf das günstige Wetter vom ersten bis zum letzten Tage ein reichgesegnetes genannt zu werden verdient. Aber auch im Hinblick auf die Anzahl und den Umfang der fertiggestellten und begonnenen Bauten kann man seine Freude haben. Einen Villen- oder Wohnhausneubau errichteten die Herren Meyer und Reuthner an der König Albert Straße*1, Müller an der Hüttengrundstraße, Pfefferkorn an der Lungwitzer Straße, Selbmann und die Baugenossenschaft an der Bismarkstraße*2, Dünnebier an der Zeißigstraße, Richter an der Schönburgstraße*3, Uhlig auf dem Pfaffenberg und Mehnert an der Dresdnerstraße. Fabrikneu- und Umbauten sowie Wiederaufbau der abgebrannten Betriebsgebäude führten bezw. begannen die Firmen Heidel an der Antonstraße, Vetter & Rössel an der Schillerstraße, Finsterbusch an der Limbacher Straße*4 und Beck an der Goldbachstraße. Auf dem Pfaffenberg errichteten der Erzgebirgsverein ein prächtiges Berggasthaus und der „Turnerbund“ eine große Turnhalle. Während Herr Köhler an der Talstraße auf dem abgebrannten Teile seines Anwesens den Dachstuhl wieder aufsetzte und Herr Schmidt im Altstädter Schützenhause den Garderoberaum vergrößerte, plant Herr Bauer an der Moltkestraße*5 zu geeigneter Zeit den Bau einer Kühlanlage. Schaufenster- und Ladenvergrößerungen wurden von den Herren Richter, Winter, Reinhold und Schörner vorgenommen. Die Anzahl der aufgezählten Bauten, denen sich noch eine größere Zahl nicht genannter kleinerer Veränderungen zugesellte, rechtfertigen es wohl, wenn man das Baujahr ein fruchtbares und die Bautätigkeit eine rege nennt; beide lassen auf eine gefundene Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens schließen.

25. November 1911
Ein Kuriosum, das heute die Leute in der Dresdnerstraße wohl sämtlich an die Fenster rief, ist wert, daß man es als Zeitbild festhält: Da gabs ein Schnaufen, Poltern, Rasen auf der Straße und dazwischen ein Brüllen, als ob eine ganze Rinderherde durchginge und als man den Schaden besah, da wars – ein Automobil mit einer „modernen“ Hupe. Soll mal jemand noch sagen, es gäbe keine keine Poesie der Landstraße mehr.

28. November 1911
Feueralarm durchtönte am Vorabend des Totensonntags die Straßen unserer Stadt, die Hornisten unserer Wehr wie auch Fabrikpfeifen gaben Signale und riefen zur Hilfe zu einem Großfeuer im Hüttengrunde, wo ein Teil der chemischen Dampfbleicherei Koch in Flammen Stand. Der Brand war in dem seitwärts des Hauptgebäudes stehenden größeren Trockenhause ausgebrochen, in dem Wolle und Baumwolle, Garne usw. lagerten, und zwar bemerkte man die ersten Flammen in der Nähe des Exhaustors. Das Feuer fand reichliche Nahrung und verbreitete sich deshalb auch schnell über das ganze Gebäude, um bald darauf auf ein kleineres vorgelagertes Haus überzugeifen, indem die Wäscherei und Bleicherei untergebracht war. Ein Glück war es, daß der Wind die Flammen nicht dem Hauptgebäude zutrieb; so war es den Bemühungen der Feuerwehren möglich, den Brand fast auf seinen Herd zu beschränken. Das Hauptgebäude mit dem Kontor sowie das Kesselhaus blieben völlig unversehrt. Trotzdem Wasser in genügender Menge und auch ganz nahe der Brandstelle vorhanden war, konnten die Wehren dem entfesselten Element nicht Einhalt tun, was bei der großen Menge brennbarer Stoffe sehr begreiflich erscheint. De Ursache des Brandes ist noch nicht aufgeklärt, sie dürfte jedoch in Selbstentzündung zu suchen sein. Wie wir hörten, ist der Schaden ganz beträchtlich, er dürfte aber zum größten Teil durch Versicherung gedeckt sein. An Material wurden etwa 8-10.000 Kilogramm Baumwolle vernichtet. Besonders empfindlicher Schaden erwächst der Firma dadurch, daß gegenwärtig große Aufträge in Baumwollbleicherei zu erledigen waren, die jetzt naturgemäß nicht ausgeführt werden können. Außer der Hüttengrunder Wehr waren auch unsere beiden Kompagnien eifrig mit tätig, ebenso die Hermsdorfer Feuerwehr, die sich die Löschprämie errang, und die Kuhschnappler Wehr.

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Oktober 1911

01. Oktober 1911
Herr Stadtrat Paul Reinhard, der Inhaber des seit Ende 1820 bestehenden Bett- und Tischdecken-, Strumpf-Export- und Seiden- und Chenille-Fabrikationsgeschäftes G. F. Beck hier kann am morgenden 1. Oktober auf eine 25jährige Tätigkeit als Chef der Firma zurückblicken. Am 1. Oktober 1886 als Teilhaber in die alte, nunmehr seit drei Menschenaltern hochangesehene Firma aufgenommen, hat Herr Stadtrat Reinhard in unmittelbarer Tätigkeit es verstanden, dem Geschäfte immer neue Produktionszweige anzugliedern und es zu einem der ersten am hiesigen Platze zu machen. Der Segen des Fleißes, der bisher das Tun und Handeln des Jubilars begleitet hat, wird, das sind wir gewiß, auch im zweiten Vierteljahrhundert seiner geschäftlichen Tätigkeit nicht ausbleiben.

06. Oktober 1911
Ein Unglück konnte gestern nachmittag auf der Oststraße, in der Nähe des Neustädter Teichplatzes, entstehen durch einen schnellfahrenden auswärtigen Motorradfahrer, der beinahe zwei Kinder überfahren hätte. Nur dem schnellen Eingreifen einer Frau, die die Kinder noch rechtzeitig auf die Straße riß, war es zu danken, dass beide mit dem Schrecken davon kamen. Auch der Radler bremste sofort und so scharf, dass er vom Rade geschleudert wurde, ohne sich glücklicherweise nennenswerte Verletzungen zuzuziehen. Der Vorgang hatte schnell eine große Anzahl Leute angelockt, die in scharfen Worten Partei gegen den Radler nahmen.

11. Oktober 1911
In der vergangenen Nacht ist im Meisterhause ein Einbruch verübt worden. Die Diebe haben sich durch Eindrücken einer Fensterscheibe Eingang in das zu ebener Erde gelegene Gastzimmer verschafft, haben im Buffet alles durchwühlt, den Schutzkasten vom Wassersprühbehälter abgedrückt (glaubten Sie etwa daß hier Geld verborgen sein könnte?) und sich vier Schlüssel zum Grammophon und zu einem Wandschrank angeeignet. Anscheinend sind die Einbrecher aber dann gestört worden, so daß sie ihren Ausgang durch die Küche in den Hof nahmen und durch einen Schlüpfe wieder auf die Straße gelangten. Mitgenommen haben sie nichts, da das Geld im Grammophon noch vollständig vorgefunden wurde. In den Verdacht der Täterschaft kommen zwei Fremde, die in der gestrigen Mittagsstunde im „Meisterhause“ eingekehrt sind. Beide waren große, schlanke Männer, der eine mit schwarzem, der andere mit blondem Schnurrbart. Der Eine trug einen braunen, modefarbenen Anzug, frischen Stehkragen und braunen, langen Schlips. Er hatte vorher seinen graugestreiften Winterüberzieher bei einem hiesigen Pfandleiher verkauft. Der Andere trug ein in schwarze Leinwand gewickeltes Kästchen bei sich, in dem sich vielleicht Einbrecherwerkzeuge befanden. Bis jetzt hat man von den Einbrechern noch keine Spur.

24. Oktober 1911
Als ein Genie im Schwindeln und Betrügen erwies sich in diesen Tagen ein junger Mann von hier, der Sohn achtbarer Eltern. Am vorigen Donnerstag sprach er bei Herrn Sattlermeister G. Müller hier vor, gab sich als Sohn eines hiesigen Baumeisters aus und borgte auf dessen Namen ein Paar Reitgamaschen, ein Paar Sporen und eine Reitpeitsche, welche Gegenstände ihm auch ausgehändigt wurden. Als Sohn eines hiesigen Fabrikanten begab er sich dann zu einem Goldwarenhändler, ließ sich dort fünf goldene Ringe und zwei goldene Armbänder aushändigen, die er angeblich seinem Vater zur Auswahl überbringen sollte; auch in diesem Falle kamen dem Geschäftsmann keinerlei Bedenken über die Glaubwürdigkeit des Knaben und der junge Mann gelangte auf leichte Weise auch in den Besitz dieser Wertsachen. Am Sonnabend nachmittag in der 4. Stunde verlegte der Betrüger den Schauplatz seiner Schwindeloperationen in das Kontor einer hiesigen Fabrik. Hier spielte er – wiederum mit gutem Erfolg – den Sohn des Strumpffabrikanten Hösel in Wüstenbrand, verlangte vom Farbikherrn, mit dem Hösel in Geschäftsverbindungen steht, das Abrechnungsbuch, das über diese Verbindungen geführt wird und den sich aus der Abrechnung ergebenden Betrag vin 159,65 Mk. Das Auftreten des jungen Mannes war, wie in den vorerwähnten Fällen, so auch hier ein bestimmtes und sicheres, sodaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit seiner Ansprüche nicht entstanden und dem Betrüger das Abrechnungsbuch samt dem Gelde ausgehändigt wurde, worüber er quittierte. Erst zu spät kamen die Geschädigten dahinter, daß sie von einem Schwindler gebrandschatzt worden waren – in allen Fällen handelt es sich um ein en fein eingefädelten und schlau durchdachten Betrug. Dann ward aber auch festgestellt, daß der junge Mensch, indem der 18jährige Eugen Willy R. von hier ermittelt ward, bereits in Chemnitz, wo er in Stellung war, eine größere Unterschlagung und einen Betrugsversuch bei dortigen Banken verübt hatte. R. wurde noch am selbigen Abend von der Chemnitzer Kriminalpolizei verhaftet und nach Chemnitz ins Amtsgerichtsgefängnis abgeliefert.

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