Februar 1919

5. Februar 1919
Die Holzdiebstähle nehmen kein Ende: Sonntag früh wurden mehrere Einwohner aus dem Osten der Stadt beobachtet, die auf Schlitten und Wagen 20cm starke Stämme in ihre Wohnungen brachten. Bei einer von der hiesigen Polizei gemeinsam mit einem fürstlichen Forstbeamten in dieser Angelegenheit vorgenommenen Haussuchung wurden sechs Einwohner der Oststraße des Hofdiebstahls überführt; drei von ihnen wurden auf frischer Tat ertappt, als sie eine Anzahl bis zu 30cm starker Stämme in ihre Behausungen bringen wollten. Alle sehen ihrer Bestrafung entgegen unter ihnen sind verschiedene, die es nicht notwendig hätten, sich Brennholz durch Diebstahl zu verschaffen. Diese Zeilen mögen alle denen, die sich an diesem Treiben beteiligt haben, zur Warnung dienen, zumal ein etwaiges Begehen dieser Verbrechen im Rückfall besonders starke Strafen nach sich zieht.

7. Februar 1919
Einbrecher statteten gestern der Winterschen Scheune auf dem Pfaffenberg einen Besuch ab. Mit Bohrer und Säge sprengten sie in die von innen verschlossene Tür ein Loch, um zu dem Riegel zu gelangen, mussten aber unverrichteter Sache wieder abziehen. Den Spuren nach zu urteilen, hatten sie einen Schlitten mit, doch konnten diese infolge des eingetretenen Schneefalls leider nicht weiter verfolgt, die Täter daher auch noch nicht ermittelt werden.

Ein weiterer Diebstahl wurde zum Schaden eines in der Waisenhausstraße wohnenden Bäckerlehrlings verübt, dem aus dem verschlossenen Schrank und der in diesem stehenden ebenfalls verschlossenen Sparbüchse 20 Mark gestohlen wurden. In diesem Falle ist man dem Täter erfreulicher Weise auf der Spur.

8. Februar 1919
Es ist eine gewagte Sache für einen Verein, in der jetzigen heizstoffarmen Zeit, in der eine Beheizung der Säle behördlich verboten ist, ein öffentliches Vergnügen zu veranstalten. Er läuft leicht Gefahr, daß alle seine auf die Vorbereitung verwendeten Mühen nutzlos waren und das der Vereinskasse anstelle eines erwarteten kräftigen Zuwachses eine größere Zubuße auferlegt wird. Auch der gestern Donnerstag im „Schützenhaus“ veranstaltete Künstlerabend stellte eine „Aufführung im Eispalast“ dar. Der Besuch hielt sich in recht mäßigen Grenzen und mit dem Kassenerfolg dürfte der Theatralisch-artistische Verein wohl kaum zufrieden sein. Gespielt wurde, wie die Besucher das von den früheren Unterhaltungsangaben her gewöhnt sind, ausgezeichnet, sodaß sich ein vorzüglicher Gesamteindruck feststellen lies. Der Verein zählt gesangliche Kräfte zu den Seinen, die sich überall hören lassen können; daneben trieb der Humor seine Blüten, während andererseits auch Geschicklichkeitskünste zu ihrem Rechte kamen im Balanceakt und in der Schnellkunstmalerei. Die vielseitige und abwechslungsreiche Spielfolge fand einen wirkungsvollen Abschluß mit der Aufführung einer Posse, die die Zuschauer nicht aus dem Lachen herauskommen ließ und sie dadurch etwas „aufwärmte“.

Das Vereinsleben, das in den langen Kriegsjahren gehörig zurückgegangen ist, lebt jetzt wieder auf. Und das ist erfreulich, wenn es auch um manche verschwundenen Vereine nicht schade sein mag, aber Gesangsvereine, die danach streben, ihren Mitmenschen einen frohen Abend zu bereiten, verdienen die besten Wünsche, ferner Turn- und Sportsvereine und alle, die sich in den Dienst wahrer Geselligkeit und der Bildung stellen. Sie mildern die schroffen politischen Gegensätze und arbeiten dem wilden Vergnügungstaumel entgegen.

13. Februar 1919
Zu einer großen Menschenansammlung kam es gestern nachmittag in der vierten Stunde vor dem Gasthaus „Drei Schwanen“. Auf dem oberen Altmarkt war ein vor einem kleinen Kastenschlitten gespanntes Pferd scheu geworden und raste den Altmarkt hinab. An der Lichtensteiner Straße stürzte der Schlitten um und der Lenker wurde heraus geworfen; anscheinend kam er ohne nennenswerte Verletzungen davon. Das Pferd rannte weiter den unteren Altmarkt entlang, bis es am „Schwanen“ von einem Soldaten, Herrn Zschirpe d. J., auf zum Schlitten und ward eine kleine Strecke mitgeschleift; für seine brave Tat tauschte er Wunden an den Händen ein.

14. Februar 1919
Die hiesige Hebamme Frau Rudelt wurde gestern für 25jährige treue Arbeit die städtische Ehrenurkunde durch Herrn Bürgermeister Dr. Patz unter entsprechenden Glückwünschen überreicht.

16. Februar 1919
Einen seltenen Besuch hatte vor einigen Tagen Herr Baumschulenbesitzer Nee, Hüttengrundstraße, zu empfangen. Es trafen mit Kraftwagen von Chemnitz kommend zwei Dresdner Herren in Begleitung eines englischen und zweier französischer Offiziere ein, die in höflicher Form Herrn Neef baten, ihnen seine gesamten Baumschulenbestände zu zeigen. Nachdem dieses geschehen war, machte die Kommission ihm die Mitteilung, daß er im Frühjahr 1500 Obstbäume in das Sommergebiet senden soll. Bezahlung erfolgt durch die deutsche Regierung. Nach Aussagen von Herrn Neef müssen die Baumschulen von Sachsen und Thüringen insgesamt 35000 Bäume abliefern. Die Feinde nehmen nur Bäume aus Baumschulen, also nicht Privatgärtnereien.

18. Februar 1919
Zur Einführung der Sommerzeit wird neuerdings geschrieben: Die Regierung hat beschlossen, daß für das Jahr 1919 ebenso, wie in den vorhergehenden Jahren, die Sommerzeit durchgeführt wird. Die Uhr soll bereits in der Nacht zum 2. März um 60 Minuten vorgerückt werden. Die Zeitrechnung wird am 5. Oktober wieder hergestellt. Es ist die Frage aufgestellt worden, ob diese Sommerzeit auch während des Friedens aufrecht erhalten wird. Die Regierung hat eine Kommission die aus Vertretern aller Ministerien gebildet ist beauftragt, diese Frage zu untersuchen.

27. Februar 1919
Gestern abend meldete eine auf der Wilhelmstraße wohnhafte Frau in der Neustädter Bezirkswache, bei ihr sei eingebrochen und 700 Mark Geld (ein Erbanteil, den sie abliefern sollte) gestohlen worden. Die sofort angestellte Untersuchung ergab jedoch, daß die Frau den Einbruch nur fingiert hatte, um sich dadurch in den Besitz des Geldes, das man bei ihr versteckt vorfand, zu setzen, was sie nach anfänglichen Leugnen auch zugab.

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