Dezember 1913

2. Dezember 1913
In einem Hüttengrunder Restaurant gerieten am Sonnabend abend aus kleinlicher Ursache einige Männer aus dem Hüttengrund in Streit. Derselbe artete soweit aus, daß bald eine Schlägerei im Gange war, wobei einige der beteiligten erhebliche Verletzungen erlitten. Unter anderem soll einer der Beteiligten auch einen Biß erhalten haben. Dem Wirt, der den Streit zu schlichten suchte, wurden dabei Gegenstände demoliert.

5. Dezember 1913
Als gestern der Besitzer von „Stadt Dresden“ auf kurze Zeit die Gaststube verlassen hatte, hörte er in einem anderen Raume, daß ein Gast das Zimmer betrat. Als er selbst zur Bedienung erschien, bemerkte er niemanden, vermißte aber, als ein späterer Gast erschien, eine eben angebrochene Kiste Zigarren. Zufällig revidierte bald danach ein Schutzmann, der von dem Diebstahl Kenntnis erhalten, eine Herberge und fand die ganze Gesellschaft behaglich schmauchend vor. Spender der Zigarren war ein gewisser Beyer aus Burgstädt, der auf Vorhalten auch bald eingestand, den kühnen Griff in der Gaststube getan zu haben. Aus der Kiste fehlen etwa ein Dutzend Zigarren, die der Wirt jedenfalls gern verschmerzen wird. Der Langfinger bezog Staatspension“.

10. Dezember 1913
Ade – Rodelbahn! Dein Schicksal ist fürs erste besiegelt. Statt der erhofften weiteren Fülle weißer Flocken stellte sich Regen ein. Wer gestern abend im Freien war, konnte feststellen, daß zunächst noch der Wind ziemlich kalt wehte, aber mit seiner zunehmenden Stärke ward auch eine langsame, doch stetige Erwärmung der Temperatur bemerkbar, die uns nun den unerwünschten Regen brachte, der heute früh mit einzelnen Graupeln vermischt war. So sind denn die Freuden der Wintersportler recht kurze gewesen.

19. Dezember 2013
Nun geht’s mit Riesenschritten aufs Fest zu, aber noch immer will keine rechte Weihnachtsstimmung aufkommen angesichts des ganz und gar kalenderwidrigen Wetters, das uns noch nicht das rechte Maß von Schnee und Kälte gebracht hat, die doch eigentlich zu einem richtigen Weihnachten gehören wie der Stollen zum Festkaffee. Kein Wunder darum, daß unsere Geschäftsleute die ganze Woche klagen über anhaltende Leere in den Läden. Aussicht auf winterliches Wetter ist aber vorhanden. Hoffentlich bringen die letzten Tage vor dem Feste noch den ersehnten Goldstrom, auf den ja jeder Geschäftsmann schon lange Zeit vorher rechnet und rechnen muß. Im folgenden beschließen wir unseren diesjährigen Weihnachtsrundgang durch die Geschäfte der Stadt.
Eine großstädtische Auswahl unterhält Uhrmachermeister Kurt Reinhold, Dresdner Straße 28. Wir finden hier Knaben-Uhren, schwer goldne Omega-Uhren, feinste Präzisionswerke, Haus-, Wand- und Küchen-Uhren; Goldwaren: Nadeln, Broschen, Knöpfe, Ringe, Ketten; optische Waren, Grammophone usw.
Was ein Parfümerie-Geschäft an Neuheiten dem Publikum bietet, findet man bei J. M. Jeschwitz, Dresdner Straße 11, Tel. 364: alle Arten Schönheitsmittel, Haarersatzteile in- und ausländische Parfüms und Toilette-Seifen, Kamm- und Bürsten-Garnituren, Wellen- und Locken-Eisen, Haarschmuck in jeder Ausführung usw.
Außerordentlich leistungsfähig in seinen verschiedenen Abteilungen ist das Kaufhaus S. Rosenthal u. Co., Ecke Weinkeller- und Konrad Clauß-Straße, das erst ganz bedeutend vergrößert wurde und nun in der Lage ist, gegen früher ein viel größeres Lager unterhalten zu können. Wir finden hier Wäsche aller Art und in der verschiedensten Ausführung, Wäschestoffe, Kleiderstoffe und modernste Mäntel, Kostüme u. dergl. Trikotagen und Wollwaren, Handschuhe und Strümpfe, Gardinen und Decken , Knabenschwitzer- und Anzüge, weiße Herrenwäsche, Herrenwesten und- Hüte, Mützen, Taschen, Gürtel, Schürzen Korsetts, Boas, Unterröcke, fertige und vorgezeichnete Handarbeiten, Albums zu verschiedenen Zwecken, Brieftaschen, Portemonnaies und Hunderterlei andere nützliche Dinge.
Maßgebend bei Beschaffung bürgerlicher Wohnungseinrichtungen ist das Geschäft von Louis Wappler, Bau- und Möbelfabrikation, Weinkellerstraße 12. Die Firma ist vorteilhaft bekannt durch Lieferung nur bester Tischlerarbeit und empfiehlt sich zum Feste für den Kauf von Einzel-Gebrauchs- und Luxusmöbel aller Art.
Das Möbelhaus von Karl Vogel, Tapezier- und Polstermeister, Chemnitzer Straße, am Neumarkt, unterhält ein riesenhaftes Lager in Schränken, Tischen, Matratzen, Sofas, Spiegeln, Sofagestellen, Plüschen usw. Ausstattungen kauft man hier schon von 150 Mk. an.
Schuhe und Stiefel jeder Machart von den einfachsten bis zu den feinsten empfiehlt das Schuhwarenhaus Paul Winkler, Teichplatz 2. Besonders in Winter-Fußbekleidung ist das Lager groß. Die Preise sind wie bekannt billig.

20. Dezember 1913
Ein folgenschwerer Unfall wurde auf der Eisenbahnstrecke in der Nähe der Antonstraße verhütet. Ein Weichensteller hatte zufällig bemerkt, daß auf dem Ausfahrtsgleis nach Wüstenbrand ein Stück Schiene ausgebrochen war. Den 2014 Uhr ausfahrenden Personenzug konnte er noch kurt vor der schadhaften Stelle zum Stehen bringen. Nach 15 Minuten Verspätung fuhr der Zug dann auf dem anderen Gleis aus, während Streckenarbeiter eine neue Schiene einsetzten.

28. Dezember 1913
Unsere Rodelbahn am Nordanhange des Pfaffenberges war am zweiten Feiertage im vollen Betrieb, der sich bis in den Abend hinein, wo Laternen bis an den Wald ihren Weg bezeichneten, erhielt Jung und alt konnten sich voll am gesunden Sport vergnügen und sie ließen sich, ebenso wie die Zuschauer, vom naßstürmischen Wetter, das auf dem Berge besonders bemerkbar war, nicht stören. Gab es doch in der Sporthütte einen warmen Schluck und Imbiß, die wenn nötig vom Hüttenwirt mit einem kräftigen Humor gewürzt wurden. Leider ist die Luft wieder einmal zu Wasser geworden, und es bleibt wieder nur die Hoffnung, daß es den Launen unseres Wettergottes gefällt, zwischen den anderen Gaben auch einen dauerhaften Schneewinter zu bescheren. Daß sich dann ein Sportleben wie nirgendwo anders entwickeln wird, zeigte der gestrige Anfang.

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