April 1910

02. April 1910
Reklame für unsere Stadt wird immer das Interesse derer finden, die ihren Aufschwung und ihre Förderung wünschen. Seit einigen Jahren betreibt diese gleichzeitig mit der Reklame für sein Geschäft der Besitzer der Parkwirtschaft und Sommerfrische „Windmühle“, Herr Max Werner. Wenn der Frühling und damit auch die Zeit der Schülerspaziergänge herannaht, dann langen in allen Schulhäusern und Lehreranstalten der engeren und weiteren Umgebung seine Einladungen an, sein auf herrlicher, aussichtsreicher Bergeshöhe gelegenes, schönes Besitztum mit den Schulkindern zu besuchen. Herr Werner ist mit dem Erfolge zufrieden und es steht zu hoffen, daß Hohensteins Berg immer mehr und mehr als Ziel der Schulausflüge in Aufnahme kommt. Auch heute wieder flattern die Wernerschen Kärtchen hinaus in die Städte und Dörfer. Sie tragen Aussprüche von aus den Werken des Naturforschers G. H. Schubert und Karl Ruhsams über den hiesigen Ausblick. Mögen sie viele herbeilocken, es wird keinen gereuen.

03. April 1910
Trotz der noch frühen Jahreszeit hat sich in unserer Stadt die Bautätigkeit bereits gut entwickelt. Am Kroatenweg errichtet Herr Bauunternehmer Frinzel ein Wohnhaus, das schon sehr weit fortgeschritten ist. Im Bau befinden sich noch ein Wohnhaus an der Schönburgstraße, Herrn Bauunternehmer Müller gehörig, und ein solches an der Schillerstraße, daß Herr Kaufmann Uhlig erbauen läßt. Im Laufe dieser Woche hat man auch auf der Antonstraße mit den Arbeiten zu einem Fabrikerweiterungsbau begonnen, den Herrn Fabrikbesitzer Haase auf seinem Gartengrundstück errichten läßt. Der an der König Albertstraße gelegene Wohnhaus- und Fabrikbau des Herrn Berghänel dürfte demnächst beendet sein. In nächster Zeit dürfte auch voraussichtlich mit einem größeren Fabrikerweiterungsbau Herr Fabrikbesitzer Layritz an der Antonstraße sowie Herr Lieberknecht mit dem Wiederaufbau des seinerzeit niedergebrannten Fabrikteils beginnen.

15. April 1910
Heute Vormittag begaben sich die Herren Bürgermeister Dr. Patz und Stadtrat Müller nach dem Direktorialzimmer der Altstädter Schulen, um daselbst vor versammelten Lehrer-Kollegium im Namen des Schulausschusses Herrn Bürgerschullehrer Bauer zu seinem 25jährigen Jubiläum als Lehrer in unserer Stadt die Glückwünsche der Stadt darzubringen und ihm ein Ehrendiplom zu überreichen. Nach den beglückwünschenden Worten des Herrn Bürgermeister Dr. Patz nahm Herr Schuldirektor Dietze Veranlassung, im Namen des Lehrerkollegiums Herrn Bauer zu seinem Ehrentage die verbindlichen Wünsche darzubringen. Mit herzlichen Worten des Dankes seitens des Geehrten war die einfache Feier beendet. Das Ehrendiplom ist, wie wir noch hervorheben wollen, von einem Hohensteiner, dem Kunstgewerbeschüler Baumgärtel in Dresden, in kunstvoller Weise hergestellt worden.

20. April 1910
In einfacher und schlichter Weise vollzog sich gestern gegen Abend auf dem Gartengrundstück des hiesigen Naturheilvereins die Einlegung der Urkunden in den dort zur Aufstellung gelangenden Zierbrunnen, zu welchem Akte sich eine große Anzahl Vereinsangehörige eingefunden hatten. Herr Vorsteher Schellenberger eröffnete die Feier mit einer sinnigen Rede und verlas den Text der einzulegenden Urkunde, welche die Geschichte des Vereins von der Grundlegung an und dessen Werdegang bis zum heutigen Tag umfaßte. Weiter wurden noch eingelegt verschiedene Ansichtskarten von unserer Stadt und dem Vereinsgrundstück, eine alte Chronik von Hohenstein-Er., das Adreßbuch von Hohenstein-Er., einige Zeitungen, darunter auch das „Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt“ (Amtsblatt), Bundesschriften und sonstiges auf unsere Stadt Bezügliches. Nachdem die Kapsel mit den Gegenständen in den Grundstein gebracht war, schloß Herr Schellenberger seine Rede unter den drei üblichen Hammerschlägen mit dem Wunsche, daß der Zierbrunnen jederzeit dem Verein ein Ansporn zu weiteren edlen Streben sein und die gegenwärtige Generation das Oeffnen der einverleibten Gegenstände nicht erleben möge. Mit einem „das walte Gott“ schloß er seine Ausführungen. H. Buchh. Reinhold als 2. Vorsteher nahm ebenfalls Veranlassung, drei Hammerschläge auf den Grundstein zu vollziehen und begleitete sie mit folgenden Worten: 1. „Rein und klar wie die Quelle hier fließen wird, soll stets die Lehre von der Naturheilmethode in unserem Verein gepflegt und verändert werden“, 2. „Soll der Brunnen ein Wahrzeichen sein von treuer Anhänglichkeit, eine Pflegestätte edler Menschenliebe und Freundschaft seiner Mitglieder untereinander“ und 3. „Soll der Brunnen der Nachwelt verkünden, daß sich hier vor vielen, vielen Jahren fleißige Hände geregt haben, um seinen Mitgliedern ein Plätzchen zu schaffen, wo sie von des Tages Last und Mühen ausruhen können, und weiter soll der Brunnen allen Besuchern zurufen: „Kehrt zur Natur zurück. Hierauf nahm Herr Bildhauer Mende als Ausführender der Anlage die Verschleißung des Grundsteins vor. Nachdem noch das Reinhold´sche Doppelquartett das Lied „Lobe den Herrn“ vorgetragen hatte, schloß die ernste, einen Markstein in der Geschichte des Vereins bildende Feier. Der Brunnen soll am 3. Pfingstfeiertage eingeweiht werden. Der offiziellen Feier schloß sich in der Vereinshalle ein gemütliches Beisammensein und Versammlung an.

26. April 1910
Gestern feierte Herr Stadtrat Zeißig das 50jährige Bürgerjubiläum. Aus diesem Anlasse fand sich vormittags gegen 11 Uhr die vom Rate abgeordnete Deputation, bestehend aus den Herren Bürgermeister Dr. Patz und Stadtrat Anger, in der Wohnung des Herrn Jubilars ein. Sie überreichte ein gerahmtes Diplom, durch das die Stadtverwaltung die herzlichsten Glückwünsche zum Bürgerjubiläum darbringt. In der Ehrenurkunde ist auch mit Dankbarkeit der großen Verdienste gedacht, die sich der Herr Jubilar um die Stadt Hohenstein bez. Hohenstein-Ernstthal erworben hat und die städtischerseits durch Erteilung des Ehrenbürgerrechts sowie Benennung einer Straße und Errichtung einer Stiftung zum Andenken an Herrn Stadtrat Zeißig, von Seiten des Landesherren aber durch Verleihung des Stadtratitels und der Ritterkreuze II. Klasse vom Albrechts- sowie Verdienstorden Anerkennung gefunden haben. Das künstlerisch ausgeführte Diplom ist eine Arbeit des Herrn Musterzeichners Baumgärtel.

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