April 1915

7. April 1915
Der allbekannte Lohnkellner Herr Karl Keller war am 1. Feiertag fünfundzwanzig Jahre als Aushilfskellner auf dem hiesigen Bahnhofe tätig. Aus diesem Anlasse ließ ihm der Verband der sächsischen Bahnhofswirt durch den Bahnhofswirt Herrn Kühn eine Ehrenurkunde überreichen, an die sich eine schlichte Feier schloß. Der Ausgezeichnete nahm die ihn sichtlich überraschende Ehrung mit herzlichen Dank entgegen.

15. April 1915
Von der Neustädter Schule wird uns geschrieben: Heute waren es 25 Jahre daß Herr Walter Kläß als Lehrer an der Neustädter Schule tätig ist. Sofort nach beendeter Studienzeit am Seminar zu Waldenburg fand Herr Kläß hier zunächst als Hiöfslherer Anstellung, und wurde ihm später das Amt eines ständigen Lehrers übertragen. In dieser langen Zeit hat Herr Kläß sein Amt jederzeit mit Treue und anerkennungswerten Erfolgen verwaltet. Durch seine Liebe zu den ihm anvertauten Kindern hat sich Herr Kläß die allgemeine Achtung und Wertschätzung erworben. Dem Jubilar wurde heute in dankbarer Anerkennung der geleisteten Dienste und der bewiesenen Treue vom Herrn Stadtrat Anger als Vertreter des beurlaubten Herrn Bürgermeisters in Gegenwart des Herrn Schuldirektors Patzig und des gesamten Lehrerkollegiums Glückwünsche unter Ueberreichung einer Ehrenurkunde dargebracht. Darauf gedachte Herr Schuldirektor Patzig der treuen und peinlichen Pflichterfüllung des Jubilars, der frohen und schweren Tage aus seinem Leben, des freundlichen Umganges mit seinen Schülern und Mitarbeitern. Er wünschte ihm Kraft und Gesundheit, daß er noch lange seines Amtes walten könne zum Wohle der Schule, seiner werten Angehörigen und zu seinem eigenen Wohle. Vor allem möge ihm die Begeisterung für sein Amt ein steter Jungbrunnen bleiben. Als Zeichen der Liebe und Verehrung überwies er ihm im Namen des Kollegiums ein Geschenk. Der Jubilar dankte allen für die freundliche und herzlichen Wünsche und stiftete zum gedenken an seinen Ehrentag eine Geldsumme für arme Kinder. Dafür sprach ihm Herr Dir. Patzig den innigen Dank aus.

18. April 1915
Ein Alter von 200 Jahren weist eine große Buche auf, die mitsamt ihren etwas jüngeren Schwestern den Schmuck des Badwaldes bildete, der jetzt dem Holzfäller zum Opfer gefallen ist. Wohl muß man zugeben, daß der Wald ein Wirtschaftsobjekt ist, daß Soll und Haben sich also mindestens die Wage halten müssen, doch sind bei seiner Pflege auch noch andere Gesichtspunkte maßgebend gewesen, die neuerdings in den Worten „Heimatschutz“, „Naturschutz“, „Naturdenkmäler“ ihren Ausdruck finden. Wie schön wäre es gewesen, wenn die Waldwirtschaftspolitik die Möglichkeit offen gelassen hätte, Zeugen der Vergangenheit, Beweise umwandelbarer Naturkraft, Ziele für schönheitssuchende Naturfreunde zu erhalten und so einer weiteren Verarmung unserer Landschaft vorzubeugen.

21. April 1915
Wie bereits im Inseratenteil unseres „Tageblattes“ zu ersehen war, wurde am Sonnabend nachmittag das Passage-Kaufhaus dem Verkehr übergeben. Bereits mittags 2 Uhr strömte eine Menge Frauen mit ihren Kindern dem Geschäfte zu, denn wie wir hörten, wurden nachmittags eine große Anzahl Kinder, deren Väter im Felde stehen, von der Firma auf eigene Kosten neu bekleidet. Man beobachtete die Kinder, wie glückstrahlend sie das Kaufhaus verließen. Der Inhaber des neuen Unternehmens schuf damit ein hoch anzuerkennendes gutes Werk, welches sicher gutes Werk, welches sicher gute Früchte tragen wird. Unser Stadtrat hat auf Ersuchen der Firma die bedürftigen Familien vorgeschlagen. Gegen Abend waren trotz des schlechten Wetters die Straßen in der Nähe und der Teichplatz von einer großen Menschenmenge besucht, alle wollten die Eröffnung des neuen Kaufhauses sehen. – Das Geschäftshaus macht schon von außen einen wirklich großstädtischen Eindruck, dann aber auch ist die Inneneinrichtung sowie die Dekoration wirklich pompös. Die Firma, welcher es sich zum Grundsatz gemacht hat, nur beste Waren zum Verkauf zu bringen, wird auch in unserer Stadt unterstützt durch die dichtbevölkerte Umgebung, großen Absatz finden und trotz der gegenwärtig nicht so guten Lage unserer Industrie auf ihre Kosten kommen. Das wünschen wir von Herzen.

27. April 1915
Ein bedauerlicher Unglücksfall trug sich heute mittag an der Aue zu. In der Nähe der Scheibnerschen Färberei fiel das 4 Jahre alte Enkelkind des dort wohnenden Hausbesitzers Wilhelm Reuthner in einem zur Färberei gehörigen Bassin und ertrank darin. Hinzugeholte Feuerwehrleute brachten den leblosen Körper aus dem Wasser. Als die Mutter des Kindes das Unglück erfuhr, wurde sie ohnmächtig. Das Unglück ist umso tragischer, da der ater des ertrunkenen Mädchens seit Beginn des Krieges im Felde steht.

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